Immer wieder sonntags

Am 17. März laden Aachens Innenstadtgemeinden zum 1000. Sonntagsfrühstück für Menschen in Not ein

Jeden Sonntag ist ein anderes Ehrenamtlichen-Team Gastgeber. Stets freundlich, mit einladendem Angebot und Wertschätzung. (c) Andrea Thomas
Jeden Sonntag ist ein anderes Ehrenamtlichen-Team Gastgeber. Stets freundlich, mit einladendem Angebot und Wertschätzung.
Datum:
12. März 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 11/2019 | Andrea Thomas
Schon an der Tür gibt es ein freundliches „Guten Morgen“. Drinnen sind die Tische einladend gedeckt, und man unterhält sich. An der Ausgabe fragt das Ehrenamtlichen-Team mit einem Lächeln, ob man lieber Käse, Wurst oder Marmelade möchte.
Die meisten Gäste kennen sich, schätzen das Frühstück und Gespräch in netter Atmosphäre. (c) Andrea Thomas
Die meisten Gäste kennen sich, schätzen das Frühstück und Gespräch in netter Atmosphäre.

Wer keinen Kaffee mag, bekommt Tee. Und Rohkost und Obst sorgen für ein paar Extra- Vitamine. In der Küche wird derweil abgewaschen und für Nachschub gesorgt. So ähnlich sieht es jeden Sonntag in einer anderen Aachener Innenstadt-Gemeinde beim ökumenischen Sonntagsfrühstück für Menschen in Not und Obdachlose aus. Zwischen 9 und 11 Uhr haben sie hier die Möglichkeit, für 50 Cent ein Frühstück zu erhalten und mit anderen in ähnlicher Lebenssituation ins Gespräch zu kommen.

Ende 1997 war mit der ökumenischen Cityseelsorge in Aachen ein neues pastorales Arbeitsfeld entstanden. Von einem Besuch in Nürnberg brachte Patrick Wirges, der als Pastoralreferent in diesem Bereich tätig war, die Idee eines Frühstücks für Obdachlose mit. Parallel stellte die damalige Leiterin der Franziska-Schervier-Stube, Sr. Maria-Ursula Schneider, fest, dass sie mit ihrem Angebot zwar die Werk-, nicht jedoch die Sonntage abdecken konnte. Beim folgenden Regionaltag hoben die beiden mit anderen die Idee eines Aachener Obdachlosenfrühstücks auf Gemeindeebene aus der Taufe. Nach erfolgreichem Testlauf im Mai 1998 wurde daraus schnell ein Selbstläufer, sodass die beteiligten Gemeinden am kommenden Sonntag das inzwischen 1000. Frühstück anbieten. Die Besucherzahlen seien seit den Anfängen stetig gewachsen, berichtet Gemeindereferent Klaus Szudra von der Cityseelsorge, der das Angebot seit 2009 koordiniert. „Zu Beginn kamen pro Sonntag 25 bis 40 Menschen, heute sind es in Spitzenzeiten um die 100. Am Monats-ende mehr als zum Monatsanfang.“ Was ihm Sorge bereite: Es seien immer mehr jüngere Menschen unter den Gästen und nicht nur Menschen ohne Wohnung, sondern auch viele in sozialer Not oder einsame Menschen. Zum Erfolg des Angebotes tragen maßgeblich die Ehrenamtlichen bei, die sich Sonntag für Sonntag mit viel Herzblut einbringen. Aus den fünf Gemeinden, mit denen alles angefangen hat, ist inzwischen eine Gruppe aus zehn Innenstadt-Gemeinden plus der Aachener Bahnhofsmission geworden. Das Problem sei nicht unbedingt, Ehrenamtliche zu finden, sondern eher, dass die Teams zum Teil in die Jahre kommen, berichtet Klaus Szudra. „Da findet gerade ein Generationswechsel statt. Viele sind von Anfang an dabei, und es haben sich feste Gruppen gebildet, was die Nachwuchssuche mitunter etwas schwierig macht.“

 

Hohe Unterstützungsbereitschaft

Jedes Team ist etwa einmal im Quartal an der Reihe, was den Aufwand überschaubar macht. Schnittstelle ist die Schervier-Stube, wo die Teams Brot- und Brötchenspenden einer großen Aachener Bäckerei abholen können. Auch sonst wird das Angebot von den Aachener Geschäftsleuten gut unterstützt, ebenso von den Aachenern, die es über Spenden in den Gottesdiensten der Gemeinden oder auch sonst mittragen. „Die Aachener sind da echt toll!“, lobt Koordinator Klaus Szudra. Wie die jeweiligen Teams ihr Frühstück gestalten, liegt bei ihnen und den vorhandenen personellen und räumlichen Möglichkeiten. Wo die Raumkapazität es nicht hergibt, wie zum Beispiel im Gemeindezentrum St. Marien in der Nähe des Aachener Hauptbahnhofs, wo nur 40 Leute Platz finden, da geht es in Schichten und manchmal auch mit Warteschlange. Gemeinsam ist allen Teams, dass sie sich bemühen, eine einladende Atmosphäre zu schaffen, in der ihre Gäste Wertschätzung erfahren. Natürlich hätten sie anfangs Berührungsängste gehabt und seien etwas unsicher gewesen, wen sie sich da ins Haus holten, erzählt Renate Biehl, von Anfang an mit im Team von St. Marien. Doch das habe sich schnell gelegt. Bis auf wenige Ausnahmen seien ihre Gäste freundlich, nett und vor allem dankbar. „Man bekommt viel zurück. Die Leute bedanken sich und wünschen uns noch einen schönen Sonntag“, erzählt sie. Das empfinden auch die anderen im Team so, egal ob hinter den Kulissen in der Küche aktiv oder hinter dem Frühstücksbuffet. Hier wird Hilfe konkret, geschieht auf Augenhöhe. Für viele Ehrenamtliche auch die Möglichkeit, Menschen wie ihre Gäste noch einmal anders wahrzunehmen. Viele von ihnen kommen jeden Sonntag. Neben dem „immer leckeren Frühstück, das sich nicht hinter einem Hotelfrühstück verstecken muss“, wie eine Besucherin lobt, zählen für sie insbesondere die Wertschätzung, die sie hier erfahren, und der soziale Aspekt. „Hier trifft man andere in ähnlicher Situation und tauscht sich aus“, berichtet ein Gast. Nicht alle seien wohnungslos, aber bei allen reiche es finanziell kaum zum Leben. „Es gibt immer mehr Bedürftige, das stellen auch die Tafeln fest und die Besucher des Sonntagsfrühstücks sind nicht nur aus Aachen, sondern auch aus dem Umland“, schildert Klaus Szudra. Das 1000. Frühstück wird daher wohl noch lange nicht das letzte sein.