Im Zeichen der Ökumene

Die Heiligtumsfahrt Mönchengladbach hat sich zum Ziel gesetzt, Verbindungen zu schaffen und zu stärken

(c) Garnet Manecke
Datum:
30. Mai 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 22/2023 | Garnet Manecke

Die Heiligtumsfahrt 2023 in Mönchengladbach ist eröffnet. In seiner Predigt machte Münsterpropst Peter Blättler klar: An der Ökumene führt kein Weg vorbei. Das spiegelt sich auch in der Beteiligung der evangelischen Glaubensgeschwister wider. Aber auch in andere Wunden der Kirche legte Blättler den Finger.

Ob beim letzten Abendmahl wirklich ein Tischtuch auf der Tafel gelegen habe, sei nicht bekannt, sagt Münsterpropst Peter Blättler. „Es ist nicht in der Bibel bezeugt. Von einem Tischtuch steht da nichts.“ Da habe es sein Aachener Kollege Rolf-Peter Cremer einfacher. „Die Windel ist biblisch bezeugt“, sagt Blättler schmunzelnd. Ein kleiner Lacher, bevor er zu den ernsten Themen kommt. „Verwoben“ ist das Motto der Heiligtumsfahrt. Mit dem Stück Leintuch, dessen Alter auf rund 2000 Jahre datiert ist, „sind wir verbunden mit den jüdischen Menschen“, sagt Blättler. „Damals waren jüdische Menschen zusammen, die das Pessach-Mahl vorbereitet haben.“ Jesus habe gewusst, für wen er den Tisch deckte. Er habe deutlich gemacht, dass nur, wenn wir den Armen eine Chance geben, das Reich Gottes bei allen eine Chance habe. „Es geht nicht ohne die, die verletzt, missbraucht und benachteiligt sind“, sagt Blättler.

Er spricht die Probleme der Kirche offen an: den Umgang mit Missbrauchsopfern, die noch immer ausstehende Gleichberechtigung der Frauen in der katholischen Kirche, die Behandlung von Armen in Stadt und Gesellschaft. Ein Thema schwebt über allem: die Ökumene. Schon die Heiligtumsfahrt 2014 hatte einen eindeutig ökumenischen Charakter. In diesem Jahr aber gehen die Organisatoren einen entscheidenden Schritt weiter: Die evangelischen Geschwister sind nicht nur eingeladen, sie haben sich aktiv in die Vorbereitungen eingebracht. Auch einige Veranstaltungen der Heiligtumsfahrt werden bei ihnen stattfinden.

An der Seite von Münsterpropst Peter Blättler ging der evangelische Pfarrer Stephan Dedring. (c) Garnet Manecke
An der Seite von Münsterpropst Peter Blättler ging der evangelische Pfarrer Stephan Dedring.

Welchen Stellenwert die Ökumene in Mönchengladbach hat, zeigte sich schon beim Einzug: Seite an Seite gingen die katholischen Geistlichen mit den evangelischen Pfarrern in die Kirche. Dompropst Rolf-Peter Cremer saß während der Vesper eingerahmt von den evangelischen Pfarrern Till Hüttenberger und Stephan Dedring. Hüttenberger präsentierte das Tuch nach der Öffnung des Schreins zusammen mit Heifa-Geschäftsführerin Charlotte Lorenz den Gläubigen.

Auf dem Altar lag das Altartuch, das die evangelischen Gemeinden Mönchengladbachs den Katholiken zum Abschluss der Heiligtumsfahrt 2014 geschenkt hatten. Superintendent Dietrich Denker brachte zur Eröffnungsvesper das Lukasevangelium mit. Zum Jubiläum „500 Jahre Reformation“ hatten 80 katholische Christinnen und Christen die vier Evangelien per Hand auf Büttenpapier geschrieben und sie binden lassen – als Jubiläumsgeschenk.
Blättler beschränkt die Ökumene nicht nur auf das Verhältnis zu den evangelischen Glaubensgeschwistern. „Ökumene bedeutet, dass wir uns als Christen gemeinsam öffnen, den jüdisch-christlichen Dialog suchen, ins Gespräch kommen mit denen, die die Nase voll haben von den beiden großen Kirchen, die mit uns nicht mehr viel anfangen können“, sagt der Münsterpropst. „Die Heiligtumsfahrt ist das, was auch die Ökumene sein soll: eine Schule der Aufmerksamkeit. Christsein kann nicht jeder für sich. Das geht nur verwoben miteinander.“

Ökumene bedeute die ganze Erde, den ganzen Weltkreis. Da gehörten andere Religionsgemeinschaften dazu. „Wir leben in einer bunten Stadt“, sagt Blättler. „Man kann nicht anders von Gott sprechen, wenn man nicht alle in den Blick nimmt. Der Geist Gottes will uns nach vorne bringen.“

Die Eröffnung der Heiligtumsfahrt Mönchengladbach

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