Imposant erhebt sich die Kuppel, ragt weit über die Dächer der sie umgebenden Häuser und Bauten hinaus. Ihr höchster Punkt, die Laterne, ist in schwindelerregenden 63 Metern Höhe. So manch einer mag sich da bereits verwundert die Augen reiben und sich fragen: Bin ich etwa in Rom? Denn diese Kuppel samt sämtlicher Details sieht aus wie jene der wohl bedeutendsten Kirche des Christentums: des Petersdoms.
Doch in Rom befinden wir uns nicht, dafür in den Niederlanden. Im kleinen Örtchen Oudenbosch in Nordbrabant steht eine maßstabsgetreue Kopie der Peterskirche. Die Basilika St. Agatha und Barbara, im Niederländischen Basiliek van de Heiligen Agatha en Barbara, ist dabei wahrlich imposant. Mit einer Länge von 81 Metern und einer Breite von 55 Metern nimmt sie die Proportionen des mächtigen Originals auf. Sie ist auf der anderen Seite trotzdem ein Petersdom im Handtaschenformat: vierfach kleiner als der Sitz des Bischofs von Rom, Papst Franziskus’ I.
Die Geschichte der Basilika beginnt bereits im Jahr 1843. Ein junger Priester namens Willem Hellemons wird Pfarrer in dem beschaulichen Örtchen. Zu dieser Zeit ist Hellemons gerade einmal 32 Jahre alt und kommt frisch aus dem Studium in Rom. Die Ewige Stadt mit ihren imposanten Kirchen lässt ihn nicht los. Schnell reift in ihm der Gedanke, dass die bestehende Agatha-Kirche zu klein ist für die zur damaligen Zeit rasant wachsende Zahl an Katholiken in der Gemeinde. Mit dem Entwurf für ein neues Gotteshaus beauftragt Willem Hellemons den bedeutenden Architekten Pierre Cuypers. Von ihm stammen auch das Rijksmuseum sowie der Hauptbahnhof (Centraal Station) in Amsterdam. Der erste Spatenstich erfolgt 1865. Das Kirchenschiff ist 1880 fertig. Die Fassade nach dem Vorbild der Lateranbasilika in Rom wird bis 1892 von Gerardus Jacobus van Swaay vervollständigt. In diesem Jahr wird die Kirche auch offiziell eingeweiht.
Wer die Basilika St. Agatha und Barbara über das Hauptportal betritt, erlebt im Inneren einen Kirchenraum, der in zahlreichen Details an den Petersdom erinnert: Unter der großen Kuppel bildet eine Kopie von Gian Lorenzo Berninis weltberühmtem Baldachin den Mittelpunkt der Kirche. Michelangelos Pietà, ein Meisterwerk seiner Jugendzeit, das er 1499 mit knapp 24 Jahren schuf – ja, auch davon gibt es dort eine Kopie. In einigen Malereien verbergen sich dann sogar Motive aus der Sixtinischen Kapelle.
Es lebe das Plagiat, möge so manch einer sagen. Doch jeder Stein, jedes Bild und jede Säule ist eine Hommage an das große römische Vorbild. Wer noch nie in Rom war, kann sich in der niederländischen Provinz verzaubern lassen und das großartige Gefühl erahnen, wie es wohl ist, im echten Petersdom zu stehen. Wer den Petersdom kennt und ihn immer
wieder aufs Neue mit Staunen und Ehrfurcht betritt, wird diesen Zauber auch in Oudenbosch erleben – vielleicht ein bisschen kleiner, aber nicht viel weniger imposant.
Die Basilika St. Agatha und Barbara wird auch heute noch als Gotteshaus genutzt. Sie kann kostenlos während der Öffnungszeiten besucht werden. Wer möchte, kann eine Führung buchen: immer samstags um 14 Uhr. Solche privaten Führungen müssen vorab reserviert werden. Wer das Gebäude auf eigene Faust erkunden möchte, kann sich dabei durch eine Audiotour in verschiedenen Sprachen begleiten lassen. In der Krypta befindet sich ein Museumsshop. Der Aufstieg über 144 Stufen zur Kuppel kostet nur 50 Cent.
Von Aachen aus ist Oudenbosch knapp 197 Kilometer entfernt und liegt in der Nähe von Breda. Entweder plant man eine Tagestour oder einen Abstecher auf der Hin- oder Rückfahrt an die niederländische Küste nach Zeeland. Oudenbosch hat einen Bahnhof, ist also auch mit dem Zug zu erreichen.
Alle Informationen und Buchung der Audiotour oder Führung:
https://www.basiliekoudenbosch.com/de