Die Situation vieler Familien im Jahr zwei der Pandemie ist desolat. Wie sich die
Kinder mit der verordneten Distanz fühlen, rückt erst allmählich in den Blick. Im Auf und Ab des schulischen Alltags bleiben ihre Bedürfnisse nach sozialen Kontakten, nach Abwechslung, nach Anregung auf der Strecke. Und längst nicht alle haben gute Bedingungen zu Hause, um zu lernen. Das alles betrifft nicht nur diejenigen, die auf weiterführende Schulen gehen, sondern auch die Grundschüler. Ein religionsunterrichtliches Projekt aus dem Bistum Aachen versucht, ihre Resilienz zu stärken.
Es gibt Sätze, die hat man vor der Coronazeit nie gehört. „Machen wir heute wieder Religion?“ ist so einer. Grundschullehrerin Isabelle Rößner überraschte diese Frage aus ihrer Klasse, aber konnte sich darauf rasch einen Reim machen. Viele Mädchen und Jungen haben in den letzten Monaten Schule nur noch als einen Ort erlebt, wo es um Hauptfächer wie Mathe und Deutsch geht. Dabei hungern sie regelrecht danach, sich über ihre aktuelle Situation auszutauschen, die Isolation, die Ängste, die Konflikte zu besprechen, die sie im Homeschooling erleben. Das ist zwar kein Lernstoff, aber Schule ist ja auch mehr als eine reine Wissensfabrik.
Isabelle Rößner erlebt ihre Schülerinnen und Schüler in letzter Zeit in gedämpfter Stimmung. „Manche Kinder lachen nicht mehr“, hat sie festgestellt. Es war daher für sie sehr hilfreich, auf einen Bausatz von Materialien und Anregungen für den Religionsunterricht zurückgreifen zu können, den Katechetisches Institut (KI) und Abteilung Erziehung und Schule des Bistums Aachen ins Internet gestellt haben. KI-Leiter Alexander Schüller ist froh über diese Rückmeldung aus Eschweiler, denn genau das war das Ziel: Die Kolleginnen und Kollegen an den Schulen zu entlasten, die mit Hygienevorschriften, Distanz- und Wechselunterricht über den Pegel hinaus beansprucht sind.
„Die Vorschläge haben die Kinder genau da abgeholt, wo sie sich gerade befinden“, resümiert Isabelle Rößner. Und zugleich halfen die Anregungen, im Religionsunterricht den Blick zu weiten, mit Blick auf das österliche Geschehen. Hoffnungszeichen sind etwas, was nicht nur die Erwachsenen benötigen, sondern Kinder und Jugendliche ebenso, bekräftigt der Gymnasiallehrer Florian Strecker, ebenfalls in Eschweiler tätig, aus seiner Erfahrung. Der Religionsunterricht bietet für eine solche Öffnung des Horizonts eine willkommene Plattform, übrigens unabhängig von Religionszugehörigkeit und Gläubigkeit. Thema ist das Leben.
Strahlende Gesichter bei den Macherinnen und Machern des digitalen Angebots, neben Alexander Schüller und Florian Strecker sind dabei Carolin Mehl, Anne Scheffen und Walter Peukert an Bord. Sie hatten sich überlegt, wie sie die Religionslehrerinnen und -lehrer im Bistum bestmöglich unterstützen können. Bedienungsfreundlich sollte die Lösung sein und in jedem Fall funktionieren, sowohl im Präsenzunterricht als auch im Fernunterricht – oder auch in der Mischform. Bis auf Weiteres werden die Schulen noch in solchen Szenarien denken und ihren Unterricht konzipieren müssen.
Das digitale Schwarze Brett mit Unterrichtsanregungen, Bibeltexten, Literaturhinweisen und vielem mehr, erreichbar über die Internetseite des Katechetischen Instituts, ist echtes Teamwork. So steuerte zum Beispiel Walter Peukert, Referent für Schulpastoral in der Abteilung Erziehung und Schule, den Blick auf die Situation der Kinder bei, Schulrätin Carolin Mehl ihre Expertise aus der religionspädagogischen Arbeit mit und an den Grundschulen und Medienstellen-Mitarbeiterin Anne Scheffen virtuelle Thementische.
Dieses Engagement begeistert KI-Leiter Alexander Schüller sehr. Und er sieht in dem gemeinsam gestalteten Projekt ein gutes Beispiel dafür, dass aus der Krise manches Zukunftsweisende entstehen kann. Diese unter dem Strich lähmende und belastende Zeit fordere alle Beteiligten, Neues auszuprobieren. Manches davon bestehe im schulischen Alltag, unterstütze Religionslehrerinnen und -lehrer in ihrer Arbeit, spreche Kinder und Jugendliche altersgerecht an. Fortlaufend miteinander und voneinander zu lernen, ist die Einladung, die Alexander Schüller ausspricht.
Warum nicht soll manches diese Corona-Zeit überstehen, was jetzt ausprobiert wird? Viele Lehrkräfte zögen sich zur Vorbereitung etwas aus dem Internet. Besser, wenn sie eine ausgewiesen seriöse Quelle wie das digitale Schwarze Brett des Katechetischen Instituts nutzen können. Auch andere digitale Hilfsmittel und Organisationsformen könnten in die Phase hinübergerettet werden, in der nicht mehr der Infektionsschutz die Bedingungen diktiert. Warum zum Beispiel soll man nicht weiter Online-Sprechstunden anbieten?
Die guten Erfahrungen aus dem aktuellen Projekt der Hinführung zu Ostern möchten Alexander Schüller und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter in die Zukunft überführen. Solche Hilfestellungen sind ihrerseits ein Hoffnungszeichen für die schulische Landschaft. Religionsunterricht kann Wesentliches beitragen.