Hoffnungsschimmer geben

Der SKM Stolberg besteht seit 101 Jahren und steht aktuell vor besonders hohen Herausforderungen

In vielen Feldern aktiv: der SKM Stolberg – und das bereits seit 1921. (c) Andrea Thomas
In vielen Feldern aktiv: der SKM Stolberg – und das bereits seit 1921.
Datum:
6. Dez. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 49/2022 | Andrea Thomas

Die Zeiten sind schwierig, die Aussichten trüb und schnelle Lösungen sind angesichts verfestigter struktureller und gesellschaftlicher Probleme oft nicht möglich. Wer wie der Sozialdienst katholischer Männer (SKM) in Stolberg soziale Arbeit leistet, kämpft oft gegen Windmühlen. Ein Grund, es nicht zu tun, ist das für das Team des seit 1921 bestehenden Vereins nicht.

Der Krieg in der Ukraine mit seinen wirtschaftlichen Folgen, die den Menschen an Haushaltsbudget und Erspartes gehen, dazu die noch immer nachwirkende Coronapandemie und in Stolberg zusätzlich die Folgen der Flut vom Sommer 2021, die viele in der Stadt ihrer Existenz beraubt hat. Nicht zu vergessen all die Probleme, die Menschen mit geringem Einkommen oder in schwierigen Lebenslagen auch ohne all das haben, was diese nun noch verstärkt. „Wir haben momentan eine Zeit, die die Gesellschaft dramatisch durcheinanderrüttelt“, sagt Geschäftsführer Manfred Lang. Da kämen große Herausforderungen auf uns als Gesellschaft und in besonderer Form auf sie als sozialer Verein zu. Die Nachfrage nach Beratung steige an.

Verortet im Stadtteil Münsterbusch, bringt der SKM sich mit 14 Mitarbeitern und 36 ehrenamtlichen Mitgliedern im Quartier ein, leistet aber auch Hilfe und bietet Unterstützung für Menschen in ganz Stolberg bis hinein in die Städteregion Aachen. Und das in vielfältiger Weise. „Wir sind ein Gemischtwarenladen“, scherzt Manfred Lang.

In der Stadt Stolberg bietet der Verein Allgemeine Sozialberatung an, hat ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Bürger in allen Lebenslagen. Er kümmert sich um Kinder und Jugendliche, ist unter anderem Mitbegründer der Initiative „Breakfast4kids“, die dafür sorgt, dass 1000 geschmierte Brötchen in 31 Kindertagesstätten und Schulen in der Städteregion an Kinder verteilt werden, die kein Pausenbrot von zu Hause mitbekommen. Ein weiteres Arbeitsfeld ist die Sozialberatung und Betreuung von Menschen in den städtischen Wohnheimen. Seit vergangenem Jahr engagiert sich der SKM zudem im Fluthilfebüro für Stolberger, die von diesem Naturereignis schwer getroffen wurden. 

Menschen haben Zukunftsängste

Die Zeiten sind herausfordernd, doch Andreas  Dittrich, Manfred Lang und Wolfgang Wahlen (v.l.) ist es wichtig,  Anlaufstelle für Menschen in Not zu sein. (c) Andrea Thomas
Die Zeiten sind herausfordernd, doch Andreas Dittrich, Manfred Lang und Wolfgang Wahlen (v.l.) ist es wichtig, Anlaufstelle für Menschen in Not zu sein.

Seit einem Jahr bietet der Verein auch Online-Beratung an. Ein Alleinstellungsmerkmal, wie Manfred Lang betont. Sehr zeitintensiv, weil man jeden Text mehrfach lesen müsse und sich Zeit nehmen müsse für eine schriftliche Antwort, aber ein Angebot, das bereits gut angenommen wird. Großer Schwerpunkt der Tätigkeit des SKM ist die Schuldner- und Insolvenzberatung. Die wird immer stärker nachgefragt, erklärt Schuldnerberater Andreas Dittrich. Er gehört zu den Mitarbeitern des Vereins, die geübt sind im Kampf mit den Windmühlen der Bürokratie und der gesellschaftlichen Strukturen. „Ich mache seit 40 Jahren Sozialarbeit und wir drehen uns im Kreis. Wir lösen keine Probleme und schaffen es nicht, andere Bedingungen zu schaffen.“ Manfred Lang nennt als Beispiel Menschen, die im sogenannten Niedriglohnsektor tätig sind. „Da gibt es immer wieder Fälle, die durchs Netz fallen, weil sie erwerbstätig sind.“ Sie bekämen zwar als Aufstocker Sozialleistungen, doch stünden ihnen bestimmte Unterstützungsleistungen wie der Anspruch auf Schuldnerberatung nicht zu.

Gerade für Menschen, die vorher schon kaum über die Runden gekommen sind, wird die Situation immer bedrohlicher. „Die Menschen, die zu uns kommen, haben massive Zukunftsängste“, sagt Andreas Dittrich. „Im Frühjahr wird es schwierig werden“, befürchtet Manfred Lang. Dann, wenn die tatsächlichen Energiekosten des Winters abgerechnet werden und wenn Menschen alles, was sie vielleicht noch an Rücklagen hatten, aufgezehrt haben.

Ein Problem war und ist, nicht erst seit der Flut, die viele Einwohner obdachlos gemacht hat, die Wohnungssituation in Stolberg. Bezahlbarer Wohnraum ist hier wie vielerorts Mangelware. Hohe Miet- und Nebenkosten plus aktuell rasant steigende Energiekosten treiben Menschen in den finanziellen Ruin und in die drohende Obdachlosigkeit. „Die meisten kommen erst dann in die Beratung, wenn es zu spät ist, die Wohnung gekündigt und der Strom gesperrt ist“, sagt Andreas Dittrich. Da werde es für sie sehr schwierig. „Da bräuchte es sowas wie eine Überbrückungsfinanzierung.“

Ein wenig Hoffnung macht beiden das Bürgergeld, „weil es auf Wissensvermittlung und Bildung setzt“. Die Betroffenen bekämen damit eine Chance, ihre Situation selbst zu verbessern, eine Ausbildung zu machen oder sich fortzubilden, erklärt Manfred Lang. Und die Einzelfallhilfe, ergänzt Wolfgang Wahlen, der Vorsitzende des SKM Stolberg. „Die große Politiklage können wir nicht ändern, aber einen Hoffnungsschimmer geben, da, wo wir Hilfestellung anbieten können.“ Menschen einen Ort zu geben, wo sie hinkönnen, wenn sie nicht mehr weiterwissen, das ist seit gut 100 Jahren die Aufgabe, der sich der Verein verschrieben hat und der er treu bleiben will, auch in schweren Zeiten.

Informationen: www.skm-stolberg.de