Hier ist die Politik gefordert

Die Caritas lädt zur Sommertour ein: Politikerinnen und Politiker bekommen Einblick in die Pflege-Realität

Alten Menschen auch im hohen Alter Lebensqualität zu schenken, ist ein Anliegen der Dienste und Einrichtungen. (c) www.pixabay.com
Alten Menschen auch im hohen Alter Lebensqualität zu schenken, ist ein Anliegen der Dienste und Einrichtungen.
Datum:
31. Aug. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 35/2021 | Garnet Manecke

Die Caritasverbände im Bistum Aachen laden Politikerinnen und Politiker zur Sommertour ein. Ziel der Radtouren und Spaziergänge ist es, den politisch Handelnden zu zeigen, wie sich ihre Entscheidungen auf das Leben und Arbeiten in den Pflegeheimen, Werkstätten und Beratungsstellen auswirken. Mit dem Format soll der Kontakt in die Politik intensiviert werden.

So ein Wahlkampf birgt für die Kandidatinnen und Kandidaten mitunter auch die Notwendigkeit des vollen körperlichen Einsatzes. Auf Einladung des Caritasverbands Heinsberg traten sie kräftig in die Pedale und fuhren so umweltfreundlich und sportlich an die Orte, die die wesentlichen Anliegen der Heinsberger Caritas verkörpern. Ein Kernthema ist die Pflege, die in der christlichen Tradition als eines der sieben Werke der Barmherzigkeit gilt. Ein anderer Schwerpunkt liegt auf der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen.

„Dieses Format ist für uns neu, aber wir werden das sicher in Zukunft fortsetzen“, sagt Gottfried Küppers, Vorstand der Caritas Heinsberg. Mehrmals im Jahr soll so ein Termin mit den Vertretern der politischen Parteien stattfinden, wenn auch nicht jedes Mal als Radtour. Wichtig sei der damit verbundene intensive Austausch. „In diesem Format kommt man anders in den Austausch“, sagt Küppers. Denn während des Radfahrens seien auch zwischen den Stationen interessante Gespräche entstanden.

Sechs zentrale Forderungen hat die Caritas dabei gestellt: In der Pflege stehen die Fragen rund um die Gewinnung von Personal und Auszubildenden für die stationäre wie für die ambulante Pflege, die Altenhilfe und die damit verbundene notwendige Finanzierung, die Digitalisierung und vereinheitlichte Dokumentation für die verschiedenen Leistungsträger im Mittelpunkt. Um die finanzielle Seite geht es auch bei der Ausbildung von Pflegeassistenzen, bei der Regelfinanzierung von Präventionsangeboten für alte Menschen, die möglichst lang eigenständig leben möchten, sowie in Sachen Entlastung der Pflegebedürftigen bei den Kosten ihrer Pflege.

Bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen geht es der Caritas vor allem um ein selbstbestimmtes Leben für die Betroffenen. Darüber hinaus fordert die Caritas die Möglichkeit des beruflichen Einsatzes psychiatrieerfahrener Menschen in der Beratung, Betreuung und Behandlung von psychisch Erkrankten.
Auch wenn der Austausch mit den Politikern im Vorfeld der Bundestagswahlen stattfindet: Es handele sich nicht um eine Wahlkampfveranstaltung, betont Marion Peters, Vorstand und Abteilungsleiterin des Caritas-Fachbereichs „Gesundheit und Pflege“. „Wenn man theoretisch etwas beschließt, dann bedeutet es ja nicht, dass es in der Praxis auch so umsetzbar ist“, sagt sie im Hinblick auf die politische Gesetzgebung der vergangenen Jahre. „Es ist gut, mal klar zu machen, was ein Gesetz dann für die Praxis heißt.“

Vor allem vor dem Hintergrund der Pandemie hätten sich die Stärken, aber auch die Schwächen des Systems deutlich gezeigt. „Wir werden mit einer neuen Normalität leben müssen“, sagt Küppers. In diesem Sinne steht auch die Sommertour unter dem Motto „Neue Normalität gestalten“.

 

Zeigen, was die Arbeit bei den Menschen bewirkt

Sportlich und sachlich ging es bei der Sommertour in Heinsberg zu. (c) Melanie Bodem
Sportlich und sachlich ging es bei der Sommertour in Heinsberg zu.

Politikerinnen und Politikern zeigen, was ihre Arbeit vor Ort bei den Menschen bewirkt und wie in Zukunft die Rahmenbedingungen gestaltet werden sollten, wollte auch der Caritasverband Aachen. Wie in Heinsberg sollten auch bei der Sommertour durch die Städteregion die Bedingungen in der Pflege sowie der Themenkomplex „Integration und Migration“ auf dem Plan stehen. Wegen der Flutkatastrophe ist die Sommertour in der Region abgesagt worden. „Das verschiebt derzeit die Prioritäten unseres Handelns“, teilt die Caritas mit. Gleiches gilt für die Region Eifel. In der Region Heinsberg hatte die Sommertour Premiere, in der Region Mönchengladbach ist sie schon eine viele Jahre gepflegte Tradition. Für September sind die politischen Entscheidungsträger eingeladen, sich einen Eindruck vor Ort zu verschaffen. In den Regionen Krefeld und Kempen/Viersen hat die Sommertour bereits stattgefunden.

Die Pflege ist ein zentraler Arbeitsschwerpunkt der Caritasverbände in allen acht Regionen im Bistum Aachen – sowohl stationär als auch ambulant. Neben den eigenen Angeboten gehören auch Pflegedienste und Einrichtungen anderer katholischer Träger zur verbandlichen Caritas im Bistum Aachen.

Insgesamt gibt es im Bistum 44 ambulante Pflegedienste in katholischer Trägerschaft. Neun Palliativpflegedienste und acht Hospizdienste, von denen drei stationär und fünf ambulant arbeiten, gehören ebenfalls zur verbandlichen Caritas. Darüber hinaus stehen 43 Tagespflegeeinrichtungen sowie 90 stationäre Altenhilfeeinrichtungen zur Verfügung. Insgesamt sind in diesen Diensten und Einrichtungen, die rund 36500 Menschen betreuen, rund 11800 Mitarbeitende beschäftigt. Rund 1980 Ehrenamtliche engagieren sich bei diesen Diensten und in den Einrichtungen auf unterschiedliche Weise.

Mit den Sommertouren, die jedes Jahr unter einem anderen Motto stehen, stellt die Caritas den kommunalen, sowie den landes- und bundespolitischen Vertreterinnen und Vertretern ihre Arbeit vor und kommt in den Dialog über wichtige politische Entscheidungen.
Vorbild für das Selbstverständnis der Caritas ist der barmherzige Samariter. Er tat das, was das Motto des Deutschen Caritasverbandes so ausdrückt: „Not sehen und handeln.“ Als Wohlfahrtsverband der katholischen kirche steht sein Leitwort im Zentrum der caritativen Arbeit der Dienst und Einrichtungen: Nächstenliebe zu praktizieren. 

 

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