Er ist einer der erfolgreichsten Musiker, Komponisten und Musikproduzenten Deutschlands. Er ist dekoriert mit den hochrangigsten Auszeichnungen des Musikbusiness, zum Beispiel mit über 50 Platin- und Goldenen Schallplatten. Dieter Falk hat mit den Größten der Großen zusammengearbeitet und ist dabei immer authentisch geblieben. Als Pianist und ehemaliges Chorkind liebt der bekennende Christ Johann Sebastian Bach, Gospel und die Arbeit mit Chören. Sein neuestes Musical „Bethlehem“ erzählt die Geschichte von der Menschwerdung Jesu zeitgemäß und mit viel Gospelgesang. Mit der KirchenZeitung sprach Dieter Falk über das Aufbrechen, Unterwegssein, das Begegnen und Nach-Hause-Kommen sowohl in „Bethlehem“ als auch in seinem bewegten Leben.
In Bethlehem beginnt die größte Geschichte aller Zeiten. Ist diese Geschichte nicht eigentlich zu groß, um sie in einem Musical zu erzählen?
Falk: Die Geschichte wird meist als Krippenspiel erzählt. Michael Kunze als Texter und ich wollten sie schon etwas anders anpacken – mit Popmusik. Unsere Chormusicals „Die zehn Gebote“ und „Luther“ wurden von vielen Chören ins Repertoire aufgenommen. Das wünschen wir uns hier natürlich auch. Das Thema hat eine so große Relevanz in der derzeitigen gesellschaftlichen und politischen Stimmung, dass wir diese Botschaft hier einfach setzen wollten.
Dem Showbusiness haftet etwas Oberflächliches an. Es geht heute um Ablenkung vom Alltag, von schweren Themen. Wie bekommt man eine solche Botschaft wie die der Menschwerdung Gottes in die Aufmerksamkeit?
Falk: Jedenfalls nicht mit der Brechstange. Michael Kunze ist eher jemand der leiseren, subtilen Töne. Jedoch hat er bereits in den 80er-Jahren für Udo Jürgens das „Ehrenwerte Haus“ geschrieben und sich auch im Genre Schlager sozialkritisch geäußert (unter anderem war er Texter von „Griechischer Wein“, ebenfalls für Udo Jürgens; Anm. d. Red.). So wollten wir in die Weihnachtsgeschichte auch die aktuelle Flüchtlingsthematik einbringen. Das Stück startet im Bethlehem der Jetztzeit, mit Soldaten und Stacheldrahtzäunen. Als wir das geschrieben haben, gab es noch keinen 7. Oktober 2023, umso aktueller ist die Thematik jetzt. Und es ist wichtig, die Menschen ins Grübeln zu bringen. Über unser Zusammenleben, über Solidarität und Verantwortung. Ich hoffe, dieser Anstoß gelingt mit diesem Musical.
Die Geschichte erzählt vom Aufbrechen, Unterwegssein, Begegnen und schließlich auch Nach-Hause-Kommen. Welcher Aspekt davon ist Ihnen besonders wichtig?
Falk: Aufbruch! Das ist ein Thema, das mich mein gesamtes Leben lang begleitet. Ich mag auch nicht stehenbleiben. Ich mag es nicht, festgefahren zu sein – weder im künstlerischen, noch im politischen Bereich. Ich möchte flexibel bleiben. Theologisch ist das wichtigste Thema für mich die Menschwerdung Gottes. Aber wie kann man das erklären? Als wir überlegt haben, wie wir die Geschichte angehen, kam uns der Song aus den 90ern in den Sinn „If God was one of us“ und damit die Fragen: Was wäre, wenn Gott ein Mensch wäre, wie wäre er dann? Ist er verletzlich, verärgert – wie ist er? Wie würden die anderen Menschen reagieren? Diese Fragen interessieren mich auch persönlich, und diese emotional-menschlichen Aspekte hat Michael Kunze hier meisterhaft in Song-Texten formuliert.
All diese Aspekte lassen sich auch auf das Leben eines erfolgreichen Musikers, Komponisten und Produzenten übertragen. Welcher davon hat Ihr Leben besonders geprägt?
Falk: Begegnungen und die Kommunikation mit Menschen sind für mich und meine Arbeit zentral. Als Plattenproduzent und Komponist lernst du ständig neue Menschen kennen. Das bereichert das eigene Leben. Es gab auch lustige und skurrile Momente, auch nachdenkliche. Richtig existentiell schlimme Begegnungen habe ich Gott sei Dank nicht gehabt. An die wirklich Guten kann ich mich heute noch erinnern.
Wie wichtig ist Ihnen Ihr Christsein? – In Ihrem Leben? – In Ihrer Musik?
Falk: Mein Christsein ist natürlicher Teil meines Lebens. Aber ich bin kein „Holzhammermissionar“, aber es ergibt sich oft von selbst, dass das Thema „Glauben“ angesprochen wird. Dass ich von Gospelmusik nicht nur beeinflusst, sondern infiziert bin, das merkt eh jeder. Und wenn man über diese Musik und den Werdegang von sehr erfolgreichen Sängerinnen und Sängern spricht wie Whitney Houston, Beyoncé, Justin Bieber – sie alle sind mal in der Gospelmusik gestartet. Und dann kommt man auch schon mal ins Gespräch, wie sieht es bei Dir und mit Deinem Glauben aus.
Sie nehmen Menschen mit, begeistern Sie für und mit Musik. Bei Bethlehem singt neben den hervorragenden Solisten ein Chor mit 3000 Sängerinnen und Sängern. Soundmäßig wäre das auch technisch darstellbar. Warum so ein Aufwand?
Falk: Ja, das könnte man technisch lösen. Aber viel wichtiger ist: Diese 3000 Menschen haben Lust, zu singen und gemeinsam eine Geschichte zu erzählen. Und ich möchte sie auch ab der ersten gemeinsamen Probe begeistern und fordere sie auch, mit „Power“ zu singen. Ich spüre, dass diese Menschen unheimlich Lust haben, gemeinsam in einem Chor zu singen. Chorsingen steckt einfach an, das ist das positivste Virus, das es gibt.
Unendlich viele Proben mit allen Chören – einzeln und zusammen – tausende Begegnungen. Welche Kraft entfaltet das?
Falk: Wenn da zum ersten Mal so ein Chor mit 3000 Menschen singt, da bekomme ich tatsächlich Gänsehaut. Wenn die Leute vielleicht in einem kleinen Chor vor kleinerem Publikum singen, kommen viele vielleicht gar nicht so aus sich heraus. Wenn die aber mit 3000 gemeinsam „schmettern“ und dann der Nachbar links und rechts vielleicht noch richtig „Gas gibt“, dann steckt das an und beflügelt wirklich zu Höchstleistungen. Es ist eine ganz eigene Dynamik, die da entsteht. Als wir 2009 mit der Stiftung Creative Kirche als Veranstalter mit „Die zehn Gebote“ gestartet sind, wussten wir noch nicht, wie das funktioniert. Aber wir sind stolz, so einen neuen Chor-Boom gestartet zu haben.
Tausende Menschen konnten „Bethlehem“ bereits in Düsseldorf erleben. Da gab es im Publikum viel Ergriffenheit, Tränen und Standing Ovations – etwa beim Bekenntnis des Josef zu Maria „Liebe stellt keine Fragen“. Was ist es, das hier so begeistert?
Falk: Hier ist es wohl die Mischung aus Botschaft und Melodie. Wenn so etwas passiert, ist das natürlich ein Glücksfall. Das kann man sich als Autor wünschen, aber nicht planen. Das ist auch der Vorteil eines Bühnen-Stückes gegenüber einem Song. Es ist der Versuch, all die Emotionen, die man selbst beim Schreiben und Komponieren spürt, auch auf das Publikum zu übertragen. Dafür gibt es handwerkliche Kniffe im Arrangement, aber keine Garantie.
Im Musical gibt es viele musikalische Ehrbezeugungen an klassische Kirchenlieder. Welche sind Ihnen besonders wichtig?
Falk: „Maria durch ein Dornwald ging“ mit neuem Text – hier projiziert Maria, was Jesus in seinem späteren Leben alles bevorsteht, verbunden mit der Zusage, dass sie immer für ihn da sein wird. „Joy to the World“ bringt die Freude in die Welt. „Adeste Fidelis“ ist unser zentraler Gospelsong im Stück, allerdings mit neuem deutschen Text. Es ist wichtig, dass wir nicht nur neue, sondern auch bekannte Songs im Stück haben. Diese Zitate, der Wiedererkennungseffekt, machen es dem Publikum leichter.
Man spürt Ihre große Liebe zum Gospel – nicht nur zum Gesang, auch zum Inhalt (Evangelium). Wie wichtig ist das Evangelium im Leben von Dieter Falk?
Falk: Das ist irgendwie immer verknüpft mit der Musik. Dass ich mich mit Musik ausdrücken kann, ist ein Geschenk. Frei nach meinem absoluten musikalischen „Hero“ Johann Sebastian Bach wollte ich das schon früh wieder dort einsetzen, wo es herkommt: „Soli Deo Gloria“ (Gott allein (sei) die Ehre) – also Gott zu ehren über die Musik.
Ist Gott zugegen, wenn 3000 Menschen ein Gospel anstimmen („Halleluja Gloria“)?
Falk: Ja klar! Schon aufgrund der Zusage: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Zudem erzählen wir eine religiöse Geschichte. Und ich würde annehmen, dass die Hälfte der Menschen, die in unseren Chören singen, sich als gläubig bezeichnen. Viele andere vielleicht nicht. Und die machen dennoch bei einem religiösen Stück mit – vielleicht weil sie Spaß an der Musik haben, oder aber suchend sind. Bei uns singen Menschen aus drei Generation, oft ganze Familien. Alle möglichen Berufe und gesellschaftliche Schichten kommen zusammen. Das ist das Tolle an einem Chor; er vereint Menschen in Zeiten, wo gesellschaftlicher Zusammenhalt seltener wird.
Sie haben im Musikbusiness so ziemlich alles erreicht. Was möchten Sie, das den Menschen in Erinnerung bleibt?
Falk: Es wäre schön, wenn ein paar meiner Melodien im Gedächtnis blieben. Ich habe in meinem neuen Studiengang „Neue geistliche Musik“ in Regensburg in den vergangenen vier Jahren mit den Studentinnen und Studenten gemeinsam „Neue Lieder für die Kirche“ geschrieben. Ich würde mir wünschen, dass unsere Lieder auch in den nächsten 20 Jahren in unseren Kirchen gesungen werden.
Im Sinne von „Nach-Hause-Kommen“: Sind Sie angekommen?
Falk: Ich bin jedenfalls glücklich, wie alles bislang so gekommen ist. Aber ich bin immer noch offen für Neues. Mich reizt es, wenn die Anfrage kommt für das BVB-Weihnachtssingen im Stadion in Dortmund mit 80.000 Leuten, aber genauso, wenn mich das Regenbogenland Kinderhospiz in Düsseldorf fragt, ob ich einen Song für sie schreibe. Also ja, ich bin angekommen und dankbar, dass ich mir solche tollen Sachen aussuchen kann, aber ich bin auch froh, dass es immer noch weitergeht.
Gospel oder Pop?
Falk: Gospel.
Kölsch oder Alt?
Falk: Kölsch – obwohl ich in Düsseldorf wohne.
Wenn man an einen Dom denkt: Köln oder Aachen?
Falk: Ich war auch schon im Aachener Dom, und der ist auch sehr schön. Aber ich habe in Köln studiert, daher Köln.
Gibt es einen Lieblingswitz?
Falk: Ich bin der mieseste Witzeerzähler vor dem Herrn!
Weihnachten: Gans oder Kartoffelsalat?
Falk: Kartoffelsalat – unbedingt!
Beatles oder Rolling Stones?
Falk: Beatles. Die hatten die besseren Kompositionen.
28.12.: Dortmund, Westfalenhalle, 19 Uhr
29.12.: Mannheim, SAP-Arena, 19 Uhr
Einige Termine sind für 2025 bereits geplant. Weitere sind in Vorbereitung. Dazu sind immer Sängerinnen und Sänger sowie Chöre zum Mitsingen eingeladen. Informationen unter: www.chormusicals.de/mitsingen/bethlehem