Helfen in Notlagen

Der SKM Eschweiler blickt auf 100+2 Jahre soziales Engagement

Der Vorsitzende Dieter Cremer (li.) mit einigen der Ehrenamtlichen: Hans-Peter Mowes, Siegfried Germann und Ria Cremer sowie Sekretärin Angela Klinkenberg (v. l.). (c) Andrea Thomas
Der Vorsitzende Dieter Cremer (li.) mit einigen der Ehrenamtlichen: Hans-Peter Mowes, Siegfried Germann und Ria Cremer sowie Sekretärin Angela Klinkenberg (v. l.).
Datum:
16. Nov. 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 46/2022 | Andrea Thomas

Das Jahr 1920 war für viele Menschen kein einfaches. Zwei Jahre war der Erste Weltkrieg zu Ende, die Not vieler Familien groß.  Die belgische und französische Besatzung der linksrheinischen Gebiete der Rheinprovinz belastete die Menschen in der Aachener Region schwer. Vor diesem Hintergrund gründete sich am 17. Dezember 1920 die Ortsgruppe des Katholischen Männer-Fürsorge-Vereins in Eschweiler.

Prospektetisch mit Kerze im Flur vor dem Büro. Besucher wissen: Brennt die Kerze, ist das besetzt. (c) Andrea Thomas
Prospektetisch mit Kerze im Flur vor dem Büro. Besucher wissen: Brennt die Kerze, ist das besetzt.

Schwerpunkt der Gründungsmitglieder des Vereins, der heute SKM Katholischer Verein für soziale Dienste Eschweiler heißt, war die Hilfe für gefährdete Jugendliche, die aus Not Diebstähle begingen oder auf dem Schwarzmarkt handelten. „Schon damals waren Lehrer dabei“, erzählt der Vorsitzende Dieter Cremer, selbst pensionierter Schulleiter. „Lehrer kommen über die Kinder und Jugendlichen mit der Not in den Familien in Berührung.“

So versuchten die Vereinsmitglieder von Anfang an, da zu helfen, wo Menschen in einer Notlage waren, ehrenamtlich und unbürokratisch. Daran hat sich durch die Jahrzehnte nichts geändert. Unter den Nationalsozialisten war das nur eingeschränkt, im Zweiten Weltkrieg dann zunächst gar nicht mehr möglich. Ab den 1960er Jahren sei das Vereinsengagement dann wieder gewachsen, berichtet Dieter Cremer. In den 1980er Jahren sei der Eschweiler SKM wichtige Anlaufstelle für viele Flüchtlinge aus Osteuropa gewesen, die Möbel gebraucht hätten. „Unsere Möbelhilfe hatte einen LKW, mehrere Möbellager und rund 40 ehrenamtliche Helfer.“ 

Inzwischen haben sich andere, neue Felder aufgetan, orientiert an dem, was Menschen brauchen, und dem, was die Vereinsmitglieder persönlich einbringen können. Seit 1996 sind das auch nicht mehr ausschließlich Männer. Frauen sind dazugekommen und haben mit Hospizbegleitung, Besuchsdienst in Senioreneinrichtungen und Trauerbegleitung begonnen. Das habe sich eines aus dem anderen entwickelt, wie Ria Cremer, die Ehefrau von Dieter Cremer, berichtet. Eine kleine Gruppe von Frauen hatte sich gefunden, die sich vorstellen konnte, das zu machen und die dann einen Lehrgang für ambulante Hospizbegleitung und später auch für Trauerbegleitung gemacht habe. Seit 23 Jahren machten sie das nun schon, in enger Zusammenarbeit unter anderem mit dem Senioren- und Betreungszentrum der Städteregion in Eschweiler. „Es ist so wertvoll, Menschen begleiten zu dürfen“, sagt Ria Cremer. 

Größere Spende wirkt bis heute

Der SKM Katholischer Verein für soziale Dienste hat seit 102 Jahren eine offene Tür für Menschen in schwierigen Lebenssituationen. (c) Andrea Thomas
Der SKM Katholischer Verein für soziale Dienste hat seit 102 Jahren eine offene Tür für Menschen in schwierigen Lebenssituationen.

Die Dankbarkeit der Menschen, denen der Verein helfen kann, ist auch für die anderen Aktiven der schönste Lohn. „Wir sind der einzige Verein, der auch dem noch zu helfen versucht, für den keiner mehr bürgt oder der nirgendwo mehr Kredit bekommt“, sagt Dieter Cremer. Vor einigen Jahren hätten sie eine größere Spende bekommen und überlegt, wie sie die am sinnvollsten einsetzen könnten. Sie entschieden, es dafür zu verwenden, Menschen in einer Notlage finanziell zu helfen – als zinsloses Darlehen. „So wirkt die Spende bis heute“, berichtet Siegfried Germann, der für die Finanzen zuständig ist. Meist seien das überschaubare Summen, die die Leute ihnen in kleinen monatlichen Beträgen zurückzahlten (nicht immer), mit denen aber oft viel bewirkt werden könne. Zum Beispiel der Zuschuss zu einem Auto, damit ein Familienvater seinen Job behalten konnte oder die Mietkaution, die einen Neuanfang in einer neuen Wohnung möglich machte.

Solchen Hilfen gehen ausführliche Gespräche voraus. Auch die seien für viele wichtig und wertvoll, weil ihnen da jemand gegenübersitze und zuhöre, ohne zu werten. 
Eine Leistung, wenn man berücksichtigt, dass alle, die sich hier einbringen – neben den Begleitungen, der Sozialberatung und der Hilfe in schwierigen Lebenslagen, sind das auch gesetzliche Betreuungen – dies ehrenamtlich tun und überwiegend 60 Jahre und älter sind.

Doch das zeichnet den Verein seit nunmehr 102 Jahren aus: zu helfen, wo Menschen in Not sind. So auch nach der Flut im vergangenen Jahr, wo sie über eine Reihen von Spenden und persönliche Kontakte Soforthilfe leisten konnten, wo sie dringend nötig war. Mit Sorge schaut Siegfried Germann auf den kommenden Winter: „Steigende Energiekosten werden noch für viele ein großes Problem werden. Da wird noch etwas auf uns zukommen.“ Sie werden tun, was sie können und, wenn sich dafür noch jüngere Mitstreiter fänden, wäre das sehr schön. 

Informationen: www.skm-eschweiler.de