Heimatgeberin

Yasmin Raimundo arbeitet als Flüchtlingsseelsorgerin in der Region Aachen

Raimundo Nachricht (c) Andrea Thomas
Raimundo Nachricht
Datum:
28. März 2017
Von:
Andrea Thomas
Schubladen mag Yasmin Raimundo nicht besonders.
Raimundo Original (c) Andrea Thomas
Raimundo Original

Nicht die zum Ordnunghalten, sondern die, in die wir Menschen vorschnell stecken. Der 29-Jährigen, seit Herbst 2016 Pastoralreferentin im Bistum Aachen, ist es wichtig, zu differenzieren und Menschen in ihrer ganzen Vielheit zu sehen. Eine Haltung, die ihr in ihrem Aufgabenfeld als Seelsorgerin in der Flüchtlingsarbeit in den beiden Aachener Regionen zu Gute kommt.

Vorgelebt hat ihr das vor allem ihre Mutter. Die ist Muslima, stammt aus dem Iran und ist als junge Frau nach Deutschland gekommen, wo sie einen Deutschen geheiratet hat. Über sie hat Yasmin Raimundo zum einen gelernt, was es heißt, in der Fremde eine neue Heimat zu finden, aber auch, anderen Kulturen, Religionen und Menschen offen zu begegnen. „Man muss sich nicht abschotten, sondern kann im Austausch ganz viel voneinander lernen, gerade auch in der Spiritualität“, sagt sie.

Ihre Mutter habe sich immer für Frieden und Gerechtigkeit eingesetzt, weshalb es für sie selbst normal sei, den Blick auch auf die Menschen zu richten, die man sonst nicht so wahrnimmt. Sie selbst hat für ihre Sehnsucht nach Heimat einen Ort im christlichen Glauben gefunden, hat sich mit 14 Jahren katholisch taufen lassen. Ihre Eltern hätten ihr und ihrer Schwester die Freiheit gelassen, selbst zu entscheiden. Was sie ihnen hoch anrechnet, was es aber anfangs auch nicht leicht gemacht habe, ihren Glauben zu leben.

 

Die Menschen sehnen sich nach Familie, Gemeinschaft und Solidarität

Orte dafür hat sie in Taizé und in der Eine-Welt-Arbeit gefunden. Daraus entwickelte sich das Interesse an Theologie und der Wunsch, in den existentiellen Bereichen der Seelsorge zu arbeiten. Im Studium ging sie für ein Jahr nach El Salvador – eine lebensverändernde Entscheidung. In der Beschäftigung mit der Befreiungstheologie dort habe sie erkannt, was ihr Glaube ihr bedeute. Und sie lernte ihren Mann kennen.

All das und ihre generelle Faszination für andere Länder, Kulturen und Sprachen bringt Yasmin Raimundo nun in ihre Arbeit als Seelsorgerin in der Flüchtlingsarbeit ein. Eine Stelle, die sie mitgestalten darf. Ein großer Bonus für sie als Berufsanfängerin, wie sie findet. „Ich orientiere mich im Moment inhaltlich, mache eine Fortbildung zur Arbeit mit Flüchtlingen und schaue, wo und wie der Bedarf ist.“ Ein Schwerpunkt dabei ist die Sorge für die geflüchteten Menschen: Wie kommen sie an, wie können wir sie willkommen heißen, was brauchen sie, auch emotional? Dabei steht für sie der einzelne Mensch im Mittelpunkt, Stichwort „differenzieren“. „Diese Menschen sehnen sich nach Familie, Gemeinschaft und Solidarität, danach, einen Wert zu haben“, sagt sie.

Was jemand glaube, sei dabei nicht entscheidend – es gehe um Verständnis: „In der Bibel gibt es so viele Geschichten von Flucht, dem Verlust und Finden von Heimat.“ Auch ihre Sprachkenntnisse, Französisch, Spanisch, Englisch und Persisch, erleichtern ihr den Zugang zu den Menschen. Ein zweiter Schwerpunkt ihrer Arbeit ist das politische Engagement von Kirche gegen Fremdenfeindlichkeit, für Menschenrechte, gute Rahmenbedingungen und ein positives gesellschaftliches Klima. „Integration ist ein wechselseitiger Prozess, der beide Seiten verändert“, ist Yasmin Raimundo überzeugt. Schubladendenken hilft da nicht.