Heimat Bedeutung geben

Familie des Prinzen von Merode sieht sich in der Verantwortung für Kirche und Gesellschaft

Albert-Henri Prinz von Merode und seine Frau Marie-Christine im Stammsitz der Familie im Schloss Merode. (c) Stephan Johnen
Albert-Henri Prinz von Merode und seine Frau Marie-Christine im Stammsitz der Familie im Schloss Merode.
Datum:
22. Mai 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 21/2024 | Stephan Johnen

Sieben Dörfer feiern eine gemeinsame Geschichte. Unter diesem Motto wird diesen Sommer „850 Jahre Herrschaft“ auf und rund um Schloss Merode gefeiert. Beteiligt sind neben der Prinzenfamilie rund 30 Vereine. „Wir blicken gemeinsam auf 850 Jahre Geschichte, Kultur und Tradition zurück“, sagt Prinz Albert-Henri de Merode, der mit den Feierlichkeiten zur ersten urkundlichen Erwähnung seiner Familie (siehe Infokasten) auch einen neuen Impuls für das öffentliche, kulturelle und gesellschaftliche Zusammenleben geben möchte.

Seit Ende April wird in der Kapelle des Schlosses montags wieder öffentlich Gottesdienst gefeiert. (c) Stephan Johnen
Seit Ende April wird in der Kapelle des Schlosses montags wieder öffentlich Gottesdienst gefeiert.

Der Auftakt war eine heilige Messe in der Echtzer Pfarrkirche mit Weihbischof Karl Borsch. „Wir möchten die heimatliche Kultur und Traditionen stärken und das aktive Vereinsleben fördern“, erklärt Albert-Henri de Merode. Nur so könne es ein gutes Miteinander, ein gutes soziales Leben geben. „Das gilt für die Vereine, aber auch für die Kirche“, sagt der gläubige Christ. Nicht zuletzt aufgrund der Covid-19-Pandemie und der Kontaktbeschränkungen hätten sowohl Kirche als auch Vereine „an Personen verloren. Das ist ein großes Alarmsignal.“ Er erhofft sich eine Renaissance des Engagements in Vereinen und Kirche; einen Neustart, der auch die kommende Generation anspricht. Eine Generation, die ihre Wurzeln kennt und für die „Heimat“ wieder eine Bedeutung hat.

„Wir müssen den Begriff wieder positiv besetzen“, meint Albert-Henri de Merode. Jeder Mensch brauche Austausch, müsse andere Leute treffen, Freunde haben. „Wir brauchen auch im Zeitalter der Digitalisierung ein Sozialleben“, betont er. Es sei „traurig und gefährlich“, dass offenbar immer mehr Menschen alleine sind. Nicht nur Senioren, sondern auch Jugendliche. „Als Christen müssen wir aktiv werden“, bekräftigt er. Ob Vereinsleben oder Kirchenfeste: Beides seien immer gute Anlässe gewesen, aus dem täglichen Rhythmus (oder auch Trott) herauszukommen, Freunde zu treffen oder Freundschaften zu schließen. „Beides ermöglicht uns, einen Anker zu werfen, gibt uns die Kraft, aktiv in die Welt zu schauen“, sagt Albert-Henri de Merode.

Aus diesem Grund wird das 850-Jahr-Fest auch als kollektives Ereignis gefeiert, das die Attraktivität des ländlichen Raumes herausstellen soll. Auch wenn die Mauern des Schlosses mächtig sind, waren die Türen nie verschlossen. Die Kapelle wurde im 19. Jahrhundert so umgebaut, dass die Nachbarn dort zum Gottesdienst gehen konnten. Im Zweiten Weltkrieg suchte die Bevölkerung im Gewölbekeller Zuflucht. Am 16. November 1944 überlebten die Schutzsuchenden einen Bombentreffer, der den Turm über 
ihren Köpfen zusammenbrechen ließ.

Bereits im April wurde mit Weihbischof Karl Borsch zum Auftakt des Jubiläums eine Festmesse gefeiert. (c) Luscus Art
Bereits im April wurde mit Weihbischof Karl Borsch zum Auftakt des Jubiläums eine Festmesse gefeiert.

Seit Ende April wird immer montags um 9 Uhr wieder eine öffentliche Messe in der Kapelle gefeiert. Während der Coronazeit war dies nicht möglich.

Auch der Schlosspark steht an vielen Tagen im Jahr offen – nicht nur zum überregional bekannten Weihnachtsmarkt. Die Prinzenfamilie hat das Wasserschloss behutsam zu einem Veranstaltungsort gemacht, öffnet die Pforten aber beispielsweise auch für die Fronleichnamsprozession oder Pfadfinder aus Belgien, die ebenso wie der Nachwuchs des Malteser Hilfsdienstes regelmäßig ihre Jugendlager auf dem Areal aufschlagen. Während des Weltjugendtags 2005 wurde der Park ebenfalls zum Jugendlager.

„Mein Wunsch ist es, auch kommenden Generationen zu zeigen, wie toll es ist, gemeinsam zu beten, dass einem Kirche und Glaube Halt geben“, sagt Prinz Albert-Henri de Merode. Der Weltjugendtag in Portugal habe gezeigt, dass der Gedanke nicht antiquiert sei. Besonders beeindruckt hat ihn ein Video, das sein jüngster Sohn vor Ort aufgenommen hat. Ein Priester steht dort am Mischpult und weckt die Jugendlichen, die auf dem Feld übernachtet hatten, mit fetziger Musik.

„5000 Menschen könnten wir hier locker unterbringen“, denkt der Prinz laut darüber nach, vielleicht auch einmal einen christlichen Techno-Abend zu veranstalten. Seine Ehefrau Marie-Christine spricht sich dafür aus, einmal im Jahr zu einem Taizé-Abend einzuladen. Alles nur Zukunftsmusik? „Wir sind moderne Menschen, wir machen Events“, sagt Prinz Albert-Henri de Merode augenzwinkernd.

Festwoche im Schlosspark

Die Festwoche „850 Jahre Herrschaft“ wird am Freitag, 14. Juni, ab 18.30 Uhr mit einem Benefizkonzert des Heeresmusikkorps der Bundeswehr im Schlosspark offiziell eröffnet. Der Eintritt ist frei. Beinahe täglich gibt es weitere Open-Air-Konzerte: Am 15. Juni, 19.30 Uhr, heißt es „Classic meets Rock“ (Tickets über www.reservix.de), am 16. Juni, 18.30 Uhr, findet die „Galanacht der Tenöre“ statt (www.reservix.de). Die US Army Europe and Africa Band & Chorus ist am 18. Juni zu Gast. Darüber hinaus gibt es Auftritte der Bläservereinigung Merode (inklusive Festkommers zum 50-jährigen Bestehen) sowie der Musikschule Langerwehe. Am 23. Juni startet um 11 Uhr ein Sternmarsch mit „Picknick au Château“. Das ganze Programm gibt es unter www.850jahremerode.de.

850 Jahre „Herrschaft“

Schloss Merode ist der Stammsitz der Linie von Merode-Westerloo. (c) Stephan Johnen
Schloss Merode ist der Stammsitz der Linie von Merode-Westerloo.

Erstmals urkundlich erwähnt wird die zum europäischen Hochadel zählende katholische Familie von Merode im Jahr 1174. Kaiser Friedrich Barbarossa (1152–1190) betraute damals den aus Kerpen stammenden Reichsdienstmann Werner mit der Verwaltung des königlichen Hofgutes zu Echtz. Von dort aus ließ Werner an der Stelle des heutigen Schlosses einen Sitz auf einer Rodung anlegen, nach der er und seine Nachfolger sich vermutlich benannten (Mittelhochdeutsch: „von deme Rode“). Die „Herrschaft Merode“ entwickelte sich bis zum 13. Jahrhundert und umfasste die Dörfer Echtz, Geich, Obergeich, Kon-zendorf, Schlich, D’horn und Merode.

In diese Zeit fällt auch die Gründung des Klosters „Schwarzenbroich“ durch Werner V. von Merode im Jahr 1340. 1473 wird Johann I. von Merode von Kaiser Friedrich III. in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Johann V. wird durch seine Heirat Besitzer der Herrschaft Westerloo (Provinz Antwerpen) und somit Begründer der jetzt noch auf dem Schloss lebenden Linie von „Merode-Westerloo“. Durch den Einmarsch französischer Revolutionstruppen endete 1794 die Verfassung in der Herrschaft Merode und damit die Hörigkeit der Bauernschaft. Die Ländereien wurden nun an die Landwirte verpachtet. 1929 wurden die Reichsgrafen von Merode, Markise von Westerloo, Fürsten von Grimbergen, Rubembré und Eversberg durch das belgische Königshaus auch mit dem Namen Merode in den Fürstenstand erhoben.