Heilkräfte aus dem Garten

Der neue Heilkräutergarten von Haus Hohenbusch in Erkelenz steht in der Tradition der Klostermedizin

Die Namensschilder stehen in Reih und Glied, die Heilkräuter wachsen wild. (c) Garnet Manecke
Die Namensschilder stehen in Reih und Glied, die Heilkräuter wachsen wild.
Datum:
25. Aug. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 34/2021 | Garnet Manecke

Einst gehörte ein Heilkräutergarten zu jeder Klosteranlage dazu. Als es noch keine Krankenhäuser gab, waren die Heilkünste der Mönche und Ordensschwestern oft die einzige Möglichkeit für die Bevölkerung, Krankheiten zu behandeln. Im ehemaligen Kreuzherrenkloster Haus Hohenbusch bei Erkelenz gibt es seit einigen Wochen wieder so einen Kräutergarten.

Eine der bekanntesten Vertreterinnen der Heilkräutermedizin war Hildegard von Bingen. Sie trug das Wissen ihrer Zeit über die Heilkraft der Kräuter zusammen und schrieb es nieder. Ungewöhnlich war, dass sie die deutschen Bezeichnungen der Pflanzen für ihre Schriften nutzte, so dass auch jene das verstehen konnten, die nicht Lateinisch sprachen – sofern sie lesen konnten. Damals war Bildung nur den oberen Schichten der Gesellschaft vorbehalten.

Mitglieder eines Ordens waren in der Regel aus gutem Hause, Frauen und Männer, die eine gute und hohe Bildung genossen hatten. Gerade zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert waren es die Ordensleute, in deren Händen die medizinische Versorgung der Kranken lag. Sie sammelten in ihren Gärten, in Wäldern und auf freiem Feld Kräuter, erforschten deren Wirkung und bereiteten daraus Tinkturen und Salben zu.

Heilkräuter gehörten daher in jeden gut bestellten Klostergarten. Daran erinnert auch der neu angelegte Kräutergarten von Haus Hohenbusch. 36 Heilpflanzen wachsen hier und vier sogenannte „Riechpflanzen“. Auf Tafeln sind die Namen ablesbar, bei den Heilpflanzen sind zusätzlich die Anwendungen beschrieben, bei den Duftpflanzen steht, was einen erwartet, wenn man die Nase nahe an die Blüten und Blätter hält.

Heilkräuterauswahl erfolgte nach den Schriften der Hildegard von Bingen

Hinter der Mauer geht es links zum Heilkräutergarten des Klosters. (c) Garnet Manecke
Hinter der Mauer geht es links zum Heilkräutergarten des Klosters.

Wenn man eine der gelben Blütenkugeln zwischen den Fingern quetscht, dann erinnert der süßlich-fruchtige Geruch an Gummibärchen. Entsprechend heißt die Blume, deren Blüten wie kleine Perlen aussehen, Gummibärchenblume. Wie bei der Vanilleblume und der Mohnbrötchen-Pflanze verheißt schon der Name Wohlgeruch. Ganz anders liegt der Fall bei der Schweißfuß-Pflanze, die mit ihrem scharfen Odeur Fressfeinde abschreckt.

Die Heilkräuter wurden nach den Schriften der Hildegard von Bingen für den Kräutergarten ausgesucht. So hat es der Förderverein, der sich um das frühere Klosteranwesen kümmert, schon bei der Anlage des ersten Kräutergartens 2011 getan. Der hatte mit den Töpfen aus Cortenstahl, die auf Metalltischen platziert worden waren, auch eine künstlerische Anmutung. Dennoch ging es damals wie heute im neuen Kräutergarten vor allem um die Weisheit der Klostermedizin, die früh um die Heilkräfte der Kräuter und den Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit wusste.

Dieses alte Wissen erfährt derzeit eine Renaissance. Kräuter sind sowohl in der Küche immer beliebter als auch bei der Behandlung kleinerer gesundheitlicher Beschwerden. So gibt die Kapuzinerkresse dem Salat nicht nur eine würzig-scharfe Note. Die in ihren Blättern enthaltenen Senföle wirken auch antibakteriell und antiviral. Das macht sie zu einem beliebten Heilmittel bei Bronchitis und grippalem Infekt, aber auch bei Harnwegsinfekten. Sogar bei Verstopfung soll die Pflanze mit den dekorativ-orangen Blüten helfen.
Gleich neben der Kresse wächst der Lavendel, dessen Duft beruhigend wirkt. Lavendeltee lindert Verdauungsbeschwerden, eine Tinktur oder Salbe hilft bei Hautreizungen. Auch bei Biene, Hummel und Konsorten ist der Lavendel beliebt. Wie viele der 40 Pflanzen, die hier am Fuße des Herrenhauses wachsen, zieht er die Insekten geradezu magisch an. So kann man vielen Bestäubern bei ihrer Arbeit zusehen, aber auch für Schmetterlinge ist hier ein Paradies.

Das setzt sich im hinteren Teil des Gartens weiter fort, wo das Insektenhotel und die Streuobstwiese angelegt sind. Von jeher war ein Klostergarten auch ein Ort der Schöpfung: Das wird im Garten von Haus Hohenbusch deutlich. Schulklassen nutzen daher den Garten für den Sachkunde- und Biologieunterricht. Selbst bei kühlen Temperaturen und verhangenem Himmel kann man hier Tiere und Pflanzen beobachten.

Den Weg für die Klostermedizin bereitete Benedikt von Nursia mit seiner einfachen wie eingängigen Regel „Ora et labora“ – „Bete und arbeite“. Denn dieses Denken führte im klösterlichen Umfeld dazu, dass Seele und Körper ins Zentrum des klösterlichen Denkens rückten. Ganz oben stand dabei die Versorgung der Kranken, die sich nicht nur auf die Angehörigen des eigenen Ordens beschränkte. Zu Benedikts Zeit war das ein neuer Gedanke. Die Armen, Kranken und Schwachen rückte er in das Zentrum seines Wirkens, ihnen zu helfen, war die Essenz seines christlichen Glaubens.

Die Klostergärten hatten ursprünglich die Funktion, die Gemeinschaft unabhängig von der Außenwelt zu versorgen. Was hier wuchs, ernährte die Klostergemeinschaft. Die Nutzgärten und die Gärten für die Heilpflanzen waren getrennt. 
 
Der Förderverein Hohenbusch bietet naturkundliche und kulturhistorische Führungen im Garten des ehemaligen Kreuzherrenklosters an. Kontakt unter Tel. 01 72/2 07 20 73 oder 
E-Mail: info-hohenbusch@gmx.de.