Gutes tun und Spaß haben

Interview mit Khalid Bounouar: Warum auch Jugendliche zur Heiligtumsfahrt kommen sollten

Der Katschhof ist Treffpunkt für viele Aktionen zur Heiligtumsfahrt. (c) Wolf Meusel (via wikimedia commons)
Der Katschhof ist Treffpunkt für viele Aktionen zur Heiligtumsfahrt.
Datum:
31. Mai 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 22/2023

Die Heiligtumsfahrt ist seit jeher nicht nur Pilgerfahrt, sondern auch Geschehen von weitreichendem öffentlichen Interesse. Auch im Jahr 2023 ist es ein multimediales Ereignis. Damit auch jüngere Menschen einen Zugang dazu erhalten, wird am Samstag, 17. Juni, das „Wertvoll“-Festival mit Showelementen, Musik-Acts, Kunstaktionen sowie Gebeten ausgerichtet. Mit Moderator Khalid Bounouar sprach Arne Schenk über Jugend, Kirche und Heiligtumsfahrt.

Welche Beziehung hat ein gebürtiger „Eschweiler Jung“ zur Kaiserstadt?

Ich bin in Eschweiler geboren, aber in Aachen aufgewachsen. Habe in Aachen auch mein Abitur gemacht und studiert. 

 

Was ist lustig an der Heiligtumsfahrt?

Vorrangig geht es mir in dem Fall gar nicht um das Lustige der Heiligtumsfahrt. Da es der Tag der Jugend ist, geht es da vor allem um das, was man bei Jugendlichen auslösen kann, um sie zu animieren, sich aktiv an gemeinsamen Spielen, an gemeinsamen Shows zu beteiligen. Ich bin da nicht als Comedy-Act, sondern als Moderator. Aber ansonsten: Für mich als Aachener ist auf jeden Fall lustig an der Heiligtumsfahrt, wie sich die Aachener Innenstadt verändert, wie die ganzen Touristen durch die Aachener Innenstadt schlendern und die verschiedenen Gegenden bewundern. 

 

Wie kommt man an so einen Job?

Ich arbeite schon seit vielen Jahren mit dem Bistum zusammen und bin mit involviert bei verschiedenen Projekten. Mit dem BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen Jugend) habe ich schon die 72-Stunden-Aktion moderiert. Ich bin beim Tag der Jugend – damals hieß das noch „Nacht der Jugend“ – vor neun Jahren aufgetreten. Damals durfte ich einen Workshop in einer Kapelle vom Dom machen, einen Workshop für Poesie und Lyrik und kreatives Schreiben.

 

Was bedeutet Ihnen persönlich Christentum und Kirche?

Der persönliche Bezug für mich ist auf jeden Fall der interreligiöse Diskurs, dass man auch, wenn man nicht der gleichen Religion angehört, trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen Projekte miteinander machen kann, indem man gemeinsam Gutes tut. Als Pate für die 72-Stunden-Aktion hat die Bild-Zeitung über mich berichtet: Moslem unterstützt Kirche. Für mich war das gar keine Frage. Wenn man doch Gutes tun kann, dann ist es mir ja egal, ob derjenige Christ, Atheist oder Hindu ist. 

 

Khalid Bounouar ist als Moderator beim „Wertvoll“-Festival auf dem Katschhof gebucht. (c) Jonas Sorgalla
Khalid Bounouar ist als Moderator beim „Wertvoll“-Festival auf dem Katschhof gebucht.

Was fällt Ihnen spontan zum Begriff „Heiligtumsfahrt“ ein?

Begriffe, die mir natürlich einfallen, sind „Reliquien“, „Pilgerfahrt“, „Pilgerreise“, „Pilgerer, die dann durch die Stadt schlendern“. Ich war ja auch im Dom und habe mir das angeschaut vor neun Jahren, als die letzte Heiligtumsfahrt war. Für mich als Nichtkatholik ist es halt sehr schön zu sehen, wie Leute das leben. Auch im Islam gibt es ja die Pilgerreise. Es ist ein unglaublich schönes Gefühl, das zu machen. Deshalb freue ich mich für jeden, der so eine spirituelle Reise machen kann. Wir Aachener haben das Glück, dass es dann in unserer Stadt ist. Ich freue mich halt über alles, was eine positive Botschaft hat. Wenn ich durch die Stadt fahre und sehe Plakate von irgendwelchen Modemarken und zwischendurch mal so ein Plakat, wo ein Zitat, ein Bibelvers oder ähnliches drauf steht, dann freue ich mich darüber: Ey, das ist ja cool, das so etwas auch gemacht wird. Das ist etwas Schönes. 

 

Was hat das Ganze mit jungen Menschen zu tun?

Wir, die Jungen, sind halt nicht so leicht davon zu überzeugen, irgendwas in Bezug auf Religion zu machen. Da haben wir es so gehalten, dass die Künstler komplett durchmischt sind und nicht einer Religion angehören, um zu zeigen: Okay, wir müssen nicht Katholiken sein, um dahin gehen zu dürfen, sondern können einfach hingehen und Spaß haben und Leute kennenlernen. Wir können gemeinsam etwas Gutes tun. Selbst bei meinen Shows – ich bin ja gerade auch noch auf Tour – ist das so, dass vorne bei der Kasse und beim Merchandising-Stand eine Spendenbox für Waisenkinder steht. Bei meiner letzten Tour haben wir dadurch gemeinsam 9000 Euro eingesammelt. Ich sag zum Publikum: Hey, wir können hier zusammen lachen, wir können zusammen leiden und uns austauschen und was auch immer und tun am Ende sogar noch etwas Gutes, und das einfach nebenbei. Deshalb ist es für mich schön, bei so einer Veranstaltung wie bei dem Tag der Jugend etwas Positives zu tun. Selbst wenn wir am Ende nur einen davon abhalten, sich irgendwo am Kaiserplatz Drogen zu holen und stattdessen zu einer Show zu kommen.

Was macht Spaß am Glauben? Wie kann man Jugendlichen den vermitteln?

Erstens, dass man etwas Gutes tut, ohne dass ein anderer zusieht. Zweitens, selbst wenn alle Stricke reißen, dann ist Gott immer noch da. Und drittens, dass nie der Gesprächsstoff ausgeht. Man kann bei Freunden sitzen und jeden Abend 365 Tage im Jahr darüber reden und wäre immer noch nicht durch. Wenn man nebeneinander in einem Café sitzt, holen alle auf einmal das Handy raus, weil es nichts mehr zu besprechen gibt. Bei dem Thema gibt es immer etwas zu besprechen. 

 

Eine Heiligtumsfahrt zu den Windeln Christi, dem Lendentuch Jesu, dem Marienkleid und dem Enthauptungstuch von Johannes dem Täufer: Wie passen da Musik und Spaß hinein?

Ich glaube, dass es vor allem auch darum geht, die Leute überhaupt erst mal dahin zu ziehen. Ich unterrichte an einer Schule. Viele meiner Schüler wissen gar nicht, worum es bei der Heiligtumsfahrt geht. Die sehen nur: Okay, das ist was von der Kirche oder was Religiöses, das ist ja gar nichts für uns. Das interessiert uns nicht. Das ist was für alte Menschen oder was auch immer. Und beim Tag der Jugend geht es darum, den Jugendlichen zu zeigen: Man kann auch hier gemeinsam coole Sachen machen! Und sich das dann anschauen. Und dann ist es egal, was für eine Religion man hat.  


Warum sollten sich die Jugendlichen das nicht entgehen lassen?

Weil das auf jeden Fall etwas Einzigartiges in Aachen ist, und wir in Aachen nicht so gesegnet sind mit vielen Shows in der Innenstadt wie in anderen Großstädten. Deshalb auf gar keinen Fall verpassen! Die Künstler, die da auf der Bühne stehen, gehören sowohl zur neuen Generation als auch zur älteren Generation, und das wird, glaube ich, ein sehr, sehr cooler Gig. 

 

Welche Gründe gibt es für Ältere, dort hinzukommen?

Weil der Stil von den Künstlern da auch für die ältere Generation sehr passend und die Musik künstlerisch stark ist, halt Musik und Performances mit Inhalt und vor allem guter Laune. Hey, wer möchte keine gute Laune haben?