Zu Hunderten bringt das Schützenwesen Menschen auf die Straßen und in die Gottesdienste. Es folgen festlicher Umzug, Vogelschuss und Geselligkeit. Jahrhundertealte Brauchtumspflege, wie sie bekannt ist und jüngst an den Diözesanschützentagen in Golzheim zu erleben war. Aber Schützenwesen hat eine zweite Dimension: soziales und gesellschaftliches Engagement, das täglich vor Ort gelebt wird und sogar in der Satzung festgeschrieben steht.
„Jetzt, wo Sie es sagen“, überlegt Diözesanjungschützenmeister Bernd Servos, und schmunzelnd ergänzt er: „Es läuft viel vor Ort. Es wird wenig Werbung gemacht – es wird einfach gemacht.“ Und so heißt der Arbeitskreis im Bund der Sankt-Sebastianus-Schützenjugend (BdSJ) konsequent und schlicht „Einfach mal helfen“. Traditionell ist der Arbeitskreis „Pate“ des mobilen Kinderhospizdienstes Region Aachen und der DKMS, der Deutschen Knochenmarkspenderdatei.
Auch am Festwochenende in Golzheim zeigen sie Präsenz, informieren und lassen das Glücksrad drehen. So füllen sich Spendendosen. „Es ist mehr als ein finanzielles Engagement“, betont Servos, „unser Arbeitskreis hat sich zum Ziel gemacht, die Not von Kindern und Jugendlichen besonders in den Blick zu nehmen.“
So wird neben Erlösen, die bei gemeinsamen Festen zustande kommen oder durch das Ausloben von sogenannten „Challenges“ via Soziale Medien „erwirtschaftet“ werden, auch sehr persönliches Engagement eingebracht. „Patenschaften“ werden für einzelne Familien oder Betroffene als Direkthilfe übernommen. Dazu kommen Typisierungsaktionen für die DKMS, die ein weiteres Feld ausmachen. Die Vielfalt macht’s.
Persönlicher Einsatz ist das Stichwort. Nachzulesen ist das vielseitige Engagement im „JE“, dem Jungschützenecho. Ein flott gemachtes Magazin, das drei Mal jährlich erscheint und beispielhaft berichtet, wenn etwa die Jungschützengruppe der Historischen Schützenbruderschaften von Hüls 2021 an der Aktion „Saubere Stadt“ vor Ort teilnimmt, oder die Fülle des Engagements zur letzten „72-Stunden“-Aktion, etwa St. Sebastianus Amern St. Georg durch Herrichten eines Wegekreuzes, wobei auch Hintergründe und Geschichte des Objektes wieder aufgedeckt wurden, St. Vitus Waldhausen durch die Renovierung eines Computer- und Schulraumes und die vom Nachwuchs der Bruderschaft St. Kreuz Hürtgen aus Düren-Süd gesetzten 700 Pflanzen und 40 Sträucher. Berichtet wurde natürlich auch vom Ausrichter der diesjährigen Diözesanschützentage, der Marianischen Schü̈tzenbruderschaft Golzheim, die nach der Flut 2021 eine beispiellose Sach- und Geldspendenaktion ins Leben rief und von der Resonanz überwältigt war.
Neben diesen medienwirksamen Ereignissen ist es vor allem die stetige stille Art, in der sich Schützen in ihren Dörfern oder identitätsstiftenden Vierteln verdient machen: Sie besuchen Alte und Kranke, laden zum gemeinsamen Frühstück, schließen nicht aus, sondern stiften Verbindung, damit Menschen nicht alleine sind. „Kenge, dat ihr noch an die ahl Löck denkt, feng ich jot“, soll eine Seniorin sich gefreut haben, als die Marianische Schützengesellschaft Langenbroich-Bergheim sie an St. Martin beschenkte.
Was früher von der Ortsgemeinschaft im Dorf geleistet wurde, so führte es im Jungschützen-Echo der ausgeschiedene Bildungsreferent des BdSJ Diözesanverbandes Arno Breuer den Lesern vor Augen, also die gemeinsame Bewältigung von Problemen und schwierigen Lebensumständen, da sehen sich die Schützen heute in der Verantwortung: „Aus einem tiefen Glaubensbekenntnis heraus werden das eigene Leben und das örtliche solidarische Leben miteinander aus einer Selbstverständlichkeit gestaltet und geprägt“, schrieb er.
Kaum zu glauben, aber tatsächlich entspricht das Engagement der Schützen-Satzung. Sie besagt, dass das Bekenntnis des Glaubens auch durch „Ausgleich sozialer Spannungen im Geiste der Geschwisterlichkeit“ sowie durch „Werke christlicher Nächstenliebe“ abzulegen ist. Dass der Schutz der Sitte unter anderem in der Wahrnehmung der Liebe zum Nächsten im täglichen Miteinander gewährleistet werden solle und die Liebe zur Heimat sich im Dienst für das Gemeinwohl und tätige Nachbarschaftshilfe ausdrücke. Da kann man für den BdSJ feststellen: Satzung erfüllt.
Weil Schützenwesen aber eben auch Umzüge, Geselligkeit mit den Dorfgemeinschaften und Vogelschuss sind, sei hier auch erwähnt, dass nach der Freiluftmesse mit Pfarrer Andreas Galbiertz an der Fatimakapelle rund 600 Menschen aus den Bruderschaften und Musikkapellen am Festzug teilnahmen und ihn reichlich „Zaungäste“ erwarteten.
Traditionell werden an den Diözesanschützentagen auch die bistumsweiten Majestäten der Schü̈tzenjugend ermittelt. Samstags richtete der Diözesanvorstand der Schützenjugend den Diözesanbambiniprinzenwettkampf mit Lasergewehr und digitalem Vogelschießen aus. Hier errang die 13-jä̈hrige Ioanna Karasimou von der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft Langerwehe im Bezirksverband Düren-West mit dem 85. Schuss die Würde der Diö̈zesanbambiniprinzessin. Das Diözesanschülerprinzenschießen mit dem
Luftgewehr entschied Tobias Jansen (17 Jahre) von der St.-Lambertus-Schützenbruderschaft Brüggelchen im Bezirksverband Heinsberg mit dem 38. Schuss für sich. Neue Diö̈zesanjungschützen-prinzessin wurde Anja London mit dem 220. Schuss. Die 21‐Jährige gehört der St.-Christophorus-Schützenbruderschaft Gerderath im Bezirksverband Erkelenz an.