Großauftrag für Pilgerkreuze

Die Schreinerei des Volksvereins hat die besonderen Kreuze gefertigt

Thomas Sylla (r.) gehört zum Team, das die Pilgerkreuze für die Heiligtumsfahrten gefertigt hat. Tobias Schroeder leitet die Werkstatt. (c) Garnet Manecke
Thomas Sylla (r.) gehört zum Team, das die Pilgerkreuze für die Heiligtumsfahrten gefertigt hat. Tobias Schroeder leitet die Werkstatt.
Datum:
2. Mai 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 18/2023 | Garnet Manecke

Tausende Pilger werden sich zu den Heiligtumsfahrten in Aachen, Kornelimünster und Mönchengladbach auf den Weg machen. Viele Gruppen werden individuell gestaltete Pilgerkreuze dabei haben. Die Rohlinge wurden in der Schreinerei des Volksvereins in Mönchengladbach gefertigt. Ein Werkstattbesuch.

Thomas Sylla sitzt am Werktisch und arbeitet konzentriert. In der Hand hält er einen Rohling für das Aachener Pilgerkreuz. Das Kreuz ist in seiner Form speziell: Der waagerechte Balken ist ein Pfeil, der den Pilgern später die Richtung weist. Thomas Sylla hält den Rohling in der rechten Hand, während er mit der linken eine Feile über die Kanten führt. Mit jedem Strich rieselt etwas Holzstaub auf den Boden. Eine Weile braucht Sylla, dann sind die Kanten nicht mehr eckig, sondern rund und fühlen sich in der Hand gut an. 600 dieser Kreuze sind in der Volksvereins-Schreinerei hergestellt worden. Thomas Sylla und seine Kollegen haben ihnen den Feinschliff gegeben.

Schon für die Heiligtumsfahrt 2014 hat das Volksvereins-Team die Pilgerkreuze für die Heiligtumsfahrt hergestellt. Waren es damals nur Kreuze für Aachen, so werden nun auch Modelle für die Heiligtumsfahrt in Mönchengladbach gefertigt. Die spiegeln das Motto „Verwoben“ wider. „Die Kreuze sind kleine Webrahmen“, sagt Tobias Schroeder. Der Schreinermeister leitet die Holzwerkstatt. Während die Aachener Pilgerkreuze einfach nach einer vorgefertigten Schablone gefertigt wurden, benötigte die Herstellung der Mönchengladbacher Kreuze im Vorfeld etwas Tüftelei.

Weil der Kettfaden für das große Kreuz stärker sein musste, verzog sich anfangs das Holz. (c) Tobias Schroeder
Weil der Kettfaden für das große Kreuz stärker sein musste, verzog sich anfangs das Holz.

„Wir haben erst beim Bauen gemerkt, dass die Zahl der Kettfäden ungerade sein muss, damit dort später mit dem Schiffchen der Schussfaden ordentlich durchlaufen kann“, sagt Schroeder. Elf Fäden befinden sich nun auf den Kreuzen. Um die Fäden zu spannen, wurden auf jedes Kreuz kleine Kanthölzer geklebt, in die feine Löcher gebohrt waren. Mit Nadeln wurden die Kettfäden durch die Löcher in den Rahmenhölzern gezogen und mit Zahnstochern fixiert, damit sich nichts verzieht. „Das war eine ziemliche Fummelei“, sagt Schroeder. Geduld und ein gutes Auge habe das bei seinen Leuten gefordert.
Ein ganz anderes Problem ergab sich bei der Fertigung des großen Pilgerkreuzes. Über die Maße von 1,50 Meter Höhe und einer Breite von 1,07 Metern mussten die Kettfäden wesentlich stärker sein als bei den kleinen Kreuzen. „Für uns war die Frage, wo wir einen Faden herbekommen, der dauerhaft auf Spannung bleibt“, sagt Schroeder. Fündig wurden er und sein Kollege Gerhard Kirmaier im Gartencenter.

 

>>Ich bin sehr gespannt, wie die Webrahmen-Kreuze nachher aussehen.<<

Tobias Schroeder

 

Mit dem richtigen Faden aber war es bei Weitem nicht getan. „Wir haben dann gemerkt, dass sich unter der Spannung das Holz wölbte“, sagt Schroeder. Also musste auch da eine Lösung gefunden werden. Schließlich bestanden Holz und Faden alle Tests. Als sie sich auch nach drei Wochen nicht verzogen, wurde das große Pilgerkreuz gebaut. Derzeit geht es  durch die Mönchengladbacher Kindergärten und Schulen und wird dort bewebt.
Die Produktion der Pilgerkreuze ist schon einige Zeit her. „Eigentlich haben wir sie ja schon für 2021 gemacht, aber dann kam Corona dazwischen“, sagt Schroeder. Wie die Aachener Kreuze werden auch die Mönchengladbacher Pilgerkreuze ganz individuell gestaltet. „Ich bin sehr gespannt, wie sie nachher aussehen“, sagt Schroeder. 200 bis 300 Stück dieser Webrahmen-Kreuze wurden in den Kindergärten der Stadt verteilt.

07_May_A_02-03 B3a
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Für den Volksverein war die Produktion ein großer Auftrag, bei dem die Mitarbeitenden zeigen konnten, was sie können. Den Zuschnitt der Kreuze haben die Arbeitsanleiter übernommen. „Nicht jeder darf an die Maschinen“, sagt Schroeder. Für manche braucht man eine spezielle Schulung mit Zertifikat, um sie bedienen zu dürfen. Werkstattleiter Schroeder teilt seine Leute entsprechend ihrer Fähigkeiten ein. Damit aber die Einsatzmöglichkeiten möglichst breit gefächert sind, sind in einigen Sägemaschinen Feilblätter eingespannt. So ist die Verletzungsgefahr erheblich reduziert, und mehr Mitarbeitende können die Maschinen bedienen.

Mit der Produktion hat das Team einen aktiven Beitrag zu den Heiligtumsfahrten geleistet. Für die Beschäftigten, die auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum eine bis keine Chance haben, ist das ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung. „Ich bin immer wieder erstaunt, was für eine Gruppen-dynamik entsteht“, sagt Schroeder. Die Frauen und Männer helfen sich gegenseitig und spornen sich auch gegenseitig an, das Lieferdatum zu schaffen. „Wir können nicht so schnell produzieren, wie das kommerzielle Anbieter machen“, sagt Schroeder. „Aber wir können in einer guten Qualität produzieren.“ Das gilt auch für die Pilgerkreuze – trotz der Schwierigkeiten durch die Pandemie.

Thomas Sylla arbeitet längst an einem anderen Auftrag. Zurzeit feilt er an Kreuzen für die Erinnerungswand eines Altenheims und Ahornblättern für Taufen.