Was verbindet das Welthaus in Aachen,das Jugendhaus der Pfadfinderinnenschaft St. Georg in Krekel, einen Second-Hand-Laden bei Bologna, das Seminarhaus eines polnischen Naturschutzvereins und eine Begegnungsstätte auf einer Nilinsel?
Alle wurden im Rahmen eines Baucamps auf-, aus- oder umgebaut und renoviert. Organisiert werden die vom Internationalen Bauorden. Junge Menschen (und seit einigen Jahren auch Senioren) aus ganz Europa packen für zwei, drei Wochen als Freiwillige mit an und helfen sozialen und gemeinnützigen Einrichtungen, die sich den Bau, die Sanierung oder Renovierung ihrer Gebäude finanziell sonst nicht leisten könnten. In diesem Jahr hat alleine der deutsche Zweig 43 Baucamps mit 470 Teilnehmern in Deutschland und 25 mit gut 200 Teilnehmern im Ausland organisiert. International waren es 2018 etwa 180 Baucamps mit rund 2000 Freiwilligen. „Die Grundidee ist: Völkerverständigung über das gemeinsame Arbeiten und so junge Menschen aus Europa ein Stück näher zusammenzubringen“, erläutert Martin Feinendegen.
Der Ingenieur und akademische Direktor am Lehrstuhl für Geotechnik im Bauwesen an der RWTH Aachen ist Mitglied im deutschen Vorstand des Bauordens. An seinem ersten Baucamp hat er vor dem Studium teilgenommen. „Das war in der Schweiz, 13 Holländer und ich haben die Wasserversorgung für die Höfe einer Genossenschaft von Bergbauern gebaut. Eine coole Erfahrung.“ Danach habe er in fast allen Semesterferien an einem Camp teilgenommen.
Gegründet hat den Bauorden 1953 der niederländische Prämonstratenser-Pater Werenfried van Straaten. Beim Besuch in einem Lager für deutsche Flüchtlinge schenkte er einem kleinen Mädchen ein Heiligenbild, das sie zu Hause an die Wand hängen solle. Woraufhin ihm die Kleine erklärte: „Pater Werenfried, wir haben keine Wand.“ Danach motivierte er junge Menschen, überwiegend aus Belgien und den Niederlanden, beim Bau von Eigenheimen für Flüchtlinge und Vertriebene in Deutschland zu helfen. So sollte nicht nur die Wohnungsnot gelindert, sondern wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ein Schritt zur Versöhnung mit dem einstigen Feind getan werden. Der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Pater Werenfried hat es selbst einmal so umschrieben: „Der Bauorden begann als ein Werk der Versöhnung und der tätigen Nächstenliebe. […] Die Menschen sind viel besser, als wir denken, das haben in den zurückliegenden Jahren nicht zuletzt die vielen Baugesellen gezeigt.“ Glaube und die Solidarität mit dem Schwächeren würden hier ganz konkret.
Vieles hat sich seitdem gewandelt. In den Anfängen waren Frauen nur für die Verpflegung in den Camps zuständig, und es ging noch „kirchlicher“ in den Baucamps zu: mit Lagerkaplan und gemeinsamem Gebet. Heute ist es vor allem der christliche Geist, der die Camps prägt – ohne dass den meisten Teilnehmern dieser religiöse Aspekt bewusst sein dürfte. Sie wollen meist Ferien der anderen Art, neue Kontakte knüpfen, Land und Leute von einer weniger touristischen Seite aus kennenlernen, gemeinsam mit anderen anpacken und sich für eine gute Sache engagieren. So wie Elaria Alkemper, Pauline Bade, Laura Hülsdünker und Vera Vossebürger. Alle vier studieren oder haben in Aachen Bauingenieurswesen studiert und in diesem Jahr einen Teil ihres Urlaubs in einem Baucamp verbracht.
„Wir haben nicht wirklich gebaut, sondern in Spilamberto nahe Bologna geholfen, einen Second-Hand-Laden aufzubauen und das Haus zu renovieren“, berichtet Vera Vossebürger. Projektpartner war ein gemeinnütziger Verein, der sich lokal für Nachhaltigkeit und Recycling engagiert und Workshops für Jugendliche organisiert. Sie habe das schon länger machen wollen, im Studium aber nie die Zeit gefunden, berichtet die junge Bauingenieurin. Auch wenn ihr Camp eher untypisch gewesen sei, habe es doch viel Spaß gemacht, schon wegen der neuen Leute. Beim nächsten Mal würde sie gerne nach Osteuropa.
Dort in Korzeñsko, einem Dorf bei Breslau, war der Einsatzort von Pauline Bade und Laura Hülsdünker. Freunde hatten sie mit ihren Baucamp-Erfahrungen neugierig gemacht. Mit vier weiteren Deutschen, einem Spanier und Leuten von dem Verein haben sie geholfen, das Gebäude eines örtlichen Naturschutzvereins instandzusetzen. „Mit Ideen konnte man sich da gut einbringen“, erzählt Laura Hülsdünker. Sie hätten geholfen, wo gerade etwas angefallen sei, Fensterrahmen abgeschliffen und lackiert, ein Tor freigelegt… und wertvolle Erfahrungen gesammelt. „Ich weiß jetzt, wie man vernünftig mit einem Akkuschrauber und anderen Maschinen umgeht. Zu Hause war ich eher diejenige, die das Brett gehalten hat“, berichtet Pauline Bade. Neben der Arbeit seien auch die Freizeitaktivitäten nicht zu kurz gekommen, und sie hätten „das wahre Polen und seine Menschen“ kennenlernen dürfen.
Das exotischste Baucamp hatte Elaria Alkemper. Sie hat auf einer Insel im Nil nahe Assuan beim Bau eines Begegnungszentrums geholfen. Material und Werkzeug wurden vor Ort gestellt: „Wir hatten zwei Schubkarren, eine Spitzhacke und zwei Schaufeln. Mörtel haben wir selbst angerührt“, berichtet die Studentin. Gewöhnungsbedürftig war zunächst vor allem das Klima, 50 Grad, und auch Ägypten mit seiner „komplett anderen Kultur“. Ein Abenteuer, das sich für Elaria Alkemper aber gelohnt hat. „Man wird ganz anders aufgenommen als Helfer. Wir haben uns schnell gefühlt wie zu Hause, waren auf einer Hochzeit und hatten auch sonst die Möglichkeit, mit den Leuten dort ins Gespräch zu kommen.“ Für andere aktiv zu sein, war für alle eine gute Erfahrung, die sie gerne wiederholen würden.
Mehr zu Orden und Camps: www.bauorden.de