Gott macht keinen Unterschied

Beim Christopher-Street-Day in Aachen war zum zweiten Mal auch ein Stand katholischen Kirche mit dabei

Das Team des Bistumsstands:Ehepaar Schiffeler, Anita Zucketto-Debour, Miriam Daxberger und Christian Schröder (v. l.). (c) Andrea Thomas
Das Team des Bistumsstands:Ehepaar Schiffeler, Anita Zucketto-Debour, Miriam Daxberger und Christian Schröder (v. l.).
Datum:
16. Aug. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 33/2023 | Andrea Thomas

Es war bunt, laut, fröhlich, divers und queer beim Christopher-Street-Day (CSD) in 
Aachen. Auf dem Festgelände am Büchel hatten zahlreiche Verbände, Parteien und Einrichtungen ihre Stände, um sich vorzustellen und mit den Besucherinnen und Besuchern ins Gespräch zu kommen. Mitten dazwischen der Stand des Bistums Aachen.

Annähernd 5000 Menschen beteiligten sich an der Parade durch die Aachener  Innenstadt. (c) Andrea Thomas
Annähernd 5000 Menschen beteiligten sich an der Parade durch die Aachener Innenstadt.

Zum zweiten Mal hat eine Gruppe kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Veranstaltung genutzt, um (Regenbogen-) Flagge zu zeigen und mit Menschen aus der queeren Gemeinschaft in den Austausch zu kommen. Im vergangenen Jahr hätten sie von der Region Aachen-Stadt aus am CSD teilgenommen, erzählt Pastoralreferentin Anita Zucketto-Debour. „Das war eine gute Erfahrung.“

An die sie in diesem Jahr als Stand des Bistums Aachen anknüpfen wollten. Sie wollten ansprechbar als Kirche sein und das Anliegen einer queerfreundlichen, vielfältigen Gesellschaft unterstützen, erklärt Anita Zucketto-Debour. Unterstützung in der Sache, aber auch finanziell erhalten sie dabei vom regionalen Pastoralrat. Über die Pfarrei St. Jakob, deren Pfarrkirche direkt neben den Räumen von „Rainbow e.V.“, dem Veranstalter des CSD, liegt und die eine gute Nachbarschaft miteinander pflegen, ist zudem ein guter Kontakt in die queere Gemeinschaft entstanden. Der dazu führte, dass sie diesmal auch „ein wenig mitgeholfen haben“ bei Vorbereitung und Ablauf der insgesamt über drei Tage gehenden Veranstaltung zum Christopher-Street-Day. 

Von Segensfeier bis Stammtisch

Viele blieben stehen an diesem Samstagnachmittag, dem Haupttag des CSD. Die einen waren neugierig, was Kirche hier macht, andere waren zunächst ein wenig skeptisch. Doch die meisten begegneten dem Team aus Seelsorgenden, die am Stand ansprechbar waren, aufgeschlossen und zeigten sich positiv beeindruckt von den Gesprächen und der Haltung ihrer Gesprächspartner. „Von Gott geliebt“ und dann vier Kästchen „hetero, queer, zölibatär, alle“ zum Ankreuzen mit einem dicken Kreuzchen bei „alle“, ist auf den Aufklebern  der Initiative „OutInChurch“ zu lesen, die es als Kleinigkeit zum Mitnehmen gab. Das bringe es auf den Punkt, meint Günter Schiffeler, Diakon in Eschweiler, einer der Seelsorgenden, die am Stand das Gespräch suchen. Denn Gott mache keinen Unterschied. Was von ihm geschaffen ist, ist von ihm gewollt.

Es bewegt sich etwas in Kirche, auch bei einigen Bischöfen, wie Aachens Bischof, der dem Thema aufgeschlossen gegenübersteht, meist jedoch ausgehend von der Basis. Im Bistum sind so mehrere Angebote entstanden: Die Möglichkeit eines Segens für gleichgeschlechtliche Paare in den beiden Aachener Regionen auf Initiative dreier Pastoralreferentinnen, aus der ein Netzwerk von Seelsorgenden geworden ist, die Segen anbieten. Organisiert vom Deutschen Katechetischen Verein findet regelmäßig ein queerer Stammtisch für Religionslehrkräfte statt. In einem geschützten, aber lockeren Rahmen soll hier ein Austausch miteinander möglich sein. Eine Ebene, die Anita Zucketto-Debour, die das Mentorat für Lehramtsstudierende der katholischen Religion an der RWTH Aachen leitet, sehr wichtig ist. „Durch die Veränderung der Dienstordnung haben sie eine andere Möglichkeit, sich in die Öffentlichkeit zu trauen, aber die Situation ist noch immer schwierig.“ 

Die Gedenktafel auf dem Münsterplatz, die im Rahmen des CSD enthüllt wurde, erinnert an die Verfolgung queerer Menschen in der NS-Zeit. (c) Andrea Thomas
Die Gedenktafel auf dem Münsterplatz, die im Rahmen des CSD enthüllt wurde, erinnert an die Verfolgung queerer Menschen in der NS-Zeit.

Mit der Arbeitsgemeinschaft Queer ist zudem ein Netzwerk entstanden, das ins Bistum hineinwirken will, damit mehr Offenheit queeren Menschen gegenüber nicht nur auf dem Papier stattfindet. Dazu brauche es eine stückweite Institutionalisierung, beispielsweise in einer Person, die für Gleichstellung zuständig ist und Einstellungsgespräche mitbegleitet. Und nicht zuletzt ist Kirche immer auch Spiegel der Gesellschaft und kommt in ihren Einrichtungen und Institutionen mit Menschen in ihrer gesamten Vielfalt in Kontakt. Hier aufzuklären und für Vielfalt und Toleranz zu sensibilisieren, ist den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft ebenfalls ein Anliegen.

Bevor die bunte Party mit einer Parade durch die Innenstadt startete, war am kleinen Münsterplatz eine Tafel enthüllt worden, die an die Verfolgung queerer Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus erinnert. Hier gab es auch nach 1933 noch zwei Lokale, die von Schwulen als geheime Treffpunkte genutzt wurden, wie Historiker Holger A. Dux von der Volkshochschule Aachen ausführte. Unter den Gästen der Enthüllung war – sehr zur Freude der Veranstalter – auch Bischof Helmut Dieser. Auch das ein positives und wichtiges Zeichen.

Informationen unter www.rainbow-aachen.de