Sie begleitet das Allerheiligste bei der Fronleichnamsprozession und bei der Prozession auf den Heiligenberg während der Irmgardis-Oktav. Und das mittlerweile seit 125 Jahren.
Die Eucharistische Ehrengarde Süchteln wurde 1900 vom Kaplan Hochscheidt, der aus Essen an den Niederrhein gekommen war und die Idee der Eucharistischen Ehrengarde mitbrachte, aus Mitgliedern der St.-Clemens-Schützenbruderschaft gegründet. Die Schützenbruderschaft gibt es nicht mehr, die Eucharistische Ehrengarde besteht noch. Im Bistum Aachen ist sie die einzige ihrer Art. „Soweit wir wissen“, erzählt Stefan Lennackers, der aktuelle Oberst der Ehrengarde. Mit Burkhard Schroers, Guido Grefen und Peter Scheepers blickt er auf die Geschichte der Garde zurück.
Essen gilt als Keimzelle der Eucharistischen Ehrengarden. Im heutigen Bistum Essen gibt es einen eigenen Diözesanverband. Das Geleit der Eucharistie bei Prozessionen übernahmen ursprünglich St.-Sebastianus-Schützenbruderschaften. Doch durch den Einfluss des Kulturkampfs und durch die Industrialisierung, in der auch Menschen aus nicht-katholischen Gebieten auf der Suche nach Arbeit ins Ruhrgebiet einwanderten, wandten sich die Bruderschaften zunehmend weltlichen Festen zu, der Ehrendienst bei Prozessionen trat in den Hintergrund. Diese Lücke füllten die Eucharistischen Ehrengarden, die sich Ende des 19. Jahrhunderts gründeten. 40 Eucharistische Ehrengarden gibt es im Bistum Essen heute noch, einige Ehrengarden haben sich inzwischen auch für Frauen geöffnet.
Soweit sind die Süchtelner noch nicht. Insgesamt zählt die Ehrengarde 22 Mitglieder, davon sind 15 aktive Mitglieder, also diejenigen, die in der Prozession mitgehen. Wer Mitglied werden möchte, muss 18 Jahre alt sein und sich offiziell um die Mitgliedschaft bewerben. Dann finden geheime Wahlen statt. Abgestimmt wird mit weißen und schwarzen Bohnen – „das ist ein bisschen wie bei der Papstwahl“, fügt Guido Grefen hinzu. Vor 125 Jahren waren die Anforderungen an neue Mitglieder deutlich umfassender. „Man musste beim Militär gedient haben, aus Süchteln stammen und mindestens 1,65 Meter groß sein“, zählt Burkhard Schroers auf.
42 Mitglieder zählte die Eucharistische Ehrengarde bei ihrer Gründung. Auch die Gliederung innerhalb der Garde mutet militärisch an. Der erste Vorsitzende ist der Oberst, der zweite Vorsitzende der Adjutant, dann kommen Kassierer, Schriftführer und die Kammeroffiziere dazu. Aus ihnen generieren sich der Fahnenträger und die Träger des Baldachins, der den Geistlichen bei der Prozession beschirmt. Ehrenoberst ist der jeweilige Pfarrer an St. Clemens. Die Uniform ist seit den Gründungsjahren unverändert. Ein schwarzer Gehrock, als Festkleid der Bürger, schwarze Anzughose, schwarze Schuhe, weiße Handschuhe, der Zweispitz mit weißem Federbüschel, Fangschnüre, dreifarbiger Gürtel und Schärpe – Fahnenträger und Baldachinträger tragen zweifarbige Schärpen – und Degen. Die Fahne stammt aus dem Jahr 1914, handbestickt mit Gold- und Silberfäden in der Paramentweberei Hubert Gotzes in Krefeld. Die Vorderseite zeigt den Gardestern, die Rückseite das Allerheiligste.
Die Mitglieder waren und sind mit dem Gemeindeleben verbunden, waren Messdiener, singen im Chor, sind Lektoren oder gehören anderen Schützenbruderschaften an. Eine Fahnenabordnung ist auch bei der Erstkommunion dabei, die Gardisten helfen beim Aufbau der Irmgardisoktav mit, kümmern sich um die Sitzgelegenheiten vor der Kapelle. Beim Weihnachtsbasar der Gemeinde verkauft die Ehrengarde Erbsensuppe.
„Unsere Aufgabe ist es, die Ehrfurcht vor dem Heiligen sichtbar und deutlich zu machen“, beschreibt Stefan Lennackers das Besondere dieses Dienstes. Das zweite ist die Gemeinschaft. Einmal im Jahr lädt die Ehrengarde zu einem Familienabend ein, darin eingeschlossen sind auch die Witwen der verstorbenen Mitglieder. Daneben festigen Einkehrtage das Gemeinschaftsgefühl.
Ihr 125-jähriges-Bestehen feiert die Eucharistische Ehrengarde am 15. Juni. Am Morgen ist eine Festmesse in der Kirche St. Clemens geplant. Nachmittags lädt die Ehrengarde in ihre Stammkneipe ASV Bistro in Süchteln ein. „Wir gehören zur Kirche, also feiern wir auch hier“, sagt Stefan Lennackers. Mit dem Fest hofft die Ehrengarde auch ein wenig die Werbetrommel für sich zu rühren, neue Mitglieder zu gewinnen. Die Einführung der Pastoralen Räume ist eine weitere Herausforderung. Wie werden die Fronleichnamsprozessionen zukünftig organisiert und würden die Mitglieder der Ehrengarde auch Prozessionen außerhalb Süchtelns begleiten? „Warten wir es ab“, sagt Stefan Lennackers.