Der Synodale „Heute bei dir“-Prozess bereitet Veränderungen im Leben der Kirche im Bistum Aachen vor. Das betrifft die beruflich und ehrenamtlich Engagierten, aber auch Menschen, die einfach den Gottesdienst besuchen oder auf andere Weise dabei sind. Nicht alle haben sich bisher intensiv mit dem Prozess auseinandergesetzt. Pfarrer Thorsten Aymanns, Geschäftsführer des Synodalkreises, und Dorothée Schenk erklären daher die wichtigsten Begriffe und Abläufe, die zunächst vielleicht befremdlich und sperrig wirken.
ist ein griechisches Wort und heißt übersetzt „gemeinsam auf dem Weg“. Syno-
dalität ist in der Kirche die notwendige Ergänzung zur Hierarchie. Thorsten Aymanns erläutert: „Menschen sind miteinander im Gespräch unterwegs. Am Ende des Weges haben sie eine gemeinsame Lösung gefunden. Das Zuhören und Verstehen ist hierbei wichtiger als das Reden. Es werden nicht alle Beteiligten ihre Interessen durchgesetzt haben, aber sie haben alle ihre Anliegen vorgebracht und können die gefundenen Ergebnisse mittragen.“ Das gelte auch für unseren Bischof. Er hat klar gesagt: „Ich möchte nicht alleine entscheiden.“ Der Unterschied zur Demokratie sei, dass dort ein Mehrheitsentscheid reicht. Minderheiten könnten überstimmt werden. Thorsten Aymanns: „Synodalität möchte keine Verlierer. Das ist der Anspruch, den wir einzulösen versuchen. Papst Franziskus fordert uns auf, auch weltweit immer mehr eine synodale Kirche zu werden. Im Bistum Aachen haben wir uns schon auf diesen Weg gemacht und wollen ihn weitergehen. Mir persönlich ist es ganz wichtig, dass wir Synodaliät immer auch geistlich gestalten, also vor allem fragen: Was erwartet Gott von uns heute und hier? Diese Frage versuchen wir zu beantworten – in der Diskussion und im Gebet.“
Zur Synodalität gehört die Beteiligung möglichst vieler. 2017 in der Silvesterpredigt hat Bischof Dieser einen „Synodalen Gesprächs- und Veränderungsprozess“ angekündigt. In allen acht Regionen ging es mit einem „Meet & Eat“ mit jeweils etwa 100 bis 120 Gästen und in „Küchentischgesprächen“ los. Drei Themenforen mit noch einmal rund 100 bis 300 Interessierten sowie zusätzliche Expertenrunden und Umfragen wurden initiiert. 21 Teilprozessgruppen, für die sich Gläubige im Bistum Aachen bewerben konnten, wurden gebildet und mit je acht bis zwölf Menschen besetzt. So wurden die wichtigsten Anliegen der Menschen im Bistum Aachen gesammelt. Damit konnte 2020 die zweite Phase – „Wir wollen uns verändern“ – starten. Thorsten Aymanns: „Ähnliche Projekte beginnen jetzt in der ganzen Weltkirche. Das ist sehr erfreulich, aber aus unserer Sicht gerade auch etwas
verwirrend, wenn so vieles gleichzeitig läuft.“
Sie arbeitet bis Ende März 2022. Die Aufgabe der Lenkungsgruppe war es, die im „Gesprächsprozess“ gesammelten Themen wahrzunehmen und zu strukturieren. Sie beauftragte und begleitete die Arbeit der Basis-AGs zu den Schwerpunktthemen und die Arbeit an den Querschnittthemen.
Acht Basis-Arbeitsgruppen haben sich mit den Themen „Gottesdienst, Gebet und Katechese“, „Orte von Kirche“, „Weiterentwicklung pastorale Räume“, „Willkommens- und Kommunikationskultur“, „Gendergerechtigkeit“, „Diakonische Verantwortung“, „Leben und Glauben von Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ und „Charismen-Orientierung im Ehrenamt“ beschäftigt. Im gemeinsamen Abstimmungsprozess mit den Räten wurde deutlich, dass drei Themen nicht nur in allen Basis-AGs, sondern auch als wichtige Themen für die Zukunft einer eigenen Bearbeitung wert sind: Ökumene, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Die Roadmaps sind das Arbeitsergebnis der Basis-AGs. Man könnte den Begriff übersetzen mit Fahrplan oder Landkarte. Thorsten Aymanns erläutert das Verfahren an einem konkreten Beispiel: „Es soll Jugendarbeit vor Ort intensiviert werden. Dazu gehört dann die Beantwortung der Frage, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Im Einzelnen: Welche Schritte sind dazu nötig? Wer muss beteiligt werden? Wer muss einen Auftrag dafür bekommen? Wie ist eine Umsetzung möglich, wenn die Ressourcen begrenzt sind – an Aktiven und Finanzen?“ Kurz: Die Arbeitsgruppen beschreiben Ziele und Wege, wie sie diese erreichen wollen. Hierzu sollten sie jeweils drei alternative Modelle aufzeigen. Die Roadmaps waren zunächst Entscheidungsgrundlage für den Synodalkreis. Sie werden auch eine der Arbeitsgrundlagen für die Zukunft sein.
Der Synodalkreis berät über die Ergebnisse der Basisarbeitsgruppen und der Querschnittthemen. So entstehen die Richtungsentscheidungen für die Zukunft des Bistums Aachen. Alle wesentlichen Gruppierungen unseres Bistums sind hier vertreten. Mit Bischof und Generalvikar treffen sie die wesentlichen Richtungsentscheidungen für das Bistum Aachen. Thorsten Aymanns: „Lernen Sie die Mitglieder des Synodalkreises und ihre Arbeit auf unsere Homepage kennen: heutebeidir.de“.
Natürlich brauchen viele Einzelentscheidungen ein gemeinsames Ziel. Thorsten Aymanns: „Der Kompass, den sich der Synodalkreis gegeben hat, hilft, alle Beschlüsse unter anderem zu messen am Dreiklang Freiheit, Begegnung und Ermöglichung – Prinzipien des Handelns Jesu und Wegweiser auch für die Zukunft des Bistums Aachen.“
Im Synodalkreis wird im Konsentverfahren entschieden. Das bedeutet: Alle Beteiligten müssen zustimmen – das gilt auch für den Bischof. Am Ende des Verfahrens kommt er darum nicht in die Situation, dass er sich zu der Entscheidung „verhalten“ muss, erklärt Thorsten Aymanns, sondern hat gleichberechtigt mitentschieden. Der Bischof kann so die Beschlüsse mit-tragen und sie sich „zu eigen“ machen. Schwerwiegende Einwände kann er bereits während des Entscheidungsprozesses einbringen. Diese müssen dann – wie die jedes anderen Mitgliedes auch – in die Entscheidung integriert werden. „Auch das ist Synodalität im besten Sinne.“
Sie ist besetzt mit allen diözesanen Räten und weiteren Beteiligten des Prozesses sowie der Bistumsverwaltung, insgesamt mehr als 150 Personen. Formal gibt es zwei Synodalversammlungen, wobei die zweite wegen der Fülle der Themen an zwei Tagen (26. März und 2. April) stattfindet. Den Abschluss bilden die Voten der Räte, die diese im Rahmen der Synodalversammlung getrennt je Rat einzeln abgeben. Sollten diese von den bisherigen Beschlüssen des Synodalkreises abweichen, trifft sich der Synodalkreis zur erneuten Beratung und Entscheidung. Dieses Verfahren sichert die Beteiligung der Räte. Dies ist inhaltlich angemessen, aber auch kirchenrechtlich notwendig. Erst nach diesen Beratungen wird der Bischof die Beschlüsse verkünden.
Anschaulich erklärt es Thorsten Aymanns so: „In jeder Fabrik wird eine Umbauphase eingeplant, wenn die Produktion umgestellt wird. In der Kirche können wir aber aus gutem Grund nicht einfach Pause machen und den Menschen sagen: ‚Ihr wartet jetzt mal ein Jahr, bis wir mit dem Umbau fertig sind.‘ Unsere Dynamik lässt das nicht zu. Gerade in der Veränderung sollen alle gut begleitet sein. Ein Anspruch, der sicher nicht immer einlösbar ist. Wir werden auch um Geduld und Verständnis bitten müssen, wenn nicht alles auf Anhieb rund läuft. Wichtig ist: Wir wollen bei all dem auch in Umbruchszeiten bei den Menschen sein und gemeinsam in eine gute Zukunft gehen. Dazu gehört für uns immer die Frage: Wie kann gut Beteiligung vor Ort gelingen auch in die Zukunft hinein? Die Inhalte haben viel mit unseren ehrenamtlich Engagierten, den Räten und Gremien auf allen Ebenen zu tun. Wir müssen ermöglichen, dass engagierte Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher, Mitglieder in den Pfarrei- und GdG-Räten, und viele andere auch zukünftig motiviert mitmachen können. Wir alle werden uns vernetzen mit Orten von Kirche, die heute vielfältiger sind. Aber nicht die Strukturen sind das Wichtigste. Sie müssen den Inhalten und Zielen des Prozesses dienen, und wir müssen dabei immer das Ohr am Evangelium und den Menschen haben.“