Glauben mit den Händen leben

Konzener Förderverein unterstützt das Lebenswerk von Bruder Theo Call, dem „Hokwa aus Kabanga“

Theo Call mit dem Herzstück der Stromversorgung, dem im Schwarzwald hergestellten Generator. Viele Abnehmer warten darauf, dass sie bald nachts nicht mehr im Dunkeln sitzen müssen. (c) Martin Krings
Theo Call mit dem Herzstück der Stromversorgung, dem im Schwarzwald hergestellten Generator. Viele Abnehmer warten darauf, dass sie bald nachts nicht mehr im Dunkeln sitzen müssen.
Datum:
21. Jan. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 03/2021 | Berthold Strauch

Die tiefe, sonore Stimme klingt kraftvoll und entschlossen. Und auch die typische Eifeler Sprachfärbung ist immer noch gut herauszuhören. Bruder Theo Call, vor 82 Jahren in Konzen geboren, lebt heute in der Gemeinschaft der Afrika-Missionare in Trier. Mit Herz und Kopf sowie seiner unbändigen Energie ist er aber immer noch tief in Afrika. Dort, wo er ein halbes Jahrhundert gelebt und gewirkt hat, und im Wortsinn seinen Glauben mit seinen Händen gelebt hat.

Koordinieren von Konzen aus die Hilfe für Kabanga: Martin Krings mit seiner Frau Elke, die ein originales „Souvenir“ in Händen hält, einen afrikanischen Besen. (c) Berthold Strauch
Koordinieren von Konzen aus die Hilfe für Kabanga: Martin Krings mit seiner Frau Elke, die ein originales „Souvenir“ in Händen hält, einen afrikanischen Besen.

Die Menschen, um die er sich in dieser langen Zeit gekümmert hatte, haben es ihm gedankt: mit einer Ehrenbezeichnung, die nachhallt. Bruder Theo, der „Hokwa aus Kabanga“: Er ist „der starke Mann“, der in Tansania, in einer ärmlichen Gegend nahe dem Tanganjikasee, Zeichen der Hoffnung gepflanzt hat, eine große Lebensleistung, die ihresgleichen sucht. Ein Werk, das weiter ausstrahlt, auch wenn Bruder Theo inzwischen rund 7600 Kilometer davon entfernt seinen Lebensabend verbringt. Von Trier aus hält er Verbindung zu „seinem“ Kabanga im Bistum Kigoma. Meist durch handschriftliche Briefe, die er dann nach Konzen schickt, bis zu 20 im Monat. Adressiert sind sie an Martin und Elke Krings. Die beiden Eifeler sind die treibenden Kräfte des von ihnen ins Leben gerufenen „Fördervereins Bruder Theo Call, Weißer Vater der Afrika-Missionare“.

Denn die Arbeit, die Bruder Theo begonnen hat, geht unvermindert weiter, wird entschlossen fortgeführt von Menschen, von Einheimischen, die Bruder Theo angelernt, geschult, geprägt hat. Damit hat er das gemacht, was Missionsarbeit eigentlich ausmachen sollte: Hilfe zur Selbsthilfe geben, damit die Menschen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen können. Das Allround-Talent hat drei Berufe von der Pike auf gelernt. Bruder Theo lernte in Konzen in jungen Jahren zuerst Huf- und Wagenschmied. Später kam im Fernstudium der Bautechniker hinzu. Außerdem legte er in Köln eine Gesellenprüfung als Autoschlosser ab. All diese Tätigkeiten qualifizierten ihn dafür, in Tansania ein ganzes Netzwerk von Werkstätten aufzubauen und zu betreiben, die dazu beitragen, die Lebensverhältnisse dort entscheidend zu verbessern.

Die Briefe, mit denen Bruder Theo auch von Trier aus das Band der Unterstützung nicht abreißen lassen möchte, tippt Elke Krings in den Computer. Und per Mail reisen sie dann an seine alte Wirkungsstätte. Dass dies gelingen kann, auch dafür hat Bruder Theo mit die technischen Voraussetzungen geschaffen: Er sorgte dafür, dass Kabanga und Umgebung erst Zugang zu Strom erhielten und damit dort Computer zum Einsatz kommen können. Elektrizität erzeugt eine Wasserturbine, die die Energieversorgung sichern soll.
Bruder Theo musste sein Werk in Afrika unvollendet zurücklassen. Fast Hals über Kopf musste er krankheitsbedingt seine Wahl-Heimat Kabanga verlassen und sich in Deutschland mehreren Operationen, unter anderem am Herzen, unterziehen. Seither ist seine Beweglichkeit eingeschränkt. Er ist derzeit auf einen Rollstuhl angewiesen. Bruder Theo fügt sich ins Unvermeidliche, nicht mehr dort sein zu können, woran sein Innerstes  hängt. Hat er überhaupt noch Hoffnung, eines Tages an seine geliebte Wirkungsstätte zurückkehren zu können? „Die Hoffnung wird immer kleiner“, bekennt der 82-Jährige, wegen Corona erst recht.

Martin Krings hat mit seiner eigenen Hände Arbeit nach Kräften versucht, zumindest die Stromproduktion in Kabanga dauerhaft ans Laufen zu bekommen und damit die wertvolle Arbeit von Bruder Theo in Tansania fortzuführen. Mit Ehefrau Elke (57) ist der 61-Jährige zigfach nach Afrika geflogen, um anzupacken. Der gelernte Schlosser und Schmied, der im Gewerbegebiet an der Imgenbroicher Hans-Georg-Weiss-Straße eine eigene Werkstatt aufgebaut hat, hat sich an seinem 50. Geburtstag beruflich „befreit“. Er übergab nach der Feier seine Werkstatt dem Nachfolger und brach fortan im wahrsten Sinne zu neuen Ufern auf.

Dass er in seiner damaligen Werkstatt auch die erste persönliche Begegnung mit Bruder Theo Call hatte, war ihm erst gar nicht bewusst. Mit einem Helfer wollte Bruder Theo bei Krings Material sammeln, Eisenstücke und Schrauben etwa, die er in seinen eigenen Werkstätten in Kabanga gut brauchen konnte. Das machte er immer so, wenn er alle fünf Jahre zum Heimatbesuch nach Konzen kam. Krings hatte sich damals eher weniger um ihn gekümmert, ihm aber zugestanden, dass er sich frei bedienen könne im Materiallager. Es „klickte“ erst so richtig, als Krings einen Vortrag von Bruder Theo in der Pfarrei St. Pankratius besuchte, wo jener um weitere Unterstützung warb. Derzeit glimmt die Flamme der Unterstützung gezwungenermaßen weniger hell.  Eigentlich wollte das Ehepaar längst wieder nach Tansania reisen, um das Begonnene fortzusetzen und zu vollenden. Geplant ist, die Koffer zu packen und in den Flieger zu steigen, sobald Reisen uneingeschränkt wieder möglich sein wird.

Das Material, um den Netzanschluss herzustellen, ist längst vor Ort. Auch hierbei hat die Sammelleidenschaft von Bruder Theo und den Verantwortlichen des Fördervereins tüchtig geholfen. So konnte Martin Krings schon vor längerer Zeit Restbestände von Kabeln und anderen technischen  Gegenständen „organisieren“, als der Stromversorger RWE sein Lager in der Stadt Monschau auflöste. Im vollgepackten Container wurde dieses Material per Schiff auf die weite Reise nach Afrika geschickt, wo es jetzt auf seinen Einsatz wartet.
„Bruder Theo Call ist nicht zu ersetzen“, räumt Martin Krings unumwunden ein, auch wenn viele Helfer sich vor Ort kümmerten, dass es weitergehe. Dazu kann der Förderverein in Konzen jeden Euro gebrauchen, um die weiteren Prozesse mit zu finanzieren. Jede Spende komme an, versichern Martin Krings und seine Frau Elke. Für die Verwaltungskosten werde nichts abgezweigt, diese würden aus eigener Tasche bezahlt.

 
Spendenaufkommen ist in der Coronazeit eingebrochen

Ansprechpartner für die Konzener Helfer sind insbesondere der Bischof der Diözese Kigama, Joseph Mlala, zu der Kabanga gehört, außerdem die Leiter der Einrichtungen wie eines Krankenhauses, Schulen und Priesterseminaren, deren Gebäude Bruder Theo Call selbst geplant und mit seinen afrikanischen Helfern hochgezogen hat. Diese Arbeit sichert vielen Menschen ihren Lebensunterhalt. 

Es gibt immer noch genug zu tun, um denen zu helfen, die durchs Raster fallen und sich nicht selbst helfen können. Das gilt insbesondere für Alte und Kranke,  von denen einige von ihren Familien verstoßen werden. Auch für den Schulunterricht fehle den jungen Leuten vielfach das notwendige Geld. Martin Krings: „Jede finanzielle Unterstützung wird dazu verwendet, die Schwächsten zu begleiten und Stück für Stück gezielt zu unterstützen.“ Natürlich ist in den vergangenen Coronamonaten auch das Spendenaufkommen für den Förderverein schmerzlich zusammengeschmolzen.

Bruder Theo Call macht deutlich, worum es ihm in seiner Arbeit immer gegangen sei: „Ich habe es nicht für mich selbst gemacht, immer nur für andere.“ Somit würde er sich für die Sache sehr darüber freuen, wenn der stockende Spendenfluss wieder spürbar anschwillt, wenn es wieder „normale“ Zeiten geben werde, auch wenn er selbst nicht mehr in Kabanga sein könne. „Die Arbeit trägt weiter.“ Und wie bewertet er die Unterstützung durch den Förderverein mit seinen rund 600 Mitgliedern in der gesamten Eifel und mit Martin und Elke Krings an der Spitze? „Sie machen es wunderbar!“, ist er dem Ehepaar überaus dankbar. Hat er noch einen persönlichen Wunsch? „Keinen – bis auf den, dass ich wieder ganz gesund werde.“ Diese Hoffnung will Bruder Theo nicht aufgeben. Und: „Dass die Turbine bald richtig und dauerhaft laufen wird.“

Martin Krings verspricht, dies nach Möglichkeit zu gewährleisten. Indem er wie so oft mit seiner eigenen Dynamik kräftig zupackt, in Kabanga, mitten im afrikanischen Busch. 

 

Info

Martin Krings übt eine Fülle von Ehrenämtern aus, etwa als Sachverständiger Metallbau für gerichtliche Gutachten bei der Handwerkskammer Aachen, beim Landessozialgericht Essen und Landesarbeitsgericht Köln als Beisitzer und im Kirchenvorstand von St. Pankratius Konzen. In dieser Funktion hat er die jüngste  Umgestaltung der Pfarrkirche betreut und die Bauleitung übernommen.

Ende 2019 sammelte Martin Krings zu seinem 60. Geburtstag Spenden für den Förderverein Bruder Theo Call. Mehr als 10000 Euro kamen zusammen. Ein Beispiel, das Nachahmer fand, etwa bei Kommunionkindern und der Abiturientia des Monschauer St.-Michael-Gymnasiums. Krings geht gerne auf Wunsch in die Schulen und erzählt über die Arbeit – wenn denn die Zeiten hoffentlich bald wieder normal sind.
Mehr Informationen, auch zu Spendenmöglichkeiten, unter www.brudertheo.de.