Glaube findet sta(d)tt

Zum sechsten Mal organisieren die christlichen Kirchen in Krefeld den Wallgang – mit Neuheiten

Auf dem Neumarkt werden die vier Kreuzteile, die die Teilnehmer der vier Wallprozessionen getragen haben, zusammengesetzt. (c) Andreas Bischof
Auf dem Neumarkt werden die vier Kreuzteile, die die Teilnehmer der vier Wallprozessionen getragen haben, zusammengesetzt.
Datum:
3. Sept. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 36/2024 | Chrismie Fehrmann

Die Gläubigen der christlichen Kirchen wollen aufeinander zugehen, sich mischen und im Krefelder Stadtbild zeigen. Das ist die Absicht des sechsten Wallgangs, der unter der Überschrift „Glaube findet Sta(d)tt“ mit dem Untertitel „Vergnügt, erlöst, befreit“ anders als seine Vorgänger daherkommt.

Die Flaggentänzer sind bei den Wallgängen schon ein fester Programmpunkt und waren auch diesmal dabei. (c) Andreas Bischof
Die Flaggentänzer sind bei den Wallgängen schon ein fester Programmpunkt und waren auch diesmal dabei.

Schnell wird klar, dass dieser Ansatz der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Krefeld und Meerbusch (ACK) mehr als geglückt ist. Dabei ist es eigentlich ein Versehen: Pfarrer Vasile Sebastian Zaverjinschi der Rumänisch-Orthodoxen Gemeinde ist irrtümlich zum „falschen“ Treffpunkt, dem der Katholiken, an den Westwall gekommen. Letztendlich hat er doch alles richtig gemacht. Denn so werden Ikone und Rosenkranz nebeneinander durch die Straßen getragen.

Es sind vier Prozessionen mit Angehörigen der Evangelischen Landeskirche, der Freikirchen, von Orthodoxen und Katholiken, die über die Wälle aus allen Himmelsrichtungen zu einem heiteren Glaubensfest zum Neumarkt ziehen.
„Es ist jedoch vor allem ein Aufeinanderzugehen“, sagt Teilnehmerin Elke Hechler. Ihr Mann, Rolf-Bernd Hechler, trägt eines von vier hölzernen Teilen, die am Ende des Weges zum gemeinsamen christlichen Symbol, dem Kreuz, zusammengesetzt werden.
Auf dem Westwall treffen sich die Katholiken mit Kaplan Christoph Glanz von der Kirchengemeinde St. Anna zur kurzen Andacht. „Wir wollen sichtbar machen, was uns bewegt und zusammenbringt“, sagt er. Schwester Regina Maria von den Franziskanerinnen liest die Lesung und hält den Rosenkranz in Händen.

Plakate werden hochgehalten: „Herr, gib uns deinen Frieden“ und „Jesus hat ein Herz für Dich“ steht darauf. Phoebe Dreißig und Günther Bock sind als Teilnehmer dabei: „Wir gehen mit, um den Namen Jesu und auch die Stadt groß zu machen, dass sie gesegnet wird. Krefeld braucht Jesus für die Stadtentwicklung und die Bevölkerungsstruktur.“ Bock nutzt einen Rollator.

Dann geht es mit den christlichen Symbolen in Händen los. Die Gäste in den umliegenden Straßencafés blicken interessiert auf die Prozessionen, die singend und Fahnen schwingend – „Wir wollen Flagge zeigen, für den Glauben“ – bei ihnen vorbeiziehen, und fragen nach, was da passiert. Sie finden die Aktion durchweg „gut“. Die Absicht, bei diesem Sternmarsch durch die Stadt sichtbarer zu werden, hat geklappt.

Schließlich sind es knapp 200 Gläubige, die in Begleitung von großem Glockengeläut gegen 12 Uhr auf dem Neumarkt zusammentreffen. Die Träger der Kreuzteile stehen vor der Bühne im Vordergrund und sagen. „Wir sind stolz, die Ehre zu haben, sie tragen zu dürfen.“ Und mit einem Lächeln: „Sie sind mit Sicherheit leichter als die von Golgota.“
Superintendentin Barbara Schwahn freut sich in ihrem Grußwort, dass die Kirchen hier von allen vier Wällen ausgehend zusammenfinden. „Ich möchte unser Friedensgebet, das wir seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine in der Alten Kirche durchführen, heute hierher verlegen.“

Der Gospelchor Family of Hope gestaltete das Programm des sechsten Wallgangs mit Gesängen. (c) Andreas Bischof
Der Gospelchor Family of Hope gestaltete das Programm des sechsten Wallgangs mit Gesängen.

Oberbürgermeister Frank Meyer erklärt, dass die Aktion von Jahr zu Jahr ausgefeilter werde und dass sie schön sei, um die gute Botschaft in das Herz der Innenstadt zu tragen. „Die Menschen brauchen Zusammenhalt aus vollem Herzen 
in einer pluralen Gesellschaft. Deshalb müssen wir uns hier auch um diejenigen kümmern, die obdachlos sind.“

Dann fordert Meyer die Anwesenden auf, für die Menschen nach dem Anschlag in Solingen zu beten. „Sie feiern dort ihren 650. Stadtgeburtstag. Ein ähnliches Geschehen hätte uns im vergangenen Jahr auch ereilen können. Diese Ereignisse dürfen die Gesellschaft nicht spalten. Wir müssen stärker aus ihnen hervorgehen.“

 

Nach den ernsten Worten geht es heiter weiter mit einem schönen Programm und Gesang des Gospelchores Family of Hope. Das Kreuz, das mit einigen Hammerschlägen zusammen- und auf der Bühne aufgebaut ist, wird seinen Platz im Gebetshaus an der Breite Straße bekommen.

Das Fazit von Mitorganisator Hans-Joachim Hofer, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Krefeld und Meerbusch (ACK), fällt sehr positiv aus: „Unsere Entscheidung, nicht mehr nur über die Wälle zu gehen, sondern von den vier Standpunkten ausgehend unter dem Kreuz auf dem Neumarkt zusammenzukommen, war genau richtig. Jetzt müssen wir beim siebten Wallgang versuchen, junge Leute dazu zu gewinnen. Das kann mit mehr Musik gelingen.“