Gewürzt mit Glaube und Mut

Kochabend mit den libanesischen Gästen zum Weltmissionsmonat und Gemeindemitgliedern im Josef:a Eck

Bei Humus, Tabouleh und Linsen mit Zwiebeln und Reis versammeln sich Gäste, Gemeindemitglieder und Missio-Mitarbeiter um einen Tisch. (c) Andrea Thomas
Bei Humus, Tabouleh und Linsen mit Zwiebeln und Reis versammeln sich Gäste, Gemeindemitglieder und Missio-Mitarbeiter um einen Tisch.
Datum:
17. Okt. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 42/2023 | Andrea Thomas

Kochen schreibt man viele gute Eigenschaften zu, dazu zählen: Menschen zu verbinden, die sich vorher nicht kannten und Brücken zu schlagen zwischen Ländern und Kulturen. So auch zwischen den diesjährigen Gästen von Missio zum Weltmissionsmonat und Menschen aus der Pfarrei St. Josef und Fronleichnam in Aachen.

· Bei Humus, Tabouleh und Linsen mit Zwiebeln und Reis versammeln sich Gäste, Gemeindemitglieder und Missio-Mitarbeiter um einen Tisch. (c) Andrea Thomas
· Bei Humus, Tabouleh und Linsen mit Zwiebeln und Reis versammeln sich Gäste, Gemeindemitglieder und Missio-Mitarbeiter um einen Tisch.

Die Atmosphäre ist entspannt. Rund um die Küchentheke des „Josef:a Eck“ steht eine bunt gemischte Runde, schneidet Zwiebeln, Tomaten und Petersilie und unterhält sich dabei angeregt in deutsch, englisch und französisch. Die Leitung der kleinen Kochgruppe hat Danielle Aramouni. Tomaten, Zwiebel und Petersilie sind für die Vorspeise: Tabouleh. „Das ist bei uns ein beliebter Salat und gehört zu jedem sonntäglichen Familienessen“, erzählt Pfarrer Richard Abi Saleh.

Gemeinsam mit Danielle besucht er auf Einladung von Missio das Bistum Aachen. Beide kommen aus dem Libanon, neben Syrien in diesem Jahr Partnerland des Hilfswerks zum Monat der Weltmission. Genauer aus der Hauptstadt Beirut, wo Pfarrer Richard seit 13 Jahren die Gemeinde St. Maron leitet. Gemeinsam mit Gemeindemitgliedern hat er die Initiative „Drames et Miracles“ (Dramen und Wunder) gegründet. Danielle ist eine der Koordinatorinnen und kümmert sich mit anderen Ehrenamtlichen um bedürftige, alte und alleinstehende Menschen in der Gemeinde.

Danielle, die die Kochwerkstatt ihrer Initiative organisiert, hat auch die Leitung beim Kochen im Josef:a Eck übernommen. (c) Andrea Thomas
Danielle, die die Kochwerkstatt ihrer Initiative organisiert, hat auch die Leitung beim Kochen im Josef:a Eck übernommen.

Seit der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut am 4. August 2020, hat sich die schwierige Situation der Menschen in der Stadt noch verschärft. Große Teile der Innenstadt sind zerstört worden, mehr als 200 Menschen getötet und über 1000 verletzt worden. Viele haben alles verloren, was sie hatten. Das Unglück hat die Beiruter in einer Zeit getroffen, in der ihnen die schlechte wirtschaftliche Lage in ihrem Land und die Korruption sowieso schon zugesetzt haben. Die libanesische Währung ist so gut wie nichts mehr wert, Erspartes hat sich in Luft aufgelöst, Lebensmittel, Strom, Medikamente oder schulische Bildung für die Kinder kann sich nur leisten, wer Geld hat. „Der Mittelstand ist nun arm, wer vorher schon arm war, hat nichts mehr und wer reich ist – der ist im Ausland“, fasst Danielle Aramouni zusammen. Der sich zu einem Krieg auswachsende Nahost-Konflikt wird die Situation nun wohl noch zusätzlich verschärfen.

Von der schwierigen Lage in ihrer Heimat wollen sie und Pfarrer Richard berichten, aber vor allem auch von ihrer Initiative, mit der sie unermüdlich und mit vielen Ideen daran arbeiten, das Leben der Menschen in ihrem Viertel zu verbessern. Weil all das vom Miteinander lebt und Kochen bei „Drames en Miracles“ außerdem eine wichtige Rolle spielt, hatten Anke Reermann, Missio-Referentin im Bistum Aachen, und Yasmin Raimundo Ochoa, Pastoralreferentin in St. Josef und Fronleichnam, die den Abend organisiert haben, die Idee, gemeinsam zu kochen. „Ein Vortrag hätte irgendwie nicht gepasst und da wir mit dem Josef:a Eck seit dem Frühjahr einen Raum für solche Aktionen haben, bot sich das an“, sagt Yasmin Raimundo Ochoa.

Für die Tabouleh braucht es jede Menge Petersilie. Pfarrer Richard (r.) erzählt wann und wie man sie isst. (c) Andrea Thomas
Für die Tabouleh braucht es jede Menge Petersilie. Pfarrer Richard (r.) erzählt wann und wie man sie isst.

Eine Idee, die fühlbar funktioniert, ob beim Essen vorbereiten oder beim Tisch decken, die bunte Gruppe aus Gästen, Gemeindemitgliedern und Missio-Mitarbeitenden ist schnell in einem vertrauten Austausch miteinander. Gekocht wird libanesisch. Zur Tabouleh gibt es dünnes Fladenbrot und Humus. Das „weltbeste Humus“ wie Pfarrer Richard strahlend versichert. Sowas könne man hier nicht kaufen. Das Rezept bleibt – selbstverständlich – sein und Danielles Geheimnis. Als Hauptgericht gibt es ein Linsengericht mit Reis und Zwiebel. „Das gibt es bei uns oft in der Fastenzeit, weil es ohne Fleisch ist“, erläutert Danielle. Den Nachtisch, zweierlei Gebäck, haben sie von daheim mitgebracht.

Fast 40 Frauen aus der Gemeinde besuchen im Rahmen von „Drames en Miracles“ Menschen in ihrem Zuhause und schauen, wo Hilfe gebraucht wird. Sie organisieren Lebensmittel und benötigte Medikamente und sind für viele alte Menschen, die niemand haben, wichtige soziale Kontakte. Eine Form der Gemeindesozialarbeit, die auch den Gastgebern in St. Josef und Fronleichnam nicht fremd ist. Im multikulturellen Ostviertel geht vieles über persönliche Kontakte und, indem sie zu den Menschen gingen und schauten, was sie brauchen. „Anders geht es hier nicht“, sagt Yasmin Raimundo Ochoa. So ist auch das „Josef:a Eck“ entstanden, wo Menschen zu unterschiedlichen Aktivitäten zusammenkommen, ganz ohne Barrieren.

Vor der Explosion im Hafen habe es auch viel Not und Armut gegeben, berichtet Pfarrer Richard Abi Saleh, aber die sei oft nicht so sichtbar gewesen. Zu helfen ist für den 58-jährigen Seelsorger mehr als nur eine christliche Verpflichtung, sie ist ihm spürbar eine Herzensangelegenheit, wie auch Danielle. „Für mich ist meine Arbeit kein Dienst, sondern eine Mission“, sagt sie. Weshalb sie die Familien auch mit einbinden. So haben sie mehrere „Werkstätten“ entwickelt, in denen die Familien mit ihnen und für sie arbeiten. Sie sammeln gebrauchte und gut erhaltene Kleider, Möbel und Haushaltsartikel und bedürftige Familien können kommen und mitnehmen, was sie brauchen. Unter Danielles Organisation ist eine Kochwerkstatt entstanden, in der sie für die Menschen kochen, aber auch feines, traditionelles Gebäck herstellen, das sie verkaufen und von dem sie eine Kostprobe mitgebracht haben. Das ist ebenso ein Erfolg wie ihre selbstgemachten Seifen aus natürlichen Zutaten, die sie an Hotels und Touristen verkaufen. 

Verkaufserlös fließt in die soziale Arbeit

(c) Andrea Thomas

Sie nennen ihre Produkte „beyroutouna“, was so viel wie „unser Beirut“ heißt. „Das Beirut, das wir nicht haben, aber von dem wir träumen“, sagt Pfarrer Richard. In einer weiteren Werkstatt stellen sie Priesterkleidung her, die im Libanon schwer zu bekommen und sehr teuer ist. Der Erlös aus allen Werkstätten fließt in ihre soziale Arbeit und gibt gleichzeitig Menschen, die nicht die Möglichkeit haben, sich im Ausland Arbeit zu suchen, ein bescheidenes Auskommen. Auch Danielles Mann und die erwachsenen Kinder der 63-Jährigen leben im Ausland. Ohne das Geld, das die im Ausland arbeitenden Libanesen in die Heimat schickten, wäre die Situation der Menschen noch schwerer.

Nach dem Bericht der beiden – schwere Kost, aber gewürzt mit viel Glauben und Zuversicht – wird aufgetischt. Wie im Libanon üblich steht das Essen in großen Schüsseln auf dem Tisch, aus denen sich alle reihum bedienen. Aus vor zwei Stunden noch Fremden ist eine Tischgemeinschaft geworden, die miteinander lacht und angeregt erzählt.