Gesungene Verkündigung

Seit 1960 wird an St. Remigius Viersen die Tradition der gregorianischen Choralgesänge gepflegt

Die Choralschola an St. Remigius gibt es durchgängig seit 1960. Aktuell besteht sie aus acht Mitgliedern. Neue Sängerinnen und Sänger sind willkommen. (c) Kathrin Albrecht
Die Choralschola an St. Remigius gibt es durchgängig seit 1960. Aktuell besteht sie aus acht Mitgliedern. Neue Sängerinnen und Sänger sind willkommen.
Datum:
12. Juni 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 24/2024 | Kathrin Albrecht

Selbst in einer profanen Umgebung entfaltet dieser besondere Klang seinen Zauber: Im Remigiushaus im Zentrum Viersens gelegen, probt die Choralschola St. Remigius gregorianische Choräle. 

Acht Mitglieder gehören derzeit der Schola an, die von Kirchenmusiker Michael Park geleitet wird. Carsten Giesen, Michael Bollesen, Peter Schmitz, Friedrich Niehm, Volker Biermann, Bernd Korischem und Sonja Utzenrath treffen sich jeden Mittwochabend zur Probe.

Die Ursprünge des einstimmigen lateinischen Gesangs lassen sich bis in das Frühmittelalter zurückdatieren. Der Name geht auf Papst Gregor den Großen zurück, da in seine Zeit, Ende des 7. Jahrhunderts, in Rom die erste „schola cantorum“ gegründet wurde. Die gregorianischen Choräle prägen nicht nur die römisch-katholische Liturgie, sie gelten auch als Wiege der abendländischen Musik und markieren den Beginn der Notenschrift.

Wie das aussieht, lässt sich noch immer in den Gradualen, den Choralbüchern, nachvollziehen. Die „Noten“ sollten, ergänzend zu den Handbewegungen des Chorleiters, die Melodieführung für die Sänger nachvollziehbar machen. Kleine Buchstaben in den Noten weisen außerdem auf die Geschwindigkeit hin, in der der Choral zu singen ist. Das Kernrepertoire der Gesänge besteht aus dem Proprium (veränderliche Teile der Liturgie) und dem Ordinarium (feste Teile in der Liturgiefeier wie das „Sanctus“ oder das „Kyrie“) sowie dem Stundengebet.

„Seit 1960 wird die Tradition der gregorianischen Gesänge an St. Remigius gepflegt, erste sporadische Anfänge gab es bereits 1920, doch erst seit den Kirchenmusikern Hans Wilhelm Hoff (ab 1950), Thorsten Kornigorski (1999–2019) und seit Juli 2019 Michael Park konnte sich diese Tradition verstetigen“, erzählt Bernd Korischem, der bereits in den 1950er Jahren Mitglied des damaligen Knabenchores war. 

Im deutschen Sprachraum ist das lateinische Choralamt zunehmend seltener geworden, auch wenn es in den 1990er und 2000er Jahren gregorianischen Chorprojekten gelang, die Gesänge zumindest vorübergehend zu einem Teil der Popkultur zu machen.

Etwa zehn Mal im Jahr wird an St. Remigius ein Choralhochamt gefeiert. Dabei ist der Choral kein schmückendes Beiwerk, sondern Teil der Liturgie selbst, unterstreicht Sonja Utzenrath: „Die Proprien sind allesamt Bibeltexte und damit Wort Gottes.“ Auch die Gewänder verdeutlichen, dass die Schola Teil einer feiernden Gemeinde ist. „Wenn bei den Ordinarien die Gemeinde einstimmen soll, freue ich mich über jeden, der mitsingt.“ Beim gregorianischen Choral gehe es um das Erleben, um das Inspiriertwerden, um Transzendenz im besten Sinn, sagt Michael Park. Der Wechsel zwischen Spannung, wenn sich die Melodie hebt, und Entspannung, wenn sie sich senkt, lässt sich körperlich nachvollziehen, nicht nur beim Hören, auch die Scholamitglieder selbst bestätigen die Wirkung – es ist im wahrsten Wortsinn Balsam für die Seele.

Weitere Auskunft: https://st-remigius.de