Gesprächsbereit

Ein Schild zeigt an, dass man auf diesen Bänken offen für Gespräche ist. (c) Garnet Manecke
Ein Schild zeigt an, dass man auf diesen Bänken offen für Gespräche ist.
Datum:
21. Mai 2025
Von:
Aus der Kirchenzeitung, Ausgabe 18/2025 | Garnet Manecke

In Mönchengladbach wurden „Plauderbänke“ aufgestellt, an denen Nachbarn in Kontakt kommen sollen. Wie funktioniert das? Versuchen wir es mal.

So ist die Aussicht von den Plauderbänken auf die Grünanlage. (c) Garnet Manecke
So ist die Aussicht von den Plauderbänken auf die Grünanlage.

Mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen, die Nachbarn besser kennenzulernen und selbst nicht mehr einsam sein: Das sind drei Beweggründe, warum in Mönchengladbach die städtische Mags (Mönchengladbacher Abfall-, Grün- und Straßenbetriebe) und der Seniorenrat im Sommer 2024 die ersten „Plauderbänke“ aufgestellt haben. Sie stehen am Keplerplatz, einer einladenden Grünanlage direkt vor der Grabeskirche St. Joseph, der „Juppekerk“. Zwei weitere sind im April direkt in der Grünanlage rund um die Kirche St. Michael in Holt aufgestellt worden. Höchste Zeit also, die Wirkung der Bänke auszuprobieren.

Die Rahmenbedingungen sind eigentlich ideal: Ein wunderbarer Frühlingstag mit blauem Himmel. Am Frühnachmittag sind die Bänke frei und ich nehme Platz. Im Gegensatz zu den anderen Parkbänken rund um den Platz signalisiert hier das Schild „Bank der Begegnung“ meine Plauderbereitschaft. Noch schnell ein Foto gemacht, dann verschwindet das Handy in der Tasche. Wer auf den Bildschirm schaut, macht keinen einladenden Eindruck. Also sehe ich erwartungsvoll in die Gegend und bin gespannt, mit wem ich heute ins Plaudern komme.

Man kann nicht gerade behaupten, dass der Keplerplatz verlassen ist. In der Mitte liegt eine große Wiese, die von vier Bäumen gesäumt ist, die viel Schatten spenden. Es gibt einen Spielplatz für Kinder im Grundschulalter. Die Sozialstruktur der Anwohner ist bunt gemischt und international: viele Familien mit Kindern jeden Alters, Senioren, Menschen mit Migrationshintergrund und „Ur-Rheydter“, deren Familien schon seit Generationen in einem der Häuser rund um den Keplerplatz wohnen. Das sollte doch jede Menge Gesprächsstoff bieten.

Über mangelndes Potenzial kann auch ich mich nicht beklagen – allein: Offenbar ist niemand in Plauderlaune. Während mein Blick erwartungsvoll über die Wiese streift, kommen ein Mann und ein kleiner Junge auf einem Kinderfahrrad vorbei. Die beiden gehen quer über die Wiese und setzen sich auf eine andere Bank. Während der Mann in sein Handy schaut, turnt der Junge über die Banklehne. Nach ein paar Minuten stehen sie wieder auf und gehen.

Zwei Frauen mit prall gefüllten Einkaufstüten eines Discounters betreten den Platz und gehen an mir vorbei, ohne einmal rüberzusehen. Sie setzen sich auf die Bänke am Spielplatz und reden da miteinander. Ein Bekannter kommt vorbei, in der Hand drei Tüten vom Bäcker. „Schöne Pause“, ruft er mir im Vorbeigehen zu. Zeit für ein kurzes Schwätzchen hat er wohl nicht.

Die Grabeskirche St. Joseph liegt direkt am Keplerplatz. (c) Garnet Manecke
Die Grabeskirche St. Joseph liegt direkt am Keplerplatz.

Dabei ist der Platz vor der Grabeskirche St. Joseph geradezu ideal, um sich mit anderen zu treffen. Seit seinem Umbau ist er sehr offen, obwohl hier viele alte Bäume stehen. Rund um den Rasen, auf dem man prima Fußball spielen oder picknicken kann, gibt es Wege und viele Bänke. Die meisten sind so angeordnet, dass Parkbesucher hier auch an heißen Sommertagen im Schatten sitzen.

Auch die Lage ist gut: zentral, direkt gegenüber der Grabeskirche, in die immer wieder Menschen ein- und ausgehen. Durch die Grünanlage führt für viele Kinder und ihre Eltern der Weg zur Schule oder in den Kindergarten. Eigentlich sollte es doch möglich sein, hier jemanden als Gesprächspartner zu finden?

Der Impuls, jetzt doch das Handy rauszuholen, macht sich bemerkbar. Aber dann wirkt man abweisend und nicht kontaktfreudig. Vielleicht ist der frühe Nachmittag mitten in der Woche doch nicht so ideal, hier jemanden zu finden, mit dem man sich unterhalten kann. Ein großer Müllwagen fährt gerade die Straßen rund um die Anlage ab. Das zischende Geräusch der Bremsen, gefolgt von dem Lärm der Hebevorrichtungen und dem Klirren des Mülls, der aus den Tonnen fällt, durchdringt die Stille. Für einen kurzen Moment weht auch der Müll-Duft herüber. Dann biegt das Fahrzeug um die Ecke und es ist wieder still.

Und dann ein Hoffnungsschimmer. Eine Gruppe kommt vorbei, die ihre Hunde an langen Schleppleinen Gassi führt. Einer der Hunde löst sich aus der Gruppe und kommt auf mich zu. Seine Nase zittert ein wenig, als er an meinen Händen schnuppert. „Da willst Du hin?“, sagt der Besitzer zu seinem Hund. „Du kennst die Frau doch gar nicht.“ Ja, aber die Plauderbank ist ja der ideale Ort, sich kennenzulernen, denke ich.

Der Hundebesitzer sieht das offenbar anders. „Das können sie im Kalender rot anschreiben“, sagt er zu mir. „Der ist sonst immer sehr skeptisch.“ Mit diesen Worten setzen die beiden ihren Weg fort und folgen dem Rest der Gruppe, die schon weitergegangen ist. An diesem Tag lerne ich hier niemanden mehr kennen.