Geschichtsträchtig

Vor 800 Jahren schenkte der Herzog von Jülich den Deutschordensrittern die Kommende Siersdorf

Sechs Jahre lang hat das Team des Fördervereins Kommende Siersdorf das Ensemble in großer Eigenleistung instandgesetzt (c) Paul Wirtz
Sechs Jahre lang hat das Team des Fördervereins Kommende Siersdorf das Ensemble in großer Eigenleistung instandgesetzt
Datum:
20. Aug. 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 34/2019 | Dorothée Schenk

In diesem Jahr feiert der Förderverein Kommende Siersdorf die 800. Wiederkehr der Schenkung des Ensembles an die Deutsch-Ordensritter durch Graf Wilhelm III. von Jülich anlässlich der Belagerung der Stadt Damiette im Nildelta. Das wird am 7. und 8. September mit einem Kommenden-Fest begangen.

Auf fast alles rund um das Herrenhaus und das Anwesen der Deutsch-Ordenskommende in Siersdorf bei Aldenhoven hat Guido von Büren die passenden Antworten und Fakten parat. Aber wie viele Stunden die Ehrenamtlichen seit 2012 zur Entschuttung der Räume vom Dach bis zum Keller eingesetzt haben, wieviel Material bewegt worden ist, oder wie viele Steine zum Wiederaufbau geschleppt worden sind, da kann der Historiker in seiner Funktion als Vorsitzender des Fördervereins nur mutmaßen und mit den Schultern zucken: „Unzählige…“

Unglaublich, was hier in sechs Jahren ohne hauptamtliche Unterstützung geleistet worden ist: Neben den Bauarbeiten, die allsamstäglich ab 8 Uhr von den Mitgliedern des Fördervereins Kommende Siersdorf mit Schutzhelm und Arbeitshandschuhen aufgenommen worden sind, galt es, Konzepte zu schreiben und Bauunternehmen zu beauftragen, Fachfirmen zu engagieren und Fördermittel zu beantragen. Bund und Land NRW, aber auch die Nordrhein-Westfalen-Stiftung sind an dem Projekt finanziell beteiligt. Jüngst ist auch die letzte Summe bewilligt worden, so dass die Brücke instandgesetzt werden kann. „Das Wichtigste, was wir geschafft haben?“, sinniert von Büren. „Es ist sicher, dass die Bausubstanz gerettet ist.“ Die Bestandssicherung sei zwar noch nicht vollständig abgeschlossen, aber gut vorangetrieben worden.

Erst 1578 wurde unter Heinrich von Reuschenberg das Herrenhaus der Kommende im Stil der Renaissance neu errichtet. Von baulich einzigartiger Bedeutung ist das Ensemble, weil es eine der ersten im deutschen Sprachgebiet erbauten Einflügelanlagen mit vier quadratischen Ecktürmen ist. Nachdem das Herrenhaus in den 1920er Jahren restauriert werden konnte, wurde es im November 1944 durch amerikanischen Artilleriebeschuss stark zerstört.

Was dem Fördervereinsvorsitzenden und seinen Mitstreitern vorschwebt, ist, das Gebäude für Besucher erlebbar zu machen. „Das ist eine gewaltige Aufgabe“, räumt von Büren ein, und „es ist ein Weg, den der Förderverein nicht allein gehen kann.“ Die ersten Überlegungen sehen vor, in der alten Schmiede und einem Teil der Scheune ein Besucherzentrum einzurichten, in dem Interessierte im Wortsinn und übertragenen Sinn „abgeholt“ werden. Ein Film könnte einen ersten Einstieg in die Geschichte des Baus bieten. Im Keller des Herrenhauses sieht von Büren ein Dokumentationszentrum, das ermöglicht, in die Tiefe der Geschichte einzutauchen. Ohne Hauptamtliche wird diese Aufgabe nicht erfüllt werden können. Für die Umsetzung gilt es, den Deckel eines neuen Fördertopfes anzuheben – und dafür muss das nächste Konzept geschrieben werden.

Aus Anlass des Jubiläums war im Mai hoher Besuch zu Gast: Der 66. Hochmeister des Ordens vom Deutschen Haus Sankt Mariens Jerusalem, Generalabt Frank Bayard, kam zum Treffen der Wissenschaftlichen Vereinigung für den Deutschen Orden, Komturei „An Rhein und Ruhr“ nach Siersdorf, bei dem es öffentliche Vorträge zu hören gab und ein Hochamt in St. Johannes mit den Deutschordensrittern gefeiert wurde. Dass auch das Fachpublikum interessiert ist, zeigt eine zweitägige wissenschaftliche Tagung in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Rheinland, die für das Frühjahr 2020 geplant ist.

Jetzt steht das erste Kommende-Fest ins Haus, und wer am ersten September-Wochenende keine Zeit hat, kann sich den 29. September, 11 Uhr, in den Kalender schreiben. Dann findet eine öffentliche Führung durch die Kommende statt.