Es ist einige Jahre her, dass Dr. Ulrich Flatten in den Keller des Pfarrhauses herabstieg, um 1300 Jahren Stadt- und Kirchengeschichte auf den Grund zu gehen. „Wir haben uns gefragt, welche Objekte es wohl noch im Archiv gibt, die wir zeigen können“, blickt er zurück. Die entsprechende Ausstellung zur Geschichte Dürens größter Kirche gibt es mittlerweile seit zwei Jahren, die Neuaufstellung des Pfarrarchivs von St. Anna hingegen dauert noch an. Das Schattendasein, dass die Unterlagen und Objekte im Keller fristeten, ist jedenfalls vorbei. Und regelmäßig gibt es neue Funde, die dem Archiv zur Verfügung gestellt werden.
„Mich hat betrübt, in welchem Zustand das Archiv war. Es wurde der kulturellen und historischen Bedeutung der Annakirche nicht gerecht“, erklärt Ulrich Flatten, weshalb er sich mit einigen Mitstreitern der Sache annahm, das verstaubte Archiv zu sichten, es neu zu systematisieren, in neuen Räumen unterzubringen und mit der Digitalisierung zu beginnen.
Während die Unterlagen des „Verwaltungsgeschäfts“ nach wie vor ordentlich archiviert worden waren, geriet das ideelle/ kulturelle Gedächtnis der Pfarre mit dem Tod von Hans Reuter, der besonders in den 60er- und 70er-Jahren sehr aktiv war, zunehmend in Vergessenheit. Der Akribie und dem Tatendrang von Hans Reuter sei es beispielsweise zu verdanken, dass es viele Abschriften, Kopien und Beschreibungen von Urkunden und Objekten gibt, die er bis zu seinem Tod im Jahr 1981 auf seiner Suche in anderen Archiven angefertigt hat.
Denn wie in vielen anderen Pfarrgemeinden auch wurde das historische Archiv von St. Anna im Zweiten Weltkrieg beinahe vollständig zerstört. Beim Luftangriff auf die Stadt Düren am 16. November 1944 versanken nicht nur die Annakirche und die Innenstadt in Schutt und Asche, auch die zum Teil Jahrhunderte alten Dokumente und Kunstgegenstände waren verloren. Darunter auch die päpstliche Bulle aus dem Jahr 1506, in der Papst Julius II. den Verbleib der aus Mainz geretteten (oder gestohlenen, je nach Sichtweise) Anna-Reliquie in Düren entschied. Mehrere Anläufe hat Ulrich Flatten im Zuge der Neuaufstellung des Archivs unternommen, um schließlich eine Abschrift der Original-Urkunde aus dem Päpstlichen Archiv in Rom zu erhalten.
Oft sind es aber auch Zufälle, die dem Archiv Neuzugänge bescheren. So kam beispielsweise eine aus der zerstörten Kirche gerettete Bronzeplatte aus dem Kreuzweg zurück. Die Enkel des Besitzers, der die Platte offenbar aus der Ruine der Kirche geborgen hatte, gaben diese zurück. Bis zum Beginn der Entschuttung 1951 war die Ruine mehr oder weniger zugänglich. In dieser Zeit muss auch eine Holzschnitzerei „gesichert“ worden sein, die vermutlich Teil eines Seitenaltars war.
Aus dem Diözesanarchiv Aachen kam ein Bild der Heiligen Anna zurück. In der Schweiz fand sich ein Buch des Chronisten Jacob Polius über die Aspekte der Dürener Anna-Verehrung. Ein Aufruf zur Wallfahrt nach Düren, verbunden mit einem päpstlichen Ablass, der 1806 in Vettweiß an der Kirchenpforte hing, ist nun ebenfalls Teil der Sammlung, die weiter wachsen soll. Teil des Archivs sind auch sämtliche Pläne des Architektenwettbewerbs zum Neubau der Kirche.
„Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, das kulturelle Erbe zu erhalten und die Geschichte erlebbar zu machen. Das haben wir ja auch mit unserer Ausstellung versucht und geschafft“, betont Ulrich Flatten. Jeden ersten Samstag im Monat gibt es eine kostenlose Führung, Treffpunkt ist um 15 Uhr der Eingang der Annakirche. Mit der Neuaufstellung des Pfarrarchivs sollen weitere Themen wieder belebt und für Sonderausstellungen aufbereitet werden.
Das Pfarrarchiv freut sich über jedes Objekt, das aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammt. Wer Fund- oder Erbstücke übergeben möchte oder Informationen hat, kann über das zentrale Pfarrbüro der Pfarre St. Lukas, Annaplatz 8 in Düren, 0 24 21/38 89 80, E-Mail: pfarre@st-lukas.org Kontakt aufnehmen.