Es weihnachtet, mal wieder biegt ein Jahr auf die Zielgerade ein. Und was für eines. Die Pandemie prägt unser Leben nun schon seit fast zwei Jahren, aktuell zwingt die vierte Welle uns wieder zu besonderer Achtsamkeit und Vorsicht für uns selbst und die Menschen um uns herum. Auch das Hochwasser hat tiefe Spuren in der Region hinterlassen und uns, wie Corona auch, den Wert von Zusammenhalt neu schätzen lassen. Durch Krisenzeiten kommt man am besten gemeinsam.
Den 14. Juli dieses Jahres werden die Menschen in der Region so schnell nicht vergessen. Die einen, weil sie direkt von der schlimmen Hochwasserkatastrophe betroffen sind, die anderen, weil sie mit denen fühlen, die alles verloren haben. In den Tagen und Wochen danach folgte der Wasserflut eine Flut der Solidarität.
In Eschweiler sind nicht nur unzählige Privathäuser und Geschäfte Opfer der Flut geworden, sondern auch öffentliche Gebäude und Einrichtungen, darunter fünf Schulen: die evangelische Grundschule Stadtmitte, die Gemeinschaftsgrundschule Weisweiler, die Förderschule Willi-Fährmann-Schule, die städtische Realschule Patternhof und die städtische Gemeinschaftshauptschule Adam-Ries-Schule. Alle fünf Schulgemeinschaften sind derzeit „obdachlos“ und an anderen Standorten untergebracht. Wann sie wieder in ihre Schulgebäude zurückkehren können, ist ungewiss. Gewiss ist nur, das wird dauern.
Im Gegensatz dazu hat die Bischöfliche Liebfrauenschule (BLS) Glück gehabt. „Wegen unserer höheren Lage sind wir vom Hochwasser verschont geblieben. Aber wir sind natürlich auch über unsere Schüler und Kollegen und deren Familien betroffen“, sagt René Schippers, Lehrer an der BLS. Außerdem gehört es zu ihrem Leitbild als christliche Schule, zu helfen, wo Not ist. So ist die Schulgemeinschaft nach den Ferien zusammengerückt, um den dritten und vierten Klassen der evangelischen Grundschule Räume als Ausweichquartier zur Verfügung stellen zu können. Das sei keine Frage gewesen. Ebenso wenig, den Erlös des diesjährigen Sponsorenlaufs nicht, wie in der Vergangenheit, ihren Schülerinnen und Schülern zukommen zu lassen, sondern ihn den fünf betroffenen Schulen zu spenden und so ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Das sei ihnen eine „Herzensangelegenheit“ gewesen, erklären Schulleiter Carsten Gier und Schülersprecher Georg Piel.
Am 17. September haben die 850 Schülerinnen und Schüler und ihre 80 Lehrkräfte daher besonders motiviert die Lauf- und Wanderschule geschnürt und sich aufgemacht ins Eschweiler Umland. Zum einen, um ein möglichst gutes Ergebnis für die anderen Schulen zu erzielen, aber auch, weil sie in der Pandemie mal wieder etwas zusammen machen konnten. „Das hat der Schulgemeinschaft und den Klassen gut getan, das hat man gespürt. Unsere Fünftklässler haben sich an dem Tag zum ersten Mal ohne Masken gesehen“, erzählt René Schippers. Der Tag sei auf vielen Ebenen ein Geschenk gewesen. Was sich auch in der fantastischen Summe zeigt, die (mit Unterstützung einiger Großspender, was die Leistung der Schulgemeinschaft nicht schmälert) zusammengekommen ist. Stolze 30000 Euro konnten die Vertreter der BLS am Ende an die anderen Schulen weitergeben.
Dort war man „dankbar und gerührt“ über diese Unterstützung. „Das ist großartig. Eine Solidarität, die begeistert und gut tut“, erklärte Michaela Silbernagel, Schulleiterin der Realschule Patternhof, die sich im Namen aller Schulen für die großzügige Unterstützung von 6000 Euro pro Schule bedankte. Die verwenden das Geld unterschiedlich, aber alle, um ihren Kindern und Jugendlichen etwas Gutes in dieser schwierigen Zeit zu tun.
So ist die Schulgemeinschaft der Willi-Fährmann-Schule derzeit auf zwei Standorte verteilt, unter anderem in Containerklassen am Indestadion. Hier sollen mit der Spende Bewegungsangebote für die Pausen geschaffen werden. „Wir wollen wieder etwas Alltag schaffen“, sagt Michaela Silbereisen, die mit ihrer Schule im leerstehenden Gebäude der ehemaligen Realschule in Würselen Unterschlupf gefunden hat. Sie wollen das Geld zur Wartung der Laptops für die Schülerinnen und Schüler nutzen, sowie für die Einrichtung einer neuen Schülerbücherei. Die sei an ihrem Stammstandort sehr gut genutzt worden und fehle der Schulgemeinschaft jetzt. „Viele Familien bei uns im Stadtteil sind schwer belastet, weshalb wir etwas Schönes mit den Kindern machen möchten“, sagt Rita Kohlen, die stellvertretende Leiterin der Gemeinschaftsgrundschule Weisweiler, die derzeit in Aldenhoven untergebracht ist. Denkbar wären, führt sie aus, ein Kinobesuch mit allen Klassen oder ein Ausflug im Frühjahr. Außerdem soll der zerstörte Schulgarten, in dem viel Herzblut der Schulgemeinschaft steckt, wieder aufgebaut werden.
Auch anderen Orts gab und gibt es immer wieder kleinere und größere Spendensammel-Aktionen für die von der Flut betroffenen Menschen. Die kommen vielleicht nicht immer auf so beeindruckende Summen, wie beim Spendenlauf der BLS, aber sie zeigen deutlich: Wir stehen zusammen. Das macht dankbar und gibt Mut am Ende eines Jahres, das viele ansonsten lieber aus dem Kalender streichen würden.