Gemeinschaft und gute Vibes

„Day for singing!“: 100 Kinder und Jugendliche aus dem Bistum nehmen am Chorwochenende in Gemünd teil.

Drei Tage lang wurde in Gemünd in großer Gemeinschaft geprobt und gesungen. (c) Stephan Johnen
Drei Tage lang wurde in Gemünd in großer Gemeinschaft geprobt und gesungen.
Datum:
20. Feb. 2025
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 08/2025 | Stephan Johnen

Lust auf ein Wochenende im Grünen? Auf eine kleine Auszeit? Doch der Nationalpark Eifel wurde zur Kulisse, schließlich stand der Gesang im Mittelpunkt. „Ich habe noch nie ein Chorwochenende bereut. Aber es ist schon Arbeit“, berichtete Benjamin Weinhold aus Aachen-Forst. Wer acht Stunden täglich probt und dabei konstant Neues lernt, erlebe schon manche Herausforderung. 

„Aber es macht unglaublich Spaß, wir lernen alle etwas hinzu, kommen mit neuem Wissen und neuen Techniken zurück“, erklärte der 14-Jährige, der seit neun Jahren im Chor von St. Katharina singt. Mindestens genauso gut: die Gemeinschaft. Wird sonst nur im Kreis des eigenen Chors geprobt, ist ein Jugendchorwochenende wie ein großes Klassentreffen, bei dem die Musik verbindet und alle eine gemeinsame Sprache sprechen.

„Day for singing! Tag zum Singen!” war das Jugendchorwochenende des Bistums Aachen überschrieben, zu dem sich rund 100 Kinder und Jugendliche angemeldet hatten. Die Kosten für die Veranstaltung in der Jugendherberge Gemünd hatte das Bistum übernommen. „Eigentlich kann man jeden Tag sagen: Heute ist ein guter Tag zum Singen“, scherzte Regionalkantor Andreas Hoffmann. Gemeinschaft, der Austausch mit anderen, gutes Essen und gutes Wetter: „Es ist ganz wichtig, dass solche Tage stattfinden“, unterstrich auch Regionalkantorin Holle Goertz. Zugegeben, das Programm mag als Vorbereitung auf einen gemeinsamen Gottesdienst strammer sein als vielleicht bei einem Ausflug ins Grüne erwartet. „Aber die Kleinen werden von den Großen mitgenommen.

Beim Singen funktioniert das hervorragend, wir haben alle ein gemeinsames Ziel“, erklärte die Chorleiterin. Und zwischen Übungen, Stimmbildung und Proben blieb auch ausreichend Zeit für Austausch und Freundschaftspflege – oder das Schließen neuer Freundschaften.

„Ich singe sehr gerne. Maja war schon im Chor und hat mich gefragt, ob ich nicht auch einmal kommen möchte. Da habe ich es ausprobiert – und es hat mir Spaß gemacht“, berichtete Johanna Klaus und zwinkerte ihrer Freundin Maja Hensch zu. Die beiden Elfjährigen aus Kall-Scheven singen seit der zweiten Klasse im Chor. Johanna: „Ich fühle mich frei, wenn ich singe, kann meine Stimme erforschen. Und wenn man wütend oder traurig ist, kann man auch richtig Dampf ablassen.“ Einmal pro Woche wird für 45 Minuten geprobt. Und ja, es gebe auch Tage, an denen man vielleicht lieber etwas anderes machen würde. Beide Freundinnen haben auch noch andere Hobbys, treiben viel Sport. Doch wenn der erste Ton angestimmt wird, seien beide voll dabei. Jedes Mal aufs Neue. Auf das Jugendchorwochenende hatten sich die beiden schon lange gefreut. „Es ist toll, ein ganzes Wochenende zu singen, andere Kinder kennenzulernen und mit der Gruppe etwas zu unternehmen“, findet Maja.

Erfahrungen, die auch Benjamin Weinhold (14), Annika Molls (18) und Ida Schlicke (18) aus Aachen-Forst gemacht haben und weiterhin machen. „Unser Chorleiter ist sehr locker, jeder ist willkommen“, sagt Annika, die seit elf Jahren im Chor singt. Es gebe eine lockere, entspannte Dynamik im Chor, kein Gefühl von Zwang oder Anwesenheitspflicht – und dennoch sei jedem bewusst, dass die Übernahme eines Soloparts beispielsweise auch mit einer gewissen Verantwortung einhergehe. Eigene Ideen seien im Chor nicht nur erwünscht – „es passiert dann auch etwas“, sagt die Schülerin, die dieses Jahr Abitur macht, aber weiter im Chor singen möchte. Geprobt wird immer am Freitagabend um 17 Uhr. Annika: „Das ist für mich der Wechsel von der Woche ins Wochenende.“ Wie bei jedem anderen Verein auch gebe es Tage (in diesem Fall Konzerte, Gottesdienste mit Chorbegleitung), auf die man hinarbeitet und als Team gemeinsam meistert. Angebote wie ein Jugendchorwochenende würden die Gemeinschaft noch stärker zusammenschweißen. 

Zwei Fragen an

(c) Bistum Aachen/Andreas Steindl

Michael Hoppe, Kirchenmusikreferent im Bistum Aachen

 

Herr Hoppe, was muss man Jugendlichen bieten, um als Freizeitaktivität attraktiv zu sein?

Hoppe: Wir stehen in einem starken Wettbewerb. Kinder und Jugendliche schauen sich genau an, wo etwas los ist, wo Gemeinschaft ist. Es gibt viele Angebote. Da müssen auch Chöre immer mehr bieten. Von Bistumsseite ist es uns ganz wichtig, dass wir Events wie ein Jugendchorwochenende gestalten. Dort können die Teilnehmenden Gemeinschaft erleben und sehen, dass sie keine Einzelkämpfer sind, dass es noch ganz viele andere gibt, die sich genauso engagieren. Viele Chöre organisieren auch kleine Fahrten, gestalten Angebote für private Aktivitäten. Aktuell gibt es 28 Jugendchöre im Bistum, dort singen 550 Kinder und Jugendliche. Wir gehen auch ganz bewusst in die Schulen, um das Angebot dort anzubieten.

Wie ist es um die Zukunft der Chöre bestellt?

Hoppe: Allgemein gibt es ein Jugendproblem in Kirche, das lässt sich auch auf die Messdiener ausweiten. Das Chorwochenende war für die Teilnehmenden umsonst, das ist gut investiertes Geld. Die Arbeit mit Chören ist ein wichtiger Faktor für die Pastoral; es lohnt sich, hier zu investieren. Über die Jugendlichen kann Kirche in der Gesellschaft präsent sein. Die Entwicklung der Chöre hängt zum Teil von der konzeptionellen Arbeit vor Ort ab. Wir haben zunehmend generationsübergreifende Projekte, wo Jugendchor- und Erwachsenenchor zusammenarbeiten und ein Kammerchor entsteht. So werden die Jugendlichen weiter geleitet. Wenn ich heute noch junge Erwachsene treffe, die mir mit Freude berichten, dass sie früher bei mir im Jugendchor waren, sind das wunderbare Momente, die einem zeigen: Die Arbeit ist nicht umsonst. In den unterschiedlichen Gruppen binden wir im Bistum musikalisch 10.000 Menschen. Das ist ein großes Potenzial, um mit Menschen in Berührung zu kommen.     (sj)

Das Jugendchorwochenende in Gemünd

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