Gemeinsam viel auf den Weg gebracht

Pfarrer Hans-Peter Bruckhoff geht als Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises in den Ruhestand

Freut sich als Pensionär auf mehr Zeit mit seiner Familie und seinen Freunden: „Die theologische Arbeit wird mich weiter begleiten, und ich bin  offen für Gottesdienste und ehrenamtliches Engagement in unserer Kirche“, sagt der scheidende Superintendent. (c) Ev. Kirchenkreis Aachen/Andreas Steindl
Freut sich als Pensionär auf mehr Zeit mit seiner Familie und seinen Freunden: „Die theologische Arbeit wird mich weiter begleiten, und ich bin offen für Gottesdienste und ehrenamtliches Engagement in unserer Kirche“, sagt der scheidende Superintendent.
Datum:
24. Sept. 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 39/2024

Pfarrer Hans-Peter Bruckhoff, der langjährige Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Aachen, wurde vergangenes Wochenende von Präses Thorsten Latzel aus seinem Amt entpflichtet und geht in den Ruhestand. Das Superintendentenamt hatte er seit 1996 inne. Schon 1985 war er als „Hilfsprediger“ nach Gemünd gekommen, wurde dort 1986 ordiniert und übernahm 1987 die Pfarrstelle. Am 8. Juni wählte die Kreissynode in der Aachener Genezarethkirche Pfarrerin Verena Jantzen zu seiner Nachfolgerin im Superintendentenamt. Anlässlich des bevorstehenden Wechsels trafen wir Superintendent Bruckhoff zum Gespräch.

Herr Bruckhoff, mit welchen Gefühlen gehen Sie auf Ihren Abschied zu?

Bruckhoff: Die Gefühle und Erfahrungen in diesem letzten Jahr sind für mich ungewohnt. Immerhin gehe ich zum ersten Mal in den Ruhestand. Ich habe in all den Jahren immer sehr auf in der Zukunft liegende Ziele, Aufgaben und Erwartungen bezogen gelebt. Das ändert sich in diesem letzten Jahr, weil ich viele Dinge jetzt zum letzten Mal mache.  

 

Welche besonderen Ereignisse aus Ihrer Amtszeit würden Sie hervorheben?

Bruckhoff: Da muss ich ein wenig ausholen bei 28 Jahren. (lacht) Ich hatte einen sehr intensiven Einstieg als Superintendent mit dem großen Projekt „Brücken bauen“, das zwischen 1997 und 2004 den Kontakt suchte zu den Kirchenmitgliedern, die nicht zur Kerngemeinde gehören.

Eine besondere Erinnerung verbinde ich mit dem Wanderkirchenasyl und mit dem Schicksal von Hüseyin Chalhan, einem Kurden, den ich in der Abschiebehaft im Gefängnis und danach in Istanbul besucht habe. Mir ist an dieser Erfahrung, wie oft in meinem beruflichen Leben, deutlich geworden, wie sehr die Kernfragen unseres Glaubens und unserer Nachfolge im konkreten Tun Gestalt gewinnen und sich an persönlichen Schicksalen und Gesichtern festmachen.

Die Themen des konziliaren Prozesses mit der Bewahrung der Schöpfung, dem Einsatz für Gerechtigkeit und der Friedensfrage waren für mich ein roter Faden und das Grundkonzept unserer christlichen Verantwortung. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends habe ich die Aufmärsche der Neonazis in Aachen und in Stolberg in Erinnerung und unsere kirchlich und gesellschaftlich deutliche Antwort darauf. 
Natürlich war auch das Jubiläumsjahr der Reformation 2017 ein ganz besonderes Jahr. Wir haben es mit unseren Nachbarkirchenkreisen und in der Gemeinschaft der internationalen Partner gefeiert. Die letzten Jahre meines Dienstes mit Corona, mit der Fluterfahrung und den darauffolgenden Krisen und Kriegen hätte ich mir sicher anders gewünscht und vorstellen können. Und dennoch verbinde ich mit diesen letzten Jahren viele kostbare und wichtige Erfahrungen von tragfähiger Gemeinschaft in unserem Kirchenkreis und persönlicher Begleitung und Hilfe gerade im Zusammenhang mit der Flut.  

 

  >>Ich habe in all den Jahren immer sehr auf in der Zukunft liegende Ziele, Aufgaben und 
Erwartungen bezogen gelebt. Das ändert sich in diesem letzten Jahr, weil ich viele Dinge jetzt
zum letzten Mal mache. <<

Hans-Peter Bruckhoff

Hans-Peter Bruckhoff war 2021 unmittelbar betroffen von der verheerenden Flutkatastrophe an seinem Wohnort Schleiden-Gemünd. Das Licht der Kerze, die er beim bundesweiten ökumenischen Gedenkgottesdienst im Aachener Dom in der Hand hielt, erlosch in der Flutnacht nicht. (c) Bistum Aachen/Andreas Steindl
Hans-Peter Bruckhoff war 2021 unmittelbar betroffen von der verheerenden Flutkatastrophe an seinem Wohnort Schleiden-Gemünd. Das Licht der Kerze, die er beim bundesweiten ökumenischen Gedenkgottesdienst im Aachener Dom in der Hand hielt, erlosch in der Flutnacht nicht.

Wie würden Sie den Kirchenkreis Aachen charakterisieren?

Bruckhoff: Der Kirchenkreis Aachen ist ein geistlich vielfältiger, gesellschaftlich-diakonisch sehr aktiver Kirchenkreis. In den Referaten, den kreiskirchlichen Pfarrstellen im Krankenhaus, der Telefon- und Notfallseelsorge, den Schulen und der JVA geschieht Glaubenshilfe als Lebenshilfe. Die gemeinsame geistliche Leitungserfahrung, in die ich viel hineingeben durfte, aber mindestens ebenso viel bekommen habe, ist für mich das Entscheidende in meinem Dienst als Superintendent gewesen. Die ökumenische Situation in Aachen habe ich immer als eine sehr fruchtbare, manchmal auch herausfordernde Aufgabe verstanden.  

 

Welches persönliche Fazit ziehen Sie aus den Jahrzehnten Ihrer Tätigkeit?

Bruckhoff: Ich habe mein Leitungsamt als erster Sprecher der Kirche in der Region, als Kümmerer für den gemeinsamen evangelischen Weg unserer Kirche und als Pastor und Seelsorger im Kirchenkreis verstanden. Ich habe mich bemüht, für die Menschen da zu sein, die mich persönlich brauchten.

Darüber hinaus kann und will ich keine abschließende Bilanz meiner Amtszeit ziehen, das liegt bei anderen. Diese 28 Jahre und davor sechs Jahre als Assessor verstehe ich im Nachhinein in dieser Bewegung, dass wir gemeinsam immer wieder neu anfangen und danach fragen, was Gott jetzt von uns getan haben will. Wenn ich auf all die Begegnungen und das beeindruckende Netzwerk in unserem Kirchenkreis zurückschaue, bin ich erfüllt von Dankbarkeit und Freude darüber, was wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben.

 

>>Die ökumenische Situation in Aachen habe ich immer als eine sehr fruchtbare, manchmal auch herausfordernde Aufgabe verstanden. <<

Hans-Peter Bruckhoff

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Bruckhoff: Ich freue mich darauf, als Pensionär mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu haben. Die theologische Arbeit wird mich weiter begleiten, und ich bin offen für Gottesdienste und ehrenamtliches Engagement in unserer 
Kirche. Ein Hobby würde ich gerne wieder verstärken: Blues spielen und Musik machen in einer Band. Mal sehen, was daraus wird. Ich bin neugierig, was Gott in dieser Lebensphase mit mir vorhat.  

 

Was werden Sie wohl vermissen? Was sind Sie froh, hinter sich zu lassen?

Bruckhoff: Ich habe in all den Jahren das Privileg genossen, quer durch den Kirchenkreis Gemeinden zu besuchen, etwa bei Gemeindefesten oder bei Jubiläen und besonderen Gottesdiensten. Diese Gemeinschaft mit vielen Menschen, dieses lebendige Netzwerk wird mir fehlen. Natürlich hat dieses Leitungsamt auch eine Menge Alltagsaufgaben und Belastungen, und man wird immer wieder unterbrochen in dem, was man gerade tut, durch aktuelle Ereignisse. Ich freue mich auf die Entpflichtung in meinem Abschiedsgottesdienst und damit frei zu werden von all den Verantwortlichkeiten, denen ich versucht habe, gerecht zu werden. 

 

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für den Kirchenkreis Aachen in der Zukunft, welche Ihre Nachfolgerin angehen muss?

Bruckhoff: Das ist eindeutig eine Fangfrage. (schmunzelt) Ich finde, einem Ruheständler steht das nicht gut zu Gesichte, hier noch weise Ratschläge weiterzugeben. Wofür ich stehe und welche Prioritäten und Herausforderungen ich sehe, habe ich in meiner aktiven Zeit kommuniziert. 

 

Was wünschen Sie Pfarrerin Jantzen als Nachfolgerin in diesem Amt?

Bruckhoff: Ich wünsche ihr, dass die Synode, der Kreissynodalvorstand, die Pfarrerinnen und Pfarrer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unsere Gemeinden und der ganze Kirchenkreis sie unterstützt, fordert und mitträgt und ihr immer wieder neu das Vertrauen schenkt. Gottes Segen wünsche ich der neuen Superintendentin.

Kluger und liebenswürdiger Gesprächspartner

(c) Bistum Aachen/ Martin Braun

Zum Abschied von Hans-Peter Bruckhoff betont Bischof Helmut Dieser: „Seit Beginn meines Wirkens als Bischof in Aachen im November 2016 darf ich Sie als sehr zugewandten, klugen und liebenswürdigen Gesprächspartner in der Ökumene und Bruder im Glauben erfahren.

In zahlreichen gemeinsamen ökumenischen Begegnungen und Veranstaltungen haben Sie mir sehr häufig Ihr hohes persönliches Interesse, Ihre theologischen Übereinstimmungen und Ihre persönliche Wertschätzung zum Ausdruck gebracht. 
Dabei habe ich Ihre Offenheit und Ihre geistliche Beweglichkeit bis hin zu kritischer Selbstreflexion, an der Sie mich oft teilnehmen ließen, bewundert und geschätzt.“