Gemeinsam Gott loben

Rund 900 Teilnehmende kommen zum dritten diözesanen Kirchenchortag nach Aachen

Fast 900 Sängerinnen und Sänger füllten das Oktogon im Aachener Dom ... (c) Bistum Aachen/Andreas Steindl
Fast 900 Sängerinnen und Sänger füllten das Oktogon im Aachener Dom ...
Datum:
27. Juni 2024
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 26/2024 | Kathrin Albrecht

Rund 10 000 Sängerinnen und Sänger engagieren sich im Bistum Aachen in Chören und Chorgemeinschaften. Knapp 900 von ihnen kamen in Aachen zum diözesanen Kirchenchortag zusammen, um Neues kennenzulernen, sich von der Gemeinschaft inspirieren zu lassen – und natürlich, um gemeinsam zu singen. 

… und die Chorhalle beim Abschlussgottesdienst mit Bischof Helmut Dieser. (c) Bistum Aachen/Andreas Steindl
… und die Chorhalle beim Abschlussgottesdienst mit Bischof Helmut Dieser.

Und das ging schon beim Morgenimpuls in der Aachener Citykirche los. Domvikar Peter Dückers, frisch ernannt zum Präses des Diözesancäcilienverbandes, begrüßte die Sängerinnen und Sänger, die aus dem gesamten Bistum nach Aachen gereist waren. Das Verschmelzen der verschiedenen Stimmen zu einem großen Chor machte Lust auf das, was da noch kommen sollte. Verschiedene Workshops standen den Teilnehmenden zur Verfügung. Vom Neuen Geistlichen Lied, geleitet vom Düsseldorfer Komponisten Christoph Seeger, über das Entdecken neuer Lieder von  Huub Osterhuuis mit Tom Löwenthal bis zur Vorbereitung des musikalischen Programms zum Abschlussgottesdienst im Aachener Dom mit Domkantor Marco Fühner.

Ein Workshop stellte das neue Aachener Chorbuch „Dreistimmig“ vor, das pünktlich zum Chortag erschienen war. Wie sein Vorgänger beinhaltet es Bearbeitungen für Chöre und Chorgemeinschaften von Liedern aus dem Gotteslob. Diözesankirchenmusikdirektor Michael Hoppe erzählt, dass es vor allem Lieder aus dem Gotteslob sind, die sich im Bistum noch nicht so durchgesetzt haben. Gemeinsam mit Holle Goertz, Regionalkantorin aus der Eifel, und Thomas Linder, Regionalkantor Aachen-Stadt, machten sich die Teilnehmenden an den ersten dieser noch ungehobenen Schätze, das Lied mit der Nummer 103 im Gotteslob, „Dieser Tag ist Christus eigen“. Doch bevor es ans Singen ging, musste erst einmal die Körperhaltung aufgelockert werden. Und so dehnten die Teilnehmenden die Schultern, klopften Arme und Beine aus. Dann waren die Stimmbänder dran. So aufgewärmt, konnten sich die Sängerinnen und Sänger an die Bearbeitung machen, jede Stimme erst einmal für sich, dann zusammen. Zufriedene Gesichter am Schluss – „ein schönes Lied“, meinte eine Teilnehmerin.

Das nächste Stück, das „Abendlied“ ganz zu Beginn des Buches, ist eines der wenigen Stücke, die nicht von Aachener Kirchenmusikern komponiert wurde. Christoph Seeger und Klaus Wallrath haben es für das Kindermusical „Man muss die Menschen froh machen – Bilder aus dem Leben der heiligen Elisabeth“ komponiert, Florian Simson verfasste den Text. Das Lied war auch später Teil des Abschlussgottesdienstes im Dom. Für Holle Goertz hat es eine besondere Bedeutung. „Während der Fluttage in der Eifel war dies mein Gebet“, erzählt sie. Und auch auf die Workshopteilnehmer machte es Eindruck. Einfach zu singen ist das Stück nicht – der Text hat Zielpunkte, die man auch hören soll, gab Holle Goertz an die Sängerinnen und Sänger weiter. Und auch musikalisch waren die teils versetzten Einsätze der einzelnen Stimmen, der kanonartige Aufbau einiger Passagen für viele etwas ungewohnt. Doch am Ende klang es wunderbar.

„Das macht Spaß“, meinte Frank Braun aus Kall-Keldenich. Er singt dort in einem kleinen Chor und ist eine von zwei Männerstimmen. „Jetzt hier mal noch andere Männerstimmen dabei zu haben, ist toll. Man kann auf die anderen hören und muss nicht selber die Stimme tragen.“

„Very british“ war es in der Aachener Citykirche mit Andreas Hoffmann, Regionalkantor Aachen-Land, und Niklas Piel, Regionalkantor Krefeld. Die Teilnehmenden setzten sich hier mit englischer Chormusik auseinander. Anderthalb Stunden Spaß versprach Andreas Hoffmann, und in der Tat wurde nicht nur viel gesungen, sondern auch viel gelacht.

An die Basics ging der Workshop mit Rolf Schmitz-Malburg, Projektkoordinator beim WDR-Rundfunkchor und Juror bei der Sendung „Die besten Chöre im Westen“. Er nahm mit den Teilnehmenden stimmliche Chorfarben unter die Lupe. Und ging auch auf die Probleme ein, die sich in den Chören häufig ergeben: Was mache ich, wenn ich ein Hörgerät trage? Wie überprüfe ich, ob ich richtig singe? Sein Rat: „Das Hörgerät ausschalten und die Mitsängerinnen und -sänger fragen.“ Denn die geben ein ehrliches Feedback. Auch für Menschen mit Tinnitus ist die Selbsteinschätzung schwierig. Was für sie furchtbar klingt, klingt für andere gut. Der Grund: „Das, was wir von uns selbst hören, wenn wir singen, findet so nicht statt.“

In einem nächsten Schritt ging es ans richtige Singen von Vokalen und Konsonanten. Da kann die Zunge Segen und Fluch zugleich sein. Mehr Raum für den Ton lässt sich gewinnen, wenn die Zunge schwer auf den Mundboden sackt. Das ist allerdings etwas ungewohnt. Um den Sängerinnen und Sängern ein Gefühl dafür zu geben, wie Vokale und Konsonanten im Gesang betont werden, ließ Schmitz-Malburg das Stück „Ich lobe meinen Gott“ mal nur mit Konsonanten und mal nur mit Vokalen singen.

Und auch, wie die Umgebung den Ton beeinflusst, ließ er ausprobieren und ließ die Teilnehmenden im Freien singen. „So etwas sollte es öfter geben“, meinte Ulrike Theißen-Hoppe. Sie leitet den Chor St. Barbara in Alsdorf-Ofden.

Bevor es zum Einsingen in den Aachener Dom ging, war Zeit, sich in Gruppen auszutauschen. Man blickte in viele glückliche Gesichter. Das stellte auch Michael Hoppe fest. Jetzt, wo alle Sängerinnen und Sänger zu einem Chor von fast 900 Stimmen zusammenkamen, wurden noch einmal einige Lieder angesungen, damit sie später im Gottesdienst klappen. War der Klang schon beim Morgenimpuls beeindruckend, wurde dieser Eindruck noch einmal übertroffen, als fast 900 Stimmen, verteilt auf zwei Ebenen im Oktogon und die Chorhalle des Doms, zu einem Chor verschmolzen. Damit auch alle Sängerinnen und Sänger wussten, wie sie singen sollten, wurde jeder Abschnitt noch einmal von einem Chorleiter mitdirigiert. Auch das war ein beeindruckender Anblick. An der Orgel war der Dürener Regionalkantor Max Deisenroth zu hören. Michael Hoppe, der die musikalische Gesamtleitung hatte, dankte den Teilnehmenden: „Erinnern Sie sich an Corona? Dass wir das jetzt gemeinsam erleben dürfen – wow“. Applaus brandete auf, er sprach vielen aus dem Herzen.

Auch Bischof Helmut Dieser, der den Abschlussgottesdienst mit Dompopst Rolf-Peter Cremer und Domvikar Peter Dückers zelebrierte, bedankte sich bei den Sängerinnen und Sängern. Die Freude an Gott, die durch Musik getragen und ausgelöst wird, werde durch sie erlebbar: „Danke, dass Sie das heute hier tun und bei sich zu Hause in den Gemeinden.“
In Zeiten, in denen vieles unter Spannung stehe und auseinanderzubrechen drohe, habe Musik eine einende Kraft. „Es war einfach schön, bei Ihnen und mit Ihnen zu sein“, gab der Bischof den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf den Weg nach Hause mit.

Auch Michael Hoppe ergriff zum Schluss noch einmal das Wort und warb für eine bundesweite Aktion der Kirchenmusikreferate. Am 8. November soll es um 19 Uhr unter dem Titel „Kirchenmusik klangvoll vereint für Kirche und Demokratie“ kleinere Impulse geben. Es müsse keine lange Aktion ein. Wichtig sei, dass „wir gemeinsam unsere Stimme erheben und ein Statement setzen“. Stimmungsvoll wurde es, als zum Abschluss das „Abendlied“ erklang. Dann war auch der dritte diözesane Kirchenchortag vorbei. Viele blieben noch, um das Nachspiel von Orgel und Orchester zu hören, das mit Applaus bedacht wurde. 

„Sehr glücklich und sehr dankbar“ war auch Friederike Braun, Regionalkantorin in Kempen-Viersen. Sie hatte vor allem organisatorisch viele Fragen geklärt.
Verliefen die Anmeldungen zu Beginn etwas schleppend, überraschte die große Nachfrage zum Ende hin und führte zu einigen Umplanungen. „Doch am Ende haben wir es hinbekommen, das alle die Workshops besuchen konnten, die sie sich gewünscht haben.“ Glücklich und dankbar traten die Teilnehmenden ihren Heimweg an – um viele Eindrücke reicher.

Drei Fragen an

(c) Bistum Aachen/Andreas Steindl

Professor Michael Hoppe, Domorganist und Diözesankirchenmusikdirektor im Bistum Aachen

Herr Hoppe, wie sieht es mit der Chorlandschaft im Bistum Aachen aus?

Hoppe: Nach Corona hatten wir große Sorge, wie sich das entwickeln wird. Ein paar Chöre haben sich tatsächlich aufgelöst, auch im Kinder- und Jugendbereich hatten wir vereinzelte Einbrüche, aber insgesamt haben wir uns gut berappelt. Es scheint doch ein großes Bedürfnis bei den Menschen zu sein, zusammenzukommen und gemeinsam etwas zu tun. Das spiegeln uns auch fast 900 Anmeldungen zum Chortag, das hat uns positiv überrascht. Insgesamt sind es im Bistum fast 10000 Menschen, die sich in Chören engagieren, das ist ein Pfund, mit dem man arbeiten kann. 

 

Welche Herausforderungen gibt es?

Hoppe: Da sehe ich vor allem Herausforderungen bei der Rolle der Kirche in der Gesellschaft. Manche sagen: „Der Musik wegen komme ich noch, aber mit dem anderen habe ich Schwierigkeiten.“ Dann wird es zunehmend schwieriger, die Chorprobentermine zu gestalten, denn ein fester wöchentlicher Termin passt für viele nicht mehr. Hier werden wir zunehmend projektbezogener arbeiten. Die Chöre im Bistum sind sehr vielseitig. Schön finde ich es auch, dass die Kirchenmusikerinnen und -musiker im Bistum näher zusammengerückt sind und mehr zusammenarbeiten. Dann trifft auch hier der Personalmangel – das ist aber ein generelles Problem. Stellenneubesetzungen, selbst bei gut bezahlten Stellen, werden schwieriger, das ist kein Selbstläufer mehr. Hier gilt es, ansprechende Angebote zu machen. Das ist uns gelungen. Wir konnten auch Musikerinnen und Musiker aus anderen Diözesen gewinnen. 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft, auch mit Blick auf den diözesanen Kirchenchortag?

Hoppe: Ich wünsche mir, dass wir den Chorsängerinnen und Chorsängern Motivation und Freude mitgeben können, dass sie sehen, dass sie nicht alleine sind und dass sie durch die Chormusik getragen sind. Wir wollen zeigen: Wir können lebendige Kirche sein, denn Chormusik ist mehr als ein reiner kultureller Auftrag. 

Stimmen vom Chortag

(c) Kathrin Albrecht

René Gehlen, Kirchenchor Kall-Keldenich:
Singen bedeutet für mich, eine tragende schöne Zeit gemeinsam zu verbringen. Man ist immer wieder froh, wenn man zu den Chorproben gegangen ist. 

(c) Kathrin Albrecht

Ulla Schmitz, Kirchenchor Kall-Keldenich: 
Ich singe für mein Leben gern. Es macht Freude, mit anderen neue Lieder auszuprobieren.

(c) Bistum Aachen/Andreas Steindl

Holle Goertz, Regionalkantorin Eifel:
Das ist der Reiz an diesem Kirchenchortag: Menschen kommen zusammen, singen zusammen, finden sich als Chorgemeinschaft. Die Sängerinnen und Sänger, die hier teilnehmen, wirken als Multiplikatoren für ihre Chöre zu Hause. 

(c) Kathrin Albrecht

Rolf Schmitz-Malburg, Projektkoordinator beim WDR-Rundfunkchor und Juror bei der Sendung „Die besten Chöre im Westen“:
Ich bin überrascht, wie spielfreudig die Teilnehmenden sind. Es ist immer eine Wundertüte, wenn Menschen aus verschiedenen Chören zusammenkommen. Ich hätte gerne noch etwas mehr Zeit gehabt. 

(c) Kathrin Albrecht

Erika und Helmut Jonas, Kirchenchor St. Barbara Alsdorf-Ofden: 
Wir beide singen seit unserer Jugend und seit 24 Jahren im Chor. Wir haben schon einmal an einem  Kirchenchortag teilgenommen und haben sofort gesagt, dass wir dabei sein wollen. 

CHORBUCH

(c) Bistum Aachen/Andreas Steindl

„Dreistimmig – das Aachener Chorbuch 2“ ist der Nachfolger des vor zehn Jahren erschienenen „Aachener Chorbuches“. Ziel war es, mit eigenen Sätzen Chöre und Chorgemeinschaften als Teil einer lebendigen Gemeinschaft in ihrer Aufgabe zu stärken und ihnen Lust auf die Schätze des Gotteslobes zu machen, das 2013 erschienen war. Das ist auch das Ziel des zweiten, 206 Seiten starken Chorbuches, das zudem einen Schwerpunkt auf dreistimmige Bearbeitungen für Chöre legt. So wird auch in einer kleineren Besetzung die kreative Arbeit mit den Chorstücken ermöglicht. Die Chorsätze wurden von den Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern aus dem Bistum 
Aachen erarbeitet. Andreas Hoffmann, Regionalkantor Aachen-Land, erstellte den Notensatz. Das Aachener Chorbuch 2 ist im Aachener Einhard-Verlag erschienen.

So war der dritte Kirchenchortag in aachen

5 Bilder