Geliebte Menschen in Erinnerung behalten

Mirjam Verspuij macht Trauerarbeit ganz kreativ und individuell

Erinnerungsstück 1_Nachricht (c) Andrea Thomas
Erinnerungsstück 1_Nachricht
Datum:
15. Nov. 2016
Von:
Andrea Thomas
Einen nahestehenden Menschen zu verlieren bedeutet, ein Stück weit den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Erinnerungsstück 2_Quadrat (c) Andrea Thomas
Erinnerungsstück 2_Quadrat

Was gibt Halt und Kraft in dieser schweren Zeit? Textildesignerin und Trauerbegleiterin Mirjam Verspuij gestaltet für und mit Angehörigen sehr persönliche Erinnerungsstücke, die auf besondere Weise Trost spenden.

„Das Thema Abschied war schon immer bei mir“, sagt die gebürtige Niederländerin, die in Aachen lebt und arbeitet. Als Pfarrerstochter sind ihr Beerdigungen von klein auf nicht fremd. Eigene Verlusterfahrungen vertiefen das im Laufe der Jahre und auch in ihrem ersten Beruf als Krankenschwester wird sie immer wieder mit Tod, Abschied und Trauer konfrontiert.

Seit 2004 arbeitet sie als Textildesignerin und gestaltet Symbole zu Wendepunkten im Leben: Geburt eines Kindes, Abbrüche und Neubeginn, Tod und Verlust. Sie macht eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin und bringt hier ihren kreativen Ansatz zur Trauerarbeit mit ein. Wer sich schwer tue, seine Trauer, seine Gefühle in Worten auszudrücken, finde hier einen Weg, dies zu tun. Egal, ob jemand künstlerisch begabt sei oder nicht.

„Die Idee ist entstanden, als ich meine Oma, zu der ich ein sehr inniges Verhältnis hatte, verloren habe“, erzählt Mirjam Verspuij. Aus Wolle, die sie im Nachlass der geliebten Großmutter findet, strickt sie sich eine tröstende und wärmende Decke. Außerdem gestaltet sie einen ganz persönlichen Lebensbaum aus Fotos, Briefen, den Lieblingssprüchen ihrer Oma und mehr. Was ihr geholfen hat, ist sie überzeugt, kann auch anderen helfen und so startet sie ihr „Angebot am Küchentisch“. Menschen, die um jemanden trauern, sind eingeladen, mit ihr aus Kleidungsstücken oder Gegenständen, die mit dem Verstorbenen verbunden sind, Erinnerungsstücke zu gestalten. „Oft sind diese Dinge das Einzige, was wir noch von einem Menschen neben den Erinnerungen an ihn haben“, sagt sie. Diese Dinge verwandelt sie in etwas Neues, das eine Brücke sein kann vom Leben vor dem Verlust in ein Leben danach und damit.

An einem passend nasskalten und trüben Novembernachmittag stellt sie in der Benediktinerabtei Kornelimünster Beispiele für solche tröstenden Erinnerungssymbole vor und erzählt die Geschichten dahinter. Die, die gekommen sind, lassen sich berühren von der 89-jährigen alten Dame, die ihren Mann auch noch nach vielen Jahren noch schmerzlich vermisst und für die Mirjam Verspuij einen wärmenden Muff mit einem Foto von ihnen beiden arbeitet oder von dem jungen Paar, das ein Erinnerungspüppchen näht, das sie und ihr ungeborenes Baby an seine Oma erinnern soll.

 

Etwas durch die eigenen Hände entstehen lassen

„Es geht um die Auseinandersetzung und Würdigung von Lebensgeschichten“, sagt Mirjam Verspuij. Wie ein Erinnerungsstück ausschaue, sei so verschieden, wie die Menschen, die zu ihr kommen. Da entstehen Kissen oder Windlichter, in die sie ein Foto des Verstorbenen einarbeitet, ein Windspiel aus Erinnerungsstücken, ein Sitzkissen aus Oberhemden oder eine Schatzkiste voller Erinnerungen.

Ihre Erfahrungen zeigten, wie gut es tun könne, sich Zeit zu nehmen, sich zu erinnern und „etwas durch die eigenen Hände entstehen zu lassen, gerade so wie es kommt, ohne vorher zu wissen, wohin die Reise geht“. Damit zerstreut sie auch die Bedenken einer Teilnehmerin, was denn wohl andere von ihr dächten, wenn sie so etwas mache. „Wichtig ist doch, dass es Sie tröstet, oder nicht?“

Die Veranstaltung war Teil einer Themenreihe „Tote bestatten“ die Pastoralassistentin Angela Reinders in der GdG Kornelimünster/Roetgen zum Jahr der Barmherzigkeit initiiert hatte. Dazu zählten unter anderem ein Besuch auf dem jüdischen Friedhof, ein Filmabend zum Thema „Koffer packen für die letzte Reise“ und ein Podiumsgespräch zur Bestattungskultur. Mit der Resonanz ist sie zufrieden: „Mir war wichtig, das Thema in den Blick zu nehmen, auch vom Seelsorglichen aus.“ Infos zu Miriam Verspuij: www.mips-it.de

Erinnerungsstück 2_Quadrat (c) Andrea Thomas