Die weißen Kleider und Anzüge sind im Schrank geblieben. Für die Kommunionkinder, die sich wochen- und monatelang auf das Sakrament vorbereitet haben, verlängert sich die Wartezeit für den Gang zum Tisch des Herrn im „Corona-Jahr“ auf unbestimmte Zeit. Wie dieses Vakuum kreativ aufgefangen und überbrückt werden kann, zeigt die Gemeinde St. Peter Hinsbeck. Sie lädt zur Entdeckung von „Glaubensspuren“
Sie kommen jeden Tag daran vorbei: Erwachsene beim Weg zum Einkaufen, die Kinder auf dem Schulweg. Geheimzeichen, die eine Brücke zum Glaubensleben in den Alltag schlagen, die aber nicht mehr im Blick sind: kleine Kapellen, Kreuze an Wegen, Symbole an Brunnen. „Sie zu sehen und zu verstehen, darum geht es uns“, erklärt Lucia Traut. Schmunzelnd ergänzt sie: „Und vielleicht ist die Aktion bewusstseinsschärfend.“ Gemeinsam mit Ralf Schröder koordiniert die Theologin, die hauptberuflich in der katholischen Familienbildung aktiv ist, die Aktion des seit einigen Jahren eingeschworenen Erstkommunion-Teams in Hinsbeck.
Als das „Aus“ für den „weißen Sonntag 2020“ kam, war die vorbereitende Katechese fast abgeschlossen. Statt der Einladung zum letzen Familientreffen wurde den Eltern per Kurznachricht mitgeteilt, dass keine Kommunion zum geplanten Zeitpunkt stattfinden werde. Nach einer Woche telefonierten Ralf Schröder und Lucia Traut, beide entschieden, dass etwas passieren müsse: „Wir haben den Kindern schließlich jetzt mehrere Monate erklärt, dass es um Gemeinschaft geht!“ Wie aber kann man Gemeinschaft erzeugen in Zeiten der verordneten sozialen Distanz? Wie kann Nähe geschaffen werden und entstehen? Das Konzept der Briefkatechese wurde entwickelt: Die Kinder erhielten nicht nur sehr persönliche Briefe, sondern auch Hinweise zu Bibelstellen als „Lesetipps“, eine kindgerechte Liturgie für zu Hause an die Hand, Links zu Youtube mit Erklärvideos und Angebote zu eigenen Aktionen.
Alles war am schönsten! So die Antwort von Ida Künstler auf die Frage, was ihr besonders gefallen habe von den Aufgaben: Zuerst musste sie eine Postkarte an ein Mit-Kommunionkind schreiben, der „Hahn“, der schon in einer Gruppenstunde fertig gebastelt worden war, sollte an Palmsonntag mit Buchsbaum geschmückt vor die Türe gestellt werden, Fürbitt-Steine standen Karfreitag an. „Beschrifte Steine mit Namen von Menschen, denen es nicht gut geht und für die du heute beten möchtest“, lautete die Aufgabe. Auch an der „Schuh-Challenge“ hat sich Ida beteiligt: Unter dem bekannten Fußball-Motto „you never walk alone“ sollten die Kinder ihre Kommunionschuhe in Szene setzen, fotografieren und in der Gruppe teilen. Das erzeugt Miteinander und macht einfach auch Spaß.
Besonders gut gefallen hat dem Mädchen hörbar die Aktion „Hosianna“. „50 Mal stand da in fröhlichen bunten Buchstaben ,Hosianna’ – so etwas hat Hinsbeck noch nie gesehen!“, ist auch Lucia Traut begeistert. Nicht nur die Familien der 19 Kommunionkinder haben sich an dem „Kreide-Street-Art-Flashmob“ rund um die Kirche beteiligt. Sie wurde zu einer Dorfaktion. Idas Mutter Anna Künstler bestätigt: „Man fuhr ins Dorf rein, und es leuchtete!“ Begeistert ist sie von der Unterstützung und Begleitung. „Für uns steht nicht das Fest im Vordergrund. In dem Fall ist der Weg das Ziel, und wenn der geebnet und begleitet wird, und das Fest dann irgendwann folgt… Dann ist es mir persönlich egal, ob das Kommunionkleid noch passt.“ Den weißen Sonntag haben sie als Familie verbracht, erzählt Mutter Anna, die Weinrebe gepflanzt, die die Katecheten gebracht haben. In Anlehnung an das Kommunionleitwort „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ haben alle Kinder einen Setzling erhalten. Ein Geschenk, das gerade jetzt einen hohen Symbolwert habe, wie Ralf Schröder erklärt: „Wir versuchen den Brückenschlag und Spannungsbogen der kommenden Kommunionfeier zur jetzigen Zeit. Das heißt: So wie der Rebstock bis dahin gewachsen ist, ist auch euer Weg weitergewachsen.“
Bei allem religiösen Überbau orientierte sich das Orga-Team sehr an der Lebenswelt der Kinder: Analog und digital, kreativ und kontemplativ – die Mischung ist wohl das Erfolgsrezept. Viele positive Rückmeldungen gab es auf das große Finale: Den „Action Bound“, landläufig als Schnitzeljagd bekannt, der in der modernen Variante mit Smartphones und Tablets funktioniert. Das ist, so die Initiatoren, arbeitsintensiv und kostet auch. Es galt, sich in die Welt der Apps einzuarbeiten, Fragen zu erstellen, eine Lizenz zu erwerben. Eine gute inhaltliche Vorlage hätte der Verschönerungsverein des Ortes mit seinem Kapellenwegführer geboten, auf den man zurückgreifen konnte. So entstand für die „Tour durch die Gemeinde“ ein Fragen- und Aufgabenkatalog. Das bringt die Teilnehmer gemeinsam im Wortsinn „auf den Weg“. Am Ende erwartete die Absolventen ein „Schatz“.
Nachdem die Kommunionkinder Vorfahrt hatten, steht ab sofort der „Action Bound“ allen offen. Der Startcode findet sich im Schaukasten am Jugendheim. „Der Endpunkt steht an einer Glaubensspur… Wo, das wird aber nicht verrraten“, lächelt Ralf Schröder verschmitzt.