Gedankenanstöße fürs „Ich“

Fünf Initiatorinnen haben in Schleiden einen Meditationsweg als Ort für alle Menschen gestaltet

Fünf Frauen, ein Weg: Ida Prinz-Hochgürtel, Carola Schmitz, Uschi Grab, Bettina Sauer und Ursula Seeger (v. l.). (c) Mira Otto
Fünf Frauen, ein Weg: Ida Prinz-Hochgürtel, Carola Schmitz, Uschi Grab, Bettina Sauer und Ursula Seeger (v. l.).
Datum:
1. Sep. 2020
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 36/2020 | Mira Otto

Unsere Welt dreht sich immer schneller. Zwischen Arbeit, Familie, Hobby und sozialem Engagement bleibt dann manchmal zu wenig Zeit für die Dinge, die kaum auf einer der abzuarbeitenden To-do-Listen zu finden sind: Ruhe, Achtsamkeit und die Zeit, in der einfach mal innegehalten wird, um sich auf sich selbst und die eigene Mitte zu besinnen. 

Fünf Frauen haben sich vor fünf Jahren zusammengetan, um einen Ort zu schaffen, an dem man einfach mal die Seele baumeln lassen kann und soll. In Schleiden/Eifel ist mit viel Engagement ein Weg entstanden, der dazu einlädt, Ruhe zu finden. Bei der feierlichen Eröffnung ergriff Uschi Grab, Mitglied der Projektgruppe Meditationsweg, das Wort: „Wir ahnten nicht, was alles auf uns zukommen würde. Wir wollten einen spirituellen Ort in freier Natur schaffen, wo Menschen bei sich sein können“, sagte sie und weiter: „Hätten wir gewusst, was auf uns zukommt, hätten wir uns eventuell gar nicht darangewagt. Die letzten Wochen waren sportlich. Es war vielseitiges Talent, das unser Projekt hat gelingen lassen. Ich möchte Menschen ermutigen, inne zu halten, achtsam zu leben, sich Ruhepausen zu gönnen und mit den Augen sehen zu lernen.“

Doch sie wussten es nicht. Und so begann vor drei Jahren schließlich die genaue Planung durch Uschi Grab, Ida Prinz-Hochgürtel, Bettina Sauer, Carola Schmitz und Ursula Seeger. Orte für die einzelnen Stationen wurden gesucht, Verbündete wurden gefunden. Für die einzelnen Anfertigungen achtete das Quintett darauf, dass lokale Firmen und Künstler beteiligt wurden.

So stammt beispielsweise das Logo, fünf Punkte in den Farben des Regenbogens, die im Rund immer kleiner werden, aus der Hand von Ayse Okur, einer Schülerin des Berufskollegs Rheinbach. Auch der Flyer stammt von einer Schülerin des Berufskollegs, Yoanna Marinova. „Es war uns auch ganz wichtig, dass wir jungen Leuten die Möglichkeit geben, Erfahrungen zu sammeln“, sagte Ida Prinz-Hochgürtel hierzu. „Eine Sache ist klar: Momente der Ruhe sind für die mentale Stärke absolut unabdingbar. Es ist toll, dass wir Menschen haben, die solche Ideen in die Umsetzung bringen, und ich bin froh, dass wir den Meditationsweg eröffnen können. Das Konzept ist spannend und der Weg ist schön“, sprach der Bürgermeister der Stadt Schleiden, Ingo Pfennings, sein Lob aus. 
Der Leiter der Gemeinschaft der Gemeinden Hellenthal/Schleiden, Regionalvikar Pfarrer Philipp Cuck, ergriff das Wort: „Wir stehen hier, weil ein Gemeindemitglied mit sehr gesundem Ehrgeiz an die gute Sache gegangen ist.“ Dazu gab er dem Meditationsweg seinen Segen und sprach mit den Anwesenden das Vaterunser.

Der Pfarrer beleuchtete darüber hinaus, dass sich auch das Bistum Aachen an der „guten Sache“ beteiligt habe. Mit rund 30 000 Euro hat das Bistum Aachen den Meditationsweg mitfinanziert. In diesem Zusammenhang erwähnte Uschi Grab das Projekt des Bistums Aachen „Heute bei dir“. Dabei handelt es sich um einen 2017 von Bischof Helmut Dieser ausgerufenen synodalen Gesprächs- und Veränderungsprozess im Bistum Aachen. Darin will die Kirche in einer sich verändernden Gesellschaft zusammen mit den Menschen einen gemeinsamen Weg finden. Zum Mitmachen eingeladen ist jeder, ob der Kirche nahestehend oder nicht. „,Heute bei dir‘ sucht auch solche Orte wie den Meditationsweg. Ich glaube, wir haben einen Ort für alle Menschen geschaffen. Auch für die, die kirchenkritisch sind“, sagte Grab hierzu.

Und so haben die Frauen sieben Orte für die einzelnen Stationen gefunden, denen je ein Thema und eine Farbe des Regenbogens gewidmet sind. Diese können einzeln für sich oder als Weg besucht werden. Die ganze Strecke misst rund zwei Kilometer. Der Weg ist nicht barrierefrei. Ein bis zwei Stunden hat die Projektgruppe Meditationsweg für die kurze Strecke eingeplant. Einkalkuliert ist Zeit, die man braucht, um sich entspannt mit jeder Station auseinanderzusetzen.

Startpunkt ist der Parkplatz oberhalb der Schlosskirche in Schleiden. Von dort aus heißt es zunächst: ankommen. Die erste Station befindet sich im Schlosshof. Sie ist da, um sich auf den bevorstehenden Weg einzulassen, den eigenen Atem zu spüren, Ruhe zu finden und sich mit dem eigenen Selbst auseinanderzusetzen. „Liebe ich mich? Liebe ich mein Leben?“ ist auf dem Schild zu lesen. Dann wendet sich der Weg ab vom Trubel der Stadt und führt leicht bergauf in Richtung des anliegenden Friedhofs. Wichtig zu wissen: Zukünftig soll der Weg mit der Nummer 28 ausgeschildert werden, um die Navigation durch das Wegegeflecht zu erleichtern. Das war bei der Eröffnung noch nicht der Fall, weswegen die Projektgruppe Meditationsweg den Weg mit kleinen Schildern markiert hat. Darauf ist das Logo des Weges abgebildet. Pfeile zeigen die Richtung an.

Auf dem Friedhof angekommen, findet sich neben der orangenen Kugel auf einem Holzpfahl eine Bank. Daneben ist der Ehrenfriedhof. „Krieg und Frieden – auch in meinem Leben?“ ist das Motto. Auch ist der Blick auf weitere Gräber gegeben. „Orange, die Farbe der Wandlung“, heißt es auf dem Schild. Man ist eingeladen, sich auf die Bank niederzulassen und sich zu fragen: Ist mein Leben friedvoll? Womit möchte ich Frieden schließen? Wie bei vielen anderen Stationen ist auch hier eine meditative Aktivität angeboten. Neben der Bank steht eine Schale mit kleinen Steinen. Einen davon in die Hand genommen, kann man an den Kriegsgräbern vorbeigehen und den Stein niederlegen, um das Leiden zu würdigen, den Krieg abzulegen und sich dem Frieden zuzuwenden. Die Aussicht weitet – wie immer wieder auf dem Meditationsweg – das Bewusstsein. Sie verführt dazu, auch die Gedanken schweifen zu lassen. Umgeben vom Nationalpark Eifel ist die Stadt von Wald umgeben und bietet den Blick auf die Natur. 
Der weitere Weg führt durch den Friedhof zu einer Baumgruppe. Bis dahin berichteten die Grabsteine über vergangene Leben. Dass diese nicht immer nur geradlinig verlaufen, macht die dritte Station deutlich. Ein keltisches Labyrinth – diese Form ist über 5000 Jahre alt – ist in eine Rasenfläche gepflastert. Der Wanderer kann dieses Symbol für den Lebensweg ablaufen und bemerkt: Der Weg führt nicht direkt zum Ziel und manchmal sogar wieder weiter weg. Auch hier wieder eine Bank, auf der man über Gott und die Welt nachdenken darf.

Weitere Stationen widmen sich beispielsweise auf dem evangelischen Friedhof der Reformation, im Sturmiuspark Hindernissen und an der Olef dem Wasser als Lebensspender. Teilweise sind die Stationen noch nicht ganz fertig. So war zum Zeitpunkt der Eröffnung an der sechsten Station noch ein Provisorium zu finden. 
Die letzte Station heißt „Kreuz – Leben und Glauben verbinden“. Eine Anhöhe begangen, hat man hier sein Ziel erreicht und findet sich vor der Schlossmauer wieder. Der Clou an dieser Station: Die Bank, die an jeder Station zu finden ist, ist hier zweigeteilt. Sitzt man auf dem einen Teil, schaut man auf ein großes Holzkreuz. Nutzt man die andere Seite, so muss man auch sich selbst herumdrehen und blickt nun von der Mauer weg über die Dächer Schleidens zu dem entfernten Wald. Diese Station der Farbe Violett, der Farbe der Spiritualität gewidmet, soll auf die Verbindung zwischen Leben und Glauben aufmerksam machen. 

Das Begleitheft mit Karten und Wegbeschreibung zum Meditationsweg Schleiden ist auf dem Parkplatz der Schlosskirche St. Philippus und Jakobus zu finden, in der Schlosskirche selbst sowie in der Bäckerei Friederichs, Am Markt 24 in Schleiden. 

Weitere Informationen und alle Downloads sind unter www.meditationsweg-schleiden.de abrufbar.

Der Meditationsweg Schleiden

3 Bilder