Wenn in der Domstadt Aachen die fünf Verfassungsorgane des Staates und bedeutende Vertretungen von Kirche und Politik in Deutschland und der Euregio zum zentralen Gedenken an die Opfer der Hochwasserkatastrophe zusammenkommen, dann steckt dahinter eine umfangreiche Organisationsarbeit. Ein Blick hinter die Kulissen.
Als der Sattelschlepper und zwei Lastwagen des ZDF am Dienstag auf dem Katschhof vorfuhren, durchlebte der Liturgiebeauftragte Peter Dückers erst einmal eine Schrecksekunde, erzählt er lachend. Einen enormen technischen Aufwand betrieb das Fernsehen für diesen besonderen Gottesdienst, zu dem unter anderem acht Kameras und eine ganze Wagenladung Scheinwerfer gehörten. Normalerweise, so weiß Dückers aus seiner eigenen Erfahrung als Pfarrer mit Fernsehgottesdiensten, werden „nur“ vier Kameras aufgebaut. Mit dem Liturgiekreis aus Deutscher Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche Deutschlands und einer Vertretung des Fernsehens hatte Domvikar Dückers das Procedere abgestimmt: Da ging es nicht nur um die Fragen, wer wo zu sitzen kam, wer die Zeichen zum Aufstehen gab, wer mit der Musik kommunizierte oder die Moderationskarten übergab – es ist beim Fernsehen auch immer die Frage der Zeit. Die Abläufe folgen einem Drehbuch. „Da wurde um Sekunden gerungen“, betonte Peter Dückers, der als Zeremoniar am Gottesdienst teilnahm.
Rolf-Peter Cremer
„So viele Aufgaben habe ich noch nie erlebt!“, bestätigte auch Dombaumeister Helmut Maintz, der die Auf- und Abbauarbeiten begleitete und ein sorgsames Augen darauf hatte, dass weder Gesimse noch die wertvollen Mosaike Schaden nahmen. Man sei ja schon durch die Heiligtumsfahrt und den Karlspreis allerlei gewöhnt, aber „das ist das ganz große Besteck“. Im Oktogon seien alle Nischen mit Licht bestückt gewesen, und trotz des bedenkenswerten Anlasses, wie Maintz betonte, schwang auch etwas Freude in der Stimme mit, als er sagte: „Der Dom wird im Fernsehen gut in Szene gesetzt.“
Als Anerkennung für den Aachener Dom hatte Dompropst Rolf-Peter Cremer die Anfrage der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche empfunden, diesem großen nationalen Unglück einen Raum der Trauer und des Leids zu bieten. „Der Dom ist ein Verbindungsort der Konfessionen und der europäischen Dimension und eine Einladung an alle Menschen, gleich welcher Religion oder Weltanschauung, in dieser Situation gemeinsam zu trauern.“
Ein „guter Gastgeber“ zu sein, war darum ein erklärtes Ziel, auch wenn es eine große Herausforderung zu bewältigen galt. Innerhalb von drei Wochen – die Anfrage zum ökumenischen Gottesdienst hatte den Dompropst beim Wandern auf der Schwäbischen Alb im Urlaub erreicht – musste ein musikalisches Konzept durch die Dommusik erstellt werden. Die bereits anberaumten Gottesdienste etwa für die Beauftragungsfeier der Gemeinde- und Pastoralreferenten und -referentinnen mussten ebenso berücksichtigt werden wie die Verlegung des 50-jährigen Jubiläums der Domsingschule und die regelmäßigen Messfeiern.
Apropos Musik und Gestaltung: Nicht nur der Ahr-Psalm von Stephan Wahl wurde vorgetragen und das Rezitat von Michael Hoppe an der Orgel begleitet und interpretiert, beim Gottesdienst fand eine Uraufführung statt: Klaus Wallrath hatte ein „ausdrucksstarkes Kyrie“ komponiert, wie es Domkapellmeister Berthold Botzet nannte. Erst am Sonntag vor dem Samstagsgottesdienst lag das frisch komponierte Stück vor, das in nur zwei Probesequenzen einstudiert wurde. Gleiches galt übrigens für die durch Wallrath neu arrangierten „Trost-Lieder“ aus dem Gotteslob. „Das kann man nicht mit jeder Sängerin und jedem Sänger machen“, bestätigte Botzet. Sie hätten extrem viel und dicht gearbeitet. „Das ist der Beitrag der Dommusik, den wir geben können“, meinte der Domkapellmeister bescheiden.
Tobias Schmitz
Für Dombaumeister Maintz und sein Team begann am Samstag bereits um
5 Uhr der Arbeitstag – gemeinsam mit der Polizei. Zur stadteigenen Hundestaffel hatte Hauptkommissar Tobias Schmitz 12 weitere aus ganz NRW und je eine aus Hessen und Rheinland-Pfalz angefordert, um im und um den Dom herum etwaigen Sprengstoff aufzuspüren. Sogar auf dem Gerüst an der Südseite des Doms war ein Höheninterventionsteam aus Köln im Einsatz. Immerhin galt es, die wichtigsten „Gefährdungspersonen“ im Lande bestmöglich zu schützen. Innerhalb von drei Wochen ein Sicherheitskonzept zu entwickeln, sei sehr sportlich gewesen. „Glücklicherweise kenne ich den Dom in- und auswendig“, erklärte der Mann für die Sicherheit den Heimvorteil. Dennoch waren sechs Ortstermine notwendig.
Nach dem Spürnasen-Sicherheitscheck ab 5 Uhr wurden ab 8 Uhr die Kontrollpunkte geöffnet, an dem 160 geladene Gäste, Personal und Presse passierten – Personen und Taschenkontrollen inklusive. Betroffen davon waren auch Gabriele Schloemer und ihr achtköpfiges Team vom Catering-Service. Am Abend zuvor hatten sie bereits die Grundausstattung angeliefert, die dann „à la minute“ im Kreuzgang vorbereitet wurde.
„Wenn um 11 Uhr die Messe beendet ist, wird es für uns interessant“, erzählte Gabriele Schloemer und betonte ihre Freude, Bundespräsident und Bundeskanzlerin zu bewirten. „Damit hätte ich nie gerechnet!“ Dabei war das Mahl nach Vorgaben der Deutschen Bischofskonferenz bescheiden nach dem Motto: „Das Nötigste, um Durst und Hunger zu stillen.“ Die Wahl fiel auf eine Getränkeauswahl und Brezeln sowie Kaffee, zu denen Aachener Printen gereicht wurden. Die Begegnung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.