Gastgeber für schwangere Maria

Während der Adventszeit wird in Jüchen die Tradition des Marientragens gelebt

Pater Andreas führt die von seinem Vorgänger Pater Felix begonnene Tradition fort. (c) Garnet Manecke
Pater Andreas führt die von seinem Vorgänger Pater Felix begonnene Tradition fort.
Datum:
7. Dez. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 49/2023 | Garnet Manecke

Die Tradition des Marientragens ist vor allem in Süddeutschland bekannt. Aber auch im Bistum Aachen wird sie gepflegt: Bis Heiligabend ist eine Figur der schwangeren Maria in Jüchen bei verschiedenen Familien und Gruppen zu Gast. Mit einem feierlichen Aussendungsgottesdienst wurde die etwa 25 Zentimeter hohe Figur auf ihre Reise geschickt.

In der Geschichte der Heiligen Familie ist Maria nicht besonders komfortabel gereist: Hochschwanger auf einem Esel sitzend, dürfte der Weg nach Judäa für sie beschwerlich gewesen sein. Dazu kam die anstrengende Herbergssuche in Betlehem und vermutlich das Gefühl, nicht erwünscht zu sein. Denn der Stall, in dem Jesus schließlich geboren wurde, war eine Notlösung, weil in der ganzen Stadt kein freies Zimmer mehr zu bekommen war.

In Jüchen ist Maria in diesen Tagen sehr willkommen. 15 Familien und Gruppen haben ihre Teilnahme am Marientragen angemeldet. Sie werden die Figur der hochschwangeren Maria bei sich für ein oder zwei Tage aufnehmen. Der Brauch ist im Barock im östlichen Alpenraum entstanden, heute wird er in Deutschland vor allem in Bayern noch gepflegt. Dabei wird nicht immer, wie in Jüchen, die Darstellung einer schwangeren Maria in die Familien der Gemeinde geschickt.

In den weitaus meisten Bildern und Figuren wird Maria als Mutter gezeigt: entweder mit Kind in der Krippe, auf dem Arm oder dem Schoß oder als trauernde Mutter mit dem Leichnam ihre Sohnes. Eine hochschwangere Maria, die sichtbar kurz vor der Niederkunft steht, ist wesentlich seltener zu sehen. Im Nikolauskloster wird sie jedes Jahr in der Adventszeit aus dem schlichten Holzkasten geholt und auf die Reise durch die Gemeinden geschickt.

Wann und wie genau die Figur in das Nikolauskloster gekommen ist, kann Pater Andreas, Leiter des Nikolausklosters, nicht sagen. Sicher ist nur, dass sie aus Peru stammt. „Vielleicht hat sie jemand mitgebracht von einer Reise oder jemand hat sie nach einem Aufenthalt hiergelassen“, vermutet er. Sein Vorgänger Pater Felix habe mit ihr die Tradition im Nikolauskloster vor einigen Jahren aufleben lassen. Er sah darin auch einen missionarischen Aspekt – mit dem Marientragen geben die Menschen Gott einen Platz in ihrem Haus.

Bis 2019 gab es so viele Anmeldungen von Familien und Gruppen, dass diese sich bei der Übergabe jeweils getroffen hätten, berichtet Pater Andreas. So sind fremde Menschen miteinander in Kontakt gekommen, haben aus ihren Leben erzählt, miteinander gebetet oder eine Tasse Kaffee getrunken. Die Feuerwehr hat Maria schon beherbergt, Tagesstätten und Messdienergruppen. Auch in diesem Jahr ist eine Messdienergruppe unter den Gastgebern. Viele Familien erzählen, dass sie mit diesem Brauch die Adventszeit nochmals in einer anderen Intensität erlebt hätten.

Corona hat die Tradition dann etwas ausgebremst. Persönliche Begegnungen waren nicht möglich. Seitdem hat die Zahl der Herbergen für die Marienfigur spürbar abgenommen. Deshalb wird in diesem Jahr die Figur von den Gastfamilien jeweils im Nikolauskloster abgeholt und wieder hingebracht. Zum Heiligen Abend kehrt Maria dann endgültig in das Kloster „zur Entbindung“ zurück.

Wer sich noch an der Tradition beteiligen möchte, kann sich im Nikolauskloster melden 
unter E-Mail: petith@nikolauskloster.de 
oder Tel. 02182/829960.