Als ich mir zur Vorbereitung für dieses Pfingstwort noch einmal die Pfingsterzählung durchlesen wollte, schlug ich zunächst den Beginn der Apostelgeschichte auf. Dort sind die Apostel nach dem Tod Jesu völlig verunsichert und desillusioniert, alles scheint den Bach hinunterzugehen; so wie es war, wird es nicht mehr sein.
Als der Auferstandene noch einmal mit ihnen zu einem Mahl zusammenkommt, da sagt Jesus ihnen zu, dass sie in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft werden. Und die Jünger hoffen und fragen, dass Gott in dieser Zeit auch den „alten Zustand“ wieder herstellt, dass alles wieder gut wird. Dieses Ansinnen aber weist Jesus sofort zurück. Zeiten und Fristen zu erfahren, in denen Gott sein Reich aufbaut, steht den Aposteln nicht zu, geht sie nichts an, muss auch gar nicht ihr Thema sein. Darum geht es für sie gar nicht.
Stattdessen wiederholt Jesus mal wieder, worauf es ankommt: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und durch ihn seine Zeugen sein. In Israel und bis an die Grenzen der Erde – was von Israel aus gesehen ja auch das Jülicher Land miteinschließt.
Gilt das damals wie heute? Die Parallelen liegen auf der Hand: Die Kirche – das Gemeindeleben erfährt einen tiefen Einschnitt.
So wie es in den vergangenen Jahrzehnten war, ist es nicht mehr. Wann wird es wieder so sein, wie es war? Nicht das Thema! Wissen wir nicht, müssen wir nicht wissen. Was wir wissen, auch für uns nochmal wiederholt: Durch Taufe und Firmung sind wir auf Gottes Namen getauft und mit seinem Heiligen Geist gestärkt. Damit sind wir also gut ausgerüstet, seine Zeugen zu sein – überall.
„Ja, aber…“ – nein, ohne Aber berich-te ich gerne von wirksamen Zeuginnen und Zeugen in den Gemeinden und in anderen „Orten von Kirche“ im Bistum Aachen:
Religionslehrerinnen und -lehrer finden Zeit und Kraft, im turbulenten Schulalltag die Feier von Gottesdiensten mit und für die Kinder zu den großen Feiertagen gut vorzubereiten.
Christinnen und Christen halten am Heiligen Abend in oder vor den Kirchen unterschiedliche Gottesdienste und verkünden Jesu Geburt.
In fast jeder Kirche bauen Einzelne oder ganze Teams Jahr für Jahr Krippen auf. Nur zur Befriedigung des romantisch-weihnachtlichen Gefühls? Viel mehr … Jahr für Jahr als Bekenntnis: Seht, Jesus Christus, der Sohn Gottes.
Ehrenamtliche Beerdigungsleiterinnen und -leiter erfahren, dass Menschen dankbar dafür sind, dass sie in der schweren Stunde des Abschiednehmens an ihrer Seite sind und gerade auch mit ihrer christlichen Überzeugung zur Seite stehen. In fast jeder Gemeinde engagieren sich Menschen, damit Seniorinnen und Senioren Begegnung und Gemeinschaft erfahren. Dahinter steht weit mehr Engagement als „eine Tasse Kaffee aufzubrühen“.
Zwei Mütter, die Kinder in einer Gruppe auf die Kommunion vorbereitet haben, sagten mir bei ihrer letzten Gruppenstunde: „Eigentlich wollten wir gar keine Gruppe machen. Aber dann haben wir es doch gemacht für die Kinder. Und wenn ich jetzt daran denke, wie wertvoll die Zeit war, bin ich so froh, dass ich es gemacht habe – für die Kinder und für mich!“
Sie, liebe Leserin, lieber Leser, können die Aufzählung gerne um alles erweitern, was ich nicht sehe und wofür hier der Platz fehlt. Und es gibt noch viel mehr!
„Ihr habt die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet Zeugen sein, in Jerusalem – in vielen Orten von Kirche heute – und bis an die Grenzen der Erde!“ (nach Apg 1,4–8).
Liebe Zeuginnen und Zeugen, mit diesen Perspektiven für eine lebendige Kirche wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein frohes und gesegnetes Pfingstfest!
Gemeindereferent Michael Loogen,
Pfarrei Heilig Geist Jülich