Für andere da sein

Caritasverband und Diakonie helfen kostenfrei in vielen Notlagen

Diakonie-Geschäftsführer Ludger Firneburg, Fundraiserin Hanne Lloyd-Heume und Schuldnerberater  Thomas Kohllepper (v. l.) (c) Ann-Katrin Roscheck
Diakonie-Geschäftsführer Ludger Firneburg, Fundraiserin Hanne Lloyd-Heume und Schuldnerberater Thomas Kohllepper (v. l.)
Datum:
28. Aug. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 35/2019 | Ann-Katrin Roscheck
Das Arbeitslosenzentrum in Krefeld schlägt Alarm: Längst nicht mehr reichen die Regelsätze für Familien im SGB II aus, um den alltäglichen Bedarf zu decken.
Seit mehr als 30 Jahren sind Rudi Thyssen und Hans Busch Teil der Caritas fairKauf-Läden in Krefeld. (c) Ann-Katrin Roscheck
Seit mehr als 30 Jahren sind Rudi Thyssen und Hans Busch Teil der Caritas fairKauf-Läden in Krefeld.

Schulbuchkosten werden zu unüberwindbaren Hürden, der Wohnraum in Krefeld ist zu teuer, um in entsprechende Vorgaben des Amts zu fallen, und für Alleinerziehende sind die erstatteten Stromkosten schon lange unterhalb des Verbrauchs, wenn sie in einer Wohnung mit Durchlauferhitzer leben.

Für den Caritasverband und die Diakonie in Krefeld und dem Kreis Viersen ist diese Entwicklung keine Überraschung: Schon seit Jahrzehnten bieten sie kostenfreie Hilfen für alle Menschen an, die Unterstützung suchen. Ob Schuldnerberatung, Erziehungshilfen, Kontaktstelle für Migranten und Arbeitslose, ob in den FairKauf-Läden und Kleiderstuben oder in Mutter-Kind-Kursen: Ohne Ansehen der Nation, des Status oder der Konfession wird hier jeder einzelne mit Respekt und Wohlwollen empfangen. Als Wohlfahrtsverbände der katholischen und evangelischen Kirche handeln die Caritas und die Diakonie damit nach dem Vorbild Gottes und dem wertvollsten Wert des Christentums. „Jeder Mensch ist bei uns gleich“, betont Ludger Firneburg als Geschäftsführer der Diakonie in Krefeld und Viersen, und Eva Renard aus der Geschäftsstelle der Krefelder Caritas ergänzt: „Und jeder von uns sollte sich täglich reflektieren und gut hingucken, was ihm selbst möglich ist, für andere zu tun.“

Sowohl die Caritas als auch die Diakonie haben dafür eigene Strukturen aufgebaut, die weltweit wirken. In Krefeld und Viersen sind vor allem die Beratungsangebote und die Second-Hand-Läden herausragend. Inmitten der Krefelder Innenstadt liegt an der Dreikönigenstraße die Zentrale der Diakonie. Die Diakonie hat sich zur Aufgabe gemacht, auf Ansprüche zu reagieren. Während der Mutter-Kind-Kurs für junge, oft alleinerziehende Frauen erst vor kurzer Zeit ins Leben gerufen wurde, ist die Schuldnerberatung inzwischen zur Institution geworden. Gemeinsam mit seinen Kollegen hilft Thomas Kohllepper seit mehr als 30 Jahren verschuldeten Krefeldern, Perspektiven aufzuzeigen. „Dabei geht es nicht darum, dass ich den Hilfesuchenden die Schulden nehme, sondern dass ich ihnen ihre persönlichen Ressourcen aufzeige“, erklärt er. Viele der Klienten fühlten sich mit ihren Problemen alleingelassen, sie hätten das Gefühl, dass niemand in ihrem Freundeskreis oder in der Familie da sei, der ihnen zuhöre, sagt Kohllepper: „Soziale Vereinsamung ist in Deutschland ein Problem geworden. Gerade, wenn Sorgen und Ängste da sind.“ Kohllepper handelt unter der Prämisse, den Menschen, der zu ihm kommt, zu betreuen und ihn nicht auf das Problem zu beschränken, das er mitbringt.

Durch die ausgebauten Hilfsstrukturen kann er seine Klienten gezielt innerhalb der Diakonie weiterleiten. Immer wieder kommt er zum Beispiel mit Hanne Lloyd-Heume in Kontakt, die als Fundraiserin der Diakonie in Viersen und Krefeld für die Vergabe von Spendengeldern im Bereich des Kinderfonds zuständig ist. Mit der Einrichtung eines Fonds für Kinder, die an der Armutsgrenze leben, hat die Diakonie vor mehr als zehn Jahren ein offensichtliches Zeichen gesetzt: Kinderarmut ist in Deutschland ein Problem. In Krefeld lebt jedes vierte Kind unterhalb der Armutsgrenze. Bei Lloyd-Heume können notwendige Gelder für zum Beispiel Klassenfahrten, Konfirmationskleidung oder eine neue Winterjacke oder auch Schulmaterialhilfen angefragt werden. „Zwar bekommen die Familien Unterstützung vom Amt, diese reicht aber oft nicht aus“, erzählt sie. Ein Problem, das in vielen Bereichen der Diakonie alltäglich ist. „Wir haben oft das Gefühl, dass die christlichen Wohlfahrtsverbände als selbstverständliche Nothilfe in der deutschen Politiklandschaft angesehen werden“, sagt Geschäftsführer Ludger Firneburg energisch. „Wir sollten uns fragen, ob Armut nicht eigentlich ein strukturelles Problem darstellt?“

Auch die Caritas ist jeden Tag mit der ärmsten Bevölkerungsgruppe im Kontakt: Schon lange werden die Caritasläden nicht nur frequentiert, um hier einkaufen zu gehen, sondern vor allem, um das Gespräch zu suchen, Sorgen zu verstauen und im oft ungeordneten Leben einen Ankerpunkt zu finden. „In unserer Kleidertruhe am Hauptbahnhof haben wir einige Kunden, die mit der Öffnung des Ladens durch die Türe kommen und erst am Ende des Tages wieder gehen“, erzählt Angelika Kleinschmidt als hauptamtliche Mitarbeiterin. „Die Kunden riechen oft nicht gut, sie sind alkoholisiert, aber einfach froh, dass sie einen Ort haben, an dem sie willkommen sind.“ Bereits vor vielen Jahren haben die Caritas-Läden in Krefeld ihr verstaubtes Image abgelegt: In gepflegten, gut sortierten Second-Hand-Läden finden Liebhaber, Schnäppchenjäger und leidenschaftliche Shopper alte Schätzchen und neue Schmuckstücke.

Aus einer Kleiderausgabe von Migranten für Migranten entstanden, ist die Kleidertruhe heute Anlaufstelle für jedermann. „Wir möchten Menschen mit jedem Budget, mit jeder Lebensrichtung, mit jeder oder auch ohne Konfession ansprechen“, betont Bereichsleiterin Eva Renard. „Als christlicher Verband steht die Caritas für eine unvoreingenommene und offene Grundhaltung gegenüber jedem Menschen.“ Das vertreten auch Hans Busch und Rudi Thyssen. Die beiden Sozialpädagogen betreuen die Fair-Kauf-Läden in Krefeld, die größtenteils gebrauchte Möbel anbieten. War in den letzten Jahren das Sortiment vielfältig und zeitlos, haben sie inzwischen Probleme, den Anspruch aufrecht zu erhalten. „Es gibt viele Möbelketten, die günstig produzieren. Nach zwei Umzügen ist der Wohnzimmerschrank hinüber“, erklärt Busch. „Die Spenden für unsere Möbelhäuser nehmen ab.“

Dabei verändert sich der Bedarf nicht: Erst vor wenigen Jahren haben sich die Fair-Kauf-Läden mit dem Umzug an die Weyerhofstraße vergrößert. Neben der Verkaufsfläche bietet die große Halle auch Platz für eine gemütliche Kaffeeecke. Frauen mit Kopftüchern sitzen hier, während ihre Kinder mit kleinen Plastik-Traktoren auf dem Boden spielen, eine alte Dame erzählt einem Mitarbeiter von ihrem anstehenden Besuch beim Allgemeinmediziner, und ein junger Mann mit einem auffälligen Bart, einer zerrissenen Jeans und ungekämmten Haaren ist über seiner Tasse Kaffee eingenickt. Eva Renard beobachtet die Situation und sagt lächelnd: „Wir möchten den Menschen das geben, was sie brauchen. Unsere Läden sind die Verbindung, die wir als Caritas dafür nutzen.“

Sie sind für andere da

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