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Eine kleine Baugeschichte: 510 Jahre St. Johannes Siersdorf als Ort für Gemeinde und Ordensleute

Verbunden und doch getrennt: Alt- und Neubau der Johanneskirche. (c) Dorothée Schenk
Verbunden und doch getrennt: Alt- und Neubau der Johanneskirche.
Datum:
18. Aug. 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 33/2021 | Adam R. Zantis

Sozusagen eingebunden in das Jubiläum der Kommende war auch die Siersdorfer Ordenskirche Sankt Johannes der Täufer. Eine handschriftliche Eintragung im Pfarrarchiv vermerkt zu Beginn des 16. Jahrhunderts einen vollkommenen Neubau der Siersdorfer Pfarrkirche, die im Jahre 1510 vollendet wurde. Mithin kann 2020 das „Kirchweihfest“ auch als 510-jähriges Gedenkjahr der Erbauung der St.-Johannes-Pfarrkirche begangen werden.

Die im Wesentlichen in ihrem Ursprung noch heute erhaltene Ordenskirche des Deutschritter-Ordens wurde unter den Komturen Konrad von Reuschenberg und seinem Nachfolger Franz von Rusenberg-Reuschenberg an der Stelle einer wahrscheinlich älteren Kapelle erbaut. Bis auf den oberen Teil des Turmhelmes, der im Jahre 1636 unter dem Komtur Johann von Eynatten-Obsing erneuert wurde, konnte die Kirche in neuerer Zeit nach mehreren Kriegseinwirkungen wieder nach dem Vorbild ihres alten Aussehens restauriert werden.

Mit dem Anfang des 16. Jahrhunderts fällt der Neubau der Siersdorfer Pfarrkirche in eine Zeit hinein, in der die Ballei Altenbiesen, zu der auch die Siersdorfer Kommende gehörte, unter besonderer finanzieller Belastung stand. Trotzdem war es den Komturen in der Siersdorfer Kommende gelungen, den Neubau einer Pfarrkirche in Angriff zu nehmen, die dann in den Formen der späten Gotik verwirklicht wurde.

Leider hatte besonders der Zweite Weltkrieg an der Ordenskirche verheerende Spuren hinterlassen. Das Kirchengebäude wurde vor allem in den Jahren 1955/56 wieder instandgesetzt und schließlich durch den Anbau an der Nordseite um einen größeren und lichteren Raum erweitert. Hierzu hatte sich der damalige Siersdorfer Pfarrer Johannes Steffens mit besonderem Einsatz bemüht.

Der Patron der Kirche ist St. Johannes der Täufer. Eine Reliquie des Heiligen befindet sich auch heute noch in der Stirnhöhle einer hölzernen Nachbildung des abgeschlagenen Johanneshauptes. Darüber hinaus weist das Innere der Kirche mehrere Kunstwerke von großer Bedeutung auf, worauf der Gebäudekomplex unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Bemerkenswert sind dabei unter anderem der Hochaltar als Werk der flandrischen Schnitzerschule Antwerpen (um 1520), der Lettnerbogen aus der Zeit um 1545 sowie mehrere Heiligenfiguren aus der Kalkarer Schule. Hinzu kommen noch das Chorgestühl mit den Wappen der Ordensritter und Komturen. Gut erhalten sind auch zwei Grabplatten mit den Ahnenwappen der Komture.

Besonders reizvoll ist die Verknüpfung des historischen Baus mit dem Neubau. Durch eine Glasscheibe sind die beiden Bereiche verbunden und gleichzeitig voneinander getrennt. Bereits seit 1952 hatte die St.-Johannes-Gemeinde auch mit dem persönlichen Einsatz des damaligen Pfarrers Johannes Steffens die Planungen für einen Kirchenerweiterungsbau in Angriff genommen.

Im September 1957 wurden dann mit der Baustelleneinrichtung die Arbeiten aufgenommen. Das ganze Projekt um den Kirchenbau gestaltete sich letztlich in der Grundsubstanz durch den erhöhten Standort recht schwierig. Das Bauwerk sollte an der Nordseite der Ordenskirche angebaut werden und mit einem Durchbruch zum historischen Sakralbau verbunden werden. Dadurch wurde eine symbolische Kreuzform ausgerichtet. Der Unterbau für den neuen Kirchenraum konnte vorzeitig fertiggestellt werden und konnte so als späterer Pfarrsaal während der Bauarbeiten für die Gottesdienste genutzt werden.

Der neue Kirchenraum in seiner flächenmäßig großzügig gestalteten Substanz mit dem Altar, den drei Kirchenfenstern von Anton Wendling und der Orgel ist zwar eigenständig ausgerichtet, bildet aber gleichzeitig mit dem Blick in den Innenraum der alten Kirche eine in sich geschlossene Synthese: auf der einen Seite der geräumige Zweckbau eines großen Gotteshauses und auf der anderen Seite das mit wertvollen Kunstwerken ausgestattete Kleinod einer historischen Dorfkirche.

Die Bedeutung des Bauwerks der Johanneskirche und der Kunstwerke ist bis heute unbestritten. Nach wie vor haben viele sachkundige Besucher gerade in den letzten Jahren ihr Interesse sowohl an der kunstvollen Ausstattung wie auch am Kirchengebäude bekundet. Die Kirche hat durch ihre Eigenart mit der Zugehörigkeit zum Deutschen Orden unter den geschichtlichen Zeugen im Jülicher Land einen besonderen Platz gefunden.
 

Die Kirche St. Johannes Siersdorf

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