In der Kapelle des Gast-Klosters Serafine stehen derzeit fünf Stühle mit einer roten Sitzfläche zwischen lauter Stühlen mit schwarzer Sitzfläche. Fällt nicht jedem direkt ins Auge, aber wenn doch, wirft das Fragen auf: Ist das ein Versehen oder hat das einen tieferen Grund? – Letzteres natürlich.
Am 1. Juli feiern die Schwestern der Liebe zum Kostbaren Blut, die hier ihren Konvent haben, ihr Titularfest und widmen sich den ganzen Monat über der Pflege und Förderung der Verehrung des Kostbaren Blutes. In den vergangenen Jahren geschah dies meist nur innerhalb ihrer Gemeinschaft. Schwester Martina Magdalena Merkt, Oberin und Leiterin des Gast-Klosters, wollte diese besondere Verehrung, mit der heute nur wenige noch etwas anfangen könnten – auch, weil der Begriff sperrig ist – neu ins Gespräch bringen. Bei ihren Mitschwestern, aber auch bei den Menschen, die im Laufe des Julis bei ihnen zu Gast sind, den Mitarbeitern, Bewohnern und Besuchern des angrenzenden Seniorenheims.
Blut stehe für Leben, dafür, das Leben zu hüten, zu ehren und zu schützen, Jesu Blut für den Weg, den er gegangen ist und mit dem er seine Liebe zu uns Menschen zum Ausdruck gebracht habe. „Dafür steht auch jede von uns Schwestern mit ihrem Lebensweg. Unsere Ausrichtung ist es, sich immer wieder mit dieser uns geschenkten Liebe zu beschäftigen.“ Dieses Innere wollte sie gerne nach außen tragen – über die fünf roten Stühle. Nach der Entwidmung und Umwandlung von St. Marien in Würselen-Scherberg in ein Collumbarium hatten sie die dortigen Stühle für ihre Kapelle übernehmen können, wie Sr. Martina Magdalena erläutert. „Die mussten neu bezogen werden und da hatte ich den Gedanken, auch fünf in rot machen zu lassen.“
Ihre Idee: die roten Stühle können die fünf Wunden Jesu symbolisieren, an sein Leben, Sterben und Auferstehen erinnern und darüber zum Nachdenken anregen. Damit hat sie zunächst ihre Mitschwestern im Alter zwischen 78 und 94 Jahren – sie selbst ist mit 59 die Jüngste – konfrontiert. „Mir war wichtig, das nicht über sie hinweg zu machen. Wenn sie nein gesagt hätten, wären die Stühle im Lager geblieben.“ Doch sie waren bereit, sich darauf einzulassen und so stehen in diesem Monat fünf rote in wechselnder Anordnung zwischen den schwarzen. „Einige fanden, sie müssten unter dem Kreuzweg stehen, für andere gehören sie in den Altarraum oder mitten zwischen die anderen, also wechseln wir“, sagt Sr. Martina Magdalena. Dazu liegt ein Faltblatt mit ein paar erläuternden Worten und Fragen aus: Wie fühlt es sich an, eigenes oder fremdes Leid zu erfahren? Wie gehe ich damit um? Gibt es Wunden/Verletzungen, die zu mehr, bewussterem oder tieferem Leben geführt haben? Für wen oder was setze ich mich oder mein Leben ein? Wer setzt sich für mich ein, gibt für mich sein Leben?
Auf die Reaktionen sind sie nun alle gespannt. „Bei uns im Konvent ist auf jeden Fall etwas in Bewegung gekommen, ein Austausch, den wir so bislang nicht hatten“, sagt Sr. Martina Magdalena. Eine ihrer Mitschwestern beschreibt ihre Gedanken dazu so: Jesu Leiden beginne am Ölberg. Da blute er noch nicht, aber er sei allein, mit dem Wissen, dass er sein Blut opfern werde. Er zeige seine Wunden: Seht was ihr mit mir macht! Der Stuhl als Alltagsgegenstand, könne uns erinnern, wo wir verwundet werden oder andere verwunden. Halte ich diese Wunden aus, so wie Jesus? Nehme ich Heilung an?