Von Ritualen verstehen Ordensgemeinschaften etwas, ist doch ihr ganzes Leben stark ritualisiert mit einem festen Jahreskreis und täglichen Gebetszeiten. Doch wie sieht das an Weihnachten aus, gibt es da eigene Traditionen und Rituale? Ein Blick hinter die Klostermauern der Aachener Franziskanerinnen und der Schwestern der Liebe vom kostbaren Blut in Würselen-Broichweiden.
Das große Ritual fängt mit dem Advent an und der alttestamentarischen Prägung des Advents auf das Neue hin, erzählt Schwester Magdalena, die der kleinen Gemeinschaft aus acht Schwestern im Konvent neben dem Seniorenzentrum Haus Serafine vorsteht. Geschmückt wird hier erst in der Woche vor Weihnachten. Vorher gibt es nur einen schlichten Adventskranz mit vier dicken roten Kerzen. Eine besondere Tradition ist dabei der „Sternenhimmel“, ein blaues Samttuch, das mit Strohsternen besteckt und im Refektorium aufgehangen wird. „Die Sterne sind schon sehr alt, und es wird jedes Jahr anders“, sagt Schwester Magdalena. Je nachdem, wer ihn gestalte. In ihrem Wohnzimmer haben die Schwestern einen Weihnachtsbaum klassisch mit Kugeln und Schmuck mit Geschichte(n), weil er an die Menschen erinnert, mit denen die Schwestern ihn gebastelt oder von denen sie ihn geschenkt bekommen haben.
Ein weiterer Baum nur mit Lichtern steht in der Kapelle, wo auch die Krippe ihren festen Platz hat. Extra angestrahlt, damit die Senioren aus der benachbarten Einrichtung, die die Kapelle mitbenutzen, und auch die schon älteren Mitschwestern von Schwester Magdalena sie besser sehen können.
Eine Mitternachtsmesse hat die kleine Gemeinschaft nicht mehr. Wer mag, schaut sich eine Christmette im Fernsehen an. „Wir feiern stattdessen gemeinsam eine festliche Vigil, was sehr stimmig ist, so auf das Fest zuzugehen“, erläutert Schwester Magdalena. Am Heiligen Abend gibt es bei ihnen – wie in vielen Familien auch – Kartoffelsalat mit Würstchen. Am ersten Weihnachtstag bekommen sie dann das Festessen aus der Küche des Seniorenheims, da sie selbst keine eigene Küche mehr haben.
Nachmittags gibt es einen festlichen Weihnachtskaffee und die Bescherung, die auch im Kloster nicht fehlen darf. Alle guten Gaben, die Menschen ihnen zukommen lassen, wie zum Beispiel selbstgebackene Plätzchen, werden verteilt und die Freude darüber geteilt. Außerdem besorgt Schwester Magdalena eine Kleinigkeit für jede der anderen Schwestern. „In den vergangenen Jahren waren das Tassen mit Namen, Serviettentaschen oder Platzsets. Wichtig ist, dass es etwas Persönliches ist.“ Dazu gibt es für jede einen „Süßen Teller“. Es wird gemeinsam gesungen, Gedichte und kleine Geschichten gelesen. Den zweiten Feiertag verbringen die Schwestern mit den Bewohnern der Senioreneinrichtung. Für sie und mit ihnen feiert Schwester Magdalena in diesem Jahr am Heiligen Abend, an dem alle Priester der Pfarrei St. Sebastian in den Kirchen Würselens eingebunden sind, zudem eine feierliche Wortgottesfeier. Das ist ihr wichtig. „Viele der Bewohner kommen nicht mehr raus, um einen Weihnachtsgottesdienst zu besuchen. Das ist dann mein Geschenk an sie.“
Auch bei den Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus an der Aachener Elisabethstraße sind die Weihnachtsfeiertage strukturiert von den Gebetszeiten und Gottesdiensten. Ansonsten feiern auch sie die Geburt des Herrn wie in einer, zugegebenermaßen großen, Familie – im Mutterhaus leben 22 Schwestern –, einschließlich der Hektik kurz vor dem Fest: „Auch wir als Ordensgemeinschaft sind eingebunden in das weltliche Geschehen“, erklärt Schwester Susanne, die als Hausoberin alle Vorbereitungsfäden zusammenhält. Es gibt Gäste, um die die Schwestern sich kümmern, vorweihnachtliche Feierlichkeiten und den „Weihnachtsputz“, damit alles schön festlich ist.
Gleich mehrere Weihnachtsbäume – frisch geschlagen – haben ihren Platz im Gästebereich des Klosters, dem Refektorium und in der Kapelle. „Der Baum in der Kapelle ist schlicht und nur mit Lichtern und Sternen geschmückt. Im Refektorium haben wir einen hohen Weihnachtsbaum, der auch mit Kugeln geschmückt wird“, erzählt Schwester Susanne. Früher seien sie dafür selbst auf die Leiter gestiegen, doch nachdem die meisten von ihnen auch schon etwas älter seien, schmückten sie nur noch „untenherum“. Für die höheren Zweige steige ihr Hausmeister auf die Leiter, und die Schwestern, die für den Baumschmuck zuständig seien, reichten ihm die Kugeln an.
Bei allen Vorbereitungen ist es den Schwestern wichtig, auch Zeit für adventliche Besinnung und Meditation zu finden. Das tue jede für sich, und auch für sie als Ordensfrauen sei das bewusste Besinnen ein Stück weit „Arbeit“, sagt Schwester Susanne. Gerade weil die Welt nicht an ihrer Klosterpforte Halt macht. Die Feiertage selbst verbringt die Gemeinschaft unter sich. Übers Jahr hätten sie so viele Belegungen in ihrem Gästehaus, dass dies eine bewusste Entscheidung sei. Ganz verschlossen ist die Klosterpforte dennoch nicht. Im Sinne ihrer Gründerin Franziska Schervier sind die Schwestern für Menschen da, die Hilfe bedürfen – auch und gerade Weihnachten.
Der Heilige Abend beginnt mit der Weihnachtsvesper und der für Besucher offenen Christmette in der Kapelle. Danach versammeln sich die Schwestern zum Abendtisch. „Es gibt immer etwas Festliches, aber wir haben keine feste Tradition“, berichtet Schwester Susanne. Wer mag, darf auch ein Gläschen Wein trinken. Zum Frühstück am ersten Weihnachtstag haben sie jedoch eine besondere Tradition. Wie in vielen Aachener Familien gibt es: Weihnachtsleberwurst. Zuvor liest Schwester Susanne aus dem Johannesevangelium („Am Anfang war das Wort…“) und trägt den Weihnachtsbrief ihrer Oberin vor. Um 12 Uhr versammeln sich die meisten Schwestern zum Segen „Urbi et orbi“ vor einem der Fernseher im Kloster.
Nach einem festlichen Mittagstisch und Nachmittagskaffee ist auch bei ihnen Bescherung, und ein „Süßer Teller“ mit selbstgebackenen Plätzchen darf ebenfalls nicht fehlen „Als Geschenk darf sich jede eine Kleinigkeit wünschen. Viele möchten einen Pauluskalender“, erzählt Sr. Susanne, die die Geschenke besorgt. Am Weihnachtsmorgen stellt sie zudem jeder ihrer Mitschwestern eine kleine Überraschung vor die Zimmertür. Nach Vesper und Abendbrot klingt der Tag mit einem gemütlichen Beisammensein aus. Im Mittelpunkt von all dem steht für sie die Freude an der Menschwerdung Gottes, sie mit anderen zu teilen und den Menschen zugetan zu sein. „Wir wünschen uns den so nötigen Frieden, aber sind auch dankbar für das Leben.“