Frische Luft und alte Lieder

Jugendliche aus „Maria im Tann“ in Aachen besuchen regelmäßig Senioren im „Marienheim“ in Raeren

Die Ausflüge in den Park des Marienheims zählen für die Senioren zu den Höhepunkten. (c) Andrea Thomas
Die Ausflüge in den Park des Marienheims zählen für die Senioren zu den Höhepunkten.
Datum:
8. Mai 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 19/2018 | Andrea Thomas
Als die Tür zum „Cantou“ aufgeht, dem Wohnbereich für Menschen mit Demenz im Raerener Marienheim, huscht ein Strahlen über das Gesicht von Bertie Köhler: Die Kinder sind da. Nicht ihre eigenen Enkel, sondern Anna-Lena, Sebastian, Sasha und Marion.

Über ihren Besuch freut sich die 94-Jährige aber mindestens genauso. Irgendwie sind die nämlich auch sowas wie „ihre Kinder“. Marion, das ist Marion Menke, Freizeitpädagogin im Zentrum für Kinder-, Jugend-und Familienhilfe „Maria im Tann“. Alle zwei Wochen macht sie sich dienstags mit der kleinen Gruppe, zu der noch Anja gehört, die aber an diesem Tag nicht dabei sein kann, von Aachen aus auf den Weg nach Raeren. Hier im Alten- und Pflegeheim warten dann neben Bertie Köhler noch Paula Dujardin (82) und Alfred Brülls (68) auf sie. Gemeinsam mit ihnen gehen die Jugendlichen – Sebastian ist elf, Anna-Lena 17 und Anja und Sasha 16 – bei gutem Wetter zuerst in den Park und bei weniger gutem direkt in die Cafeteria des Marienheims.

Heute ist das Wetter okay, also heißt es für die drei Senioren: Jacken an und raus an die frische Luft. Etwas, was sie alleine nicht mehr können und dürfen, da sie alle mehr oder weniger stark unter einer demenziellen Veränderung leiden. Bertie Köhler, die älteste, aber auch geistig noch fitteste des Trios, ist nicht mehr gut zu Fuß, weshalb Sasha sie galant bittet, ihr „Cabrio“ zu besteigen, und sie im Rollstuhl schiebt. Gemeinsam machen sie einen Abstecher zur kleinen Mariengrotte auf dem Gelände. Paula Dujardin erinnert das an Lourdes, wo sie früher öfter hingepilgert sei, erzählt sie. Es sei schön, sich mit den jungen Leuten etwas zu erzählen und mal rauszukommen. „Man ist ja doch sonst etwas einsam so alleine und möchte auch noch mal andere Leute kennenlernen“, sagt auch Bertie Köhler. Sie hat zwar eine große Familie, aber die könnte auch nicht immer so. So freuen sich die drei Senioren über den frischen Wind und die Ablenkung, die ihre Besucher aus Aachen mitbringen. Auch für die vier Jugendlichen sind die Dienstagnachmittage in Raeren etwas Besonderes. „Es ist schön, mit ihnen Spaß zu haben und zuzuhören, wenn sie von früher erzählen, von den Berufen, die sie mal hatten“, sagt Sebastian. „Wir unternehmen gemeinsam etwas, plaudern und lernen jedesmal was neues Altes“, ergänzt Sasha. Zum Beispiel alte Lieder, erzählt Marion Menke. „Beim Singen blühen unsere Senioren richtig auf.“

 

Berührungsängste abgebaut

Über sie ist auch der Kontakt entstanden. Sie kennt die Einrichtung schon länger, hat auch mal eine Weile hier hospitiert und Wortgottesfeiern mitgestaltet. 2006 hat sie dann die Besuchsgruppe ins Leben gerufen, um den Kindern und Jugendlichen in „Maria im Tann“ die Möglichkeit zum Austausch mit älteren Menschen zu bieten. Schnell hätten sie Berührungsängste abgebaut und sich ganz toll auf die meist dementen Senioren eingelassen. Das Interesse sei von Anfang an groß gewesen, doch mit der Zeit sei es wegen der langen Schulzeiten der Kinder immer schwieriger geworden. So hat das Projekt zwei Jahre ausgesetzt, ehe Marion Menke es gemeinsam mit Sasha 2016 wiederbelebt hat. Mit viel Spaß für beide Seiten. Im letzten Jahr waren Paula Dujardin, Alfred Brülls und Bertie Köhler auch erstmals zum Gegenbesuch in „Maria im Tann“. Das soll im Sommer wiederholt werden, worauf sich besonders Bertie Köhler, die die Idee dazu hatte, freut.