Freude spüren und leben

Die Aachener Schervierschwestern bieten Besinnungstage in der fünften Jahreszeit an

(c) Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus
Datum:
9. Feb. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 06/2023 | Andrea Thomas

Karneval nach Corona: Viele haben Feiernachholbedarf. Andere sehen dem daher zu erwartenden Extratrubel mit gemischten Gefühlen entgegen. Eine Möglichkeit, dem zu entgehen und sich gleichzeitig auf die bevorstehende Fastenzeit vorzubereiten, ist eine Auszeit im Kloster. Aber Achtung, so ganz ohne Karneval geht es auch hier manchmal nicht.

Freude ist für Sr. Magdalis die Grundlage ihres Glaubens. Etwas, das sie in den Tagen weitergeben möchte. (c) Andrea Thomas
Freude ist für Sr. Magdalis die Grundlage ihres Glaubens. Etwas, das sie in den Tagen weitergeben möchte.

Jedenfalls nicht, wenn man sich für die „Besinnungstage zur fünften Jahreszeit“ bei den Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus (Schervierschwestern) in Aachen entscheidet. Die beginnen am Karnevalsfreitag und gehen bis (Tulpen-)Sonntag und „am Samstagabend ist Fete“, sagt Sr. Magdalis Kunkler, die die Tage gemeinsam mit Franziska Voßemer leitet. Auch hinter Klostermauern werde Karneval gefeiert, nur anders, mehr so, wie Karneval mal ursprünglich war. „Spaß an der Freud’“ heißt die Devise. Das wollen sie auch den Teilnehmern an den Besinnungstagen vermitteln. „Es gibt die besinnlichen Momente, das Nachdenkliche, aber es ist auch Raum, gemeinsam zu feiern“, sagt Sr. Magdalis.

Den Anstoß zu dieser Form der Besinnungstage habe vor einigen Jahren die Begegnung mit einer sehr aktiven Karnevalistin gegeben, die so begeisternd von der Freude erzählt habe, die sie im Karneval empfinde und erlebe. „Da ist der Funke übergesprungen, denn Freude ist auch die Grundlage meines Glaubens“, erzählt Sr. Magdalis. „Das war eine so tiefe Herzensfreude, die aus ihr selbst kam. Das war nichts, was sie nur an Karneval aufsetzte.“ Freude sei in jedem von uns grundgelegt, und Freude sei ansteckend. „Sie schafft Gemeinschaft, macht das Leben leicht“, erklärt die Schervierschwester. Und diese Empfindung sei in unserem Glauben fest verankert, sei ein Teil von ihm. „Der Glaube ist die Quelle unserer Freude.“ In der Bibel komme Freude an vielen Stellen vor, und nicht umsonst heiße es ja auch „Frohe Botschaft unseres Herrn“. Gott vermittele uns, dass wir in seinen Augen kostbar und wertvoll sind, dass er bei uns ist. „Man darf die Sorgen auch einmal ruhen lassen und auf den vertrauen, der unsere Welt in Händen hält“, erklärt Sr. Magdalis.

So sei die Idee entstanden, beides miteinander zu verbinden: Besinnliche Phasen, in denen sie in der Gruppe und einzeln Gedanken vertiefen und mit der Freude am und im Glauben in Berührung kommen, und das Ausleben dieser Freude im gemeinsamen Karnevalfeiern. 
Sr. Magdalis selbst ist gebürtig aus Hessen und hat den rheinischen Karneval erst im Kloster und über eine kölsche Mitschwester kennen- und lieben gelernt. Auch bei ihnen werde Karnevalsmusik gehört, gesungen, gelacht und sich verkleidet. In angemessener Form versteht sich. Da wird das lustige Hütchen einfach auf dem Schleier, ein buntes Oberteil über dem Habit getragen.

Am Samstag steht tagsüber Besinnung auf dem Programm und am Abend wird es dann karnevalistisch-fröhlich. Dafür bereite ihre Ko-Referentin Franziska Voßemer ein buntes Programm vor, an dem sich auch die Gäste, wenn sie möchten, mit Beiträgen beteiligen dürften. Ihre Mitschwestern kämen dazu (kostümiert), und ihre Gäste seien ebenfalls eingeladen sich zu verkleiden. Wem ein komplettes Kostüm zu viel ist: „Wir haben einen Koffer mit ganz vielen Hüten. Da findet eigentlich jeder etwas.“ Natürlich sei es kein Muss, an der Feier teilzunehmen, sagt Sr. Magdalis, doch bisher habe es noch nie jemand bereut, sich dem fröhlichen Abend angeschlossen zu haben.

Auch im Kloster wird Karneval gefeiert mit Spaß an der Freud, Liedern, Lachen und Kostüm (c) Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus
Auch im Kloster wird Karneval gefeiert mit Spaß an der Freud, Liedern, Lachen und Kostüm

Bei allen ihren Angeboten versuchen die Schwestern, das Charisma ihrer Ordensgründerin, der Aachenerin Franziska Schervier, einzubinden, und schauen, wo es Anknüpfungspunkte zur franziskanischen Spiritualität gibt. Bei den Besinnungstagen über Karneval ist das ein Leichtes. „Die Freude und der Frohsinn passen gut zu uns als Franziskanerinnen und zum heiligen Franziskus, den man ‚Bruder Immerfroh‘ genannt hat“, erzählt Sr. Magdalis. Er habe selbst Feste erlebt, bei denen das Gleichheitsprinzip im Mittelpunkt stand und ein Kind auf den Thron des Bischofs gesetzt worden sei. „Das hat ihn berührt. Auch im Orden sind alle gleich vor Gott.“

 

 "Die Freude ist 
in uns Menschen grundgelegt."

    Sr. Magdalis Kunkler

 

Die Idee des Gleichheitsprinzips greift das Thema der Besinnungstage 2023 auf: „Auf den Kopf gestellt“. Jeder habe ab und zu den Wunsch, in eine Rolle zu schlüpfen, jemand anderes zu sein. An Karneval könne jeder einmal sein, was er sein wolle, Hierarchiesysteme würden auf den Kopf gestellt. Oft gehe es aber vor allem darum, „jemand zu sein“. Doch dieses Bedürfnis nach Ansehen ist anstrengend, ist verbunden mit Leistungsdruck. Im Glauben brauchen wir den nicht. „Ein tröstlicher Gedanke: Du musst dich nicht anstrengen, du bist vor Gott gleich – wie Bischof, Papst oder Ordensschwester.“ 
Ein Ort zum „Glauben teilen“

Die Teilnehmenden an solchen Besinnungstagen stammen aus allen Schichten und Berufen, mit der gemeinsamen Sehnsucht nach einem Ort, an dem sie ihren Glauben teilen können, denn „glauben kann man nicht allein“, wie Sr. Magdalis sagt. Es sei immer eine gute Mischung aus Menschen, die regelmäßig teilnehmen, weil es ihnen gut tue, und Menschen, die neu dazukämen. Die Gruppe ist mit 15 Leuten überschaubar, und sie sei erfreut, wie bereit die Gäste seien, sich über ihren Glauben auszutauschen. „Ich gehe selbst als Beschenkte aus solchen Tagen heraus.“

www.schervier-orden.de