Eigentlich sind Kinder von heute „digital natives“, also Menschen, die mit Computern und Internet, Videospielen und Smartphones, Tablets und Social Media aufwachsen und daher ganz natürlich und selbstverständlich damit umgehen. Eigentlich, denn es braucht Zugang zu ihr und Anleitung, um fit zu werden in der digitalen Welt, sie nicht nur zum Vergnügen, sondern auch zum Lernen und Arbeiten nutzen zu können.
Die Pandemie hat in besonderem Maß gezeigt, dass das nicht selbstverständlich ist. Sie hat bestehende Versäumnisse und Ungleichheiten im Bildungswesen noch einmal deutlicher gemacht: Nicht jedes Kind in unserem Land hat den gleichen Zugang zu moderner, zukunftsfähiger Bildung. Schuld ist zum einen die unzureichende technische Ausstattung vieler Schulen, die digitales Lernen für alle unmöglich macht, aber auch die Situation von Familien. Haben sie aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen nicht die Möglichkeit, das aufzufangen, sind Kinder von Anfang an benachteiligt. Die Corona-Pandemie mit Homeschooling und der Forderung nach mehr digitalisiertem Unterricht hat das nicht nur sichtbar gemacht, sondern die Kluft noch verstärkt.
Dem möchten die beiden Katholikenräte in Aachen-Stadt und -Land etwas entgegensetzen, um die Bildungschancen von Kindern zu stärken. Beide Gremien haben sich im vergangenen Jahr mit der Frage auseinandergesetzt, „wie wir denen helfen können, die es in Coronazeiten schwer haben“, sagt Pfarrer Hans-Georg Schornstein, der im Katholikenrat Aachen-Stadt den Stein ins Rollen brachte. In Abstimmung mit der Jugendabteilung in den beiden Aachener Regionen wurde deutlich, dass es am sinnvollsten sei, Grundlagen zu schaffen. Also Kindern aus sozial benachteiligten Familien nicht einfach nur Computer oder Tablets zur Verfügung zu stellen, sondern ihnen den richtigen Umgang damit zu vermitteln, sie fit für die digitale Welt zu machen. Neben individuellen technischen Fähigkeiten soll auch die Allgemeinbildung gefördert werden, und die Kinder und Familien sollen Wertschätzung erfahren.
Als Partner für ihr Projekt „Fit für die digitale Welt“ haben sich die Katholikenräte dazu offene Jugendeinrichtungen aus beiden Regionen und „IT4kids“ ins Boot geholt. Letztere ist eine Initiative von Studentinnen und Studenten, die in Aachen entstanden ist und sich bundesweit dafür einsetzt, jedem Kind Zugang zu digitaler Bildung zu ermöglichen. Dazu wurden Kurse entwickelt, die spielerisch Logik und Prozessdenken fördern und schon Kindern im Grundschulalter Computer und Programmieren nahebringen wollen. Geleitet werden die Kurse, die normalerweise in Schulen stattfindnen, von jungen Freiwilligen. Im Rahmen von „Fit für die digitale Welt“ werden offene Jugendeinrichtungen zum außerschulischen Lernort.
In der Pilotphase, die im November vergangenen Jahres gestartet ist, waren das die Kleine Offene Tür (KOT) St. Castor in Alsdorf und die Offene Tür (OT) Josefshaus in Aachen. In der nächsten Phase kommen nun die OT Eilendorf sowie die OT Philipp-Neri-Haus in Aachen dazu. Weitere Einrichtungen sollen folgen. Dafür suchen die beiden Katholikenräte derzeit finanzielle Unterstützer. Die Kurse sollen für die Kinder kostenfrei sein und über Kirchensteuer, Sponsoring und Spenden finanziert werden. Dazu haben die Katholikenräte einen Koordinationskreis und eine Fundraisinggruppe gegründet und werben bei Gemeinden und Firmen um Unterstützung.
In Alsdorf fügt sich das bereits gut zusammen, wie Walter Kahn, Vorsitzender des Katholikenrates Aachen-Land und des GdG-Rats Alsdorf, berichtet. „Unsere GdG war sofort bereit, das Projekt zu unterstützen.“ Er kann sich gut vorstellen, das weiter auszubauen und zum Beispiel mit den Grundschulen zusammenzuarbeiten, um möglichst vielen Kindern die Chance zu geben, davon zu profitieren. Bei Daniel Dammers, dem Leiter der Alsdorfer KOT, haben Hans-Georg Schornstein als Ansprechpartner für das Projekt und Walter Kahn im wahrsten Sinne eine offene Tür gefunden. „Wir konnten uns das sofort gut vorstellen. In unserem Einzugsgebiet haben wir viele Kinder mit Migrationshintergrund. Außerdem ist gerade im Lockdown deutlich geworden, wie wichtig digitales Miteinander ist.“ Interessierte Jugendliche, die die Kurse begleiten, waren schnell gefunden ebenso wie eine Gruppe von fünf Kindern zwischen acht und zwölf Jahren.
Gemeinsam mit Fynn Mazurkiewicz von „IT4kids“ haben sie sich auf den Weg gemacht, die digitale Welt zu entdecken. Spielerisch erarbeiteten sie sich, wie ein Computer funktioniert, wie man ihn programmiert und richtig nutzt. Da galt es zum Beispiel, eine Kuh heil in ihren Stall zu manövrieren oder eine Maus durch ein Labyrinth zum Käse. Das machte nicht nur den Kindern viel Spaß, sondern auch Chantal, Janet und Kira, die die Kurse als ehrenamtliche Trainerinnen begleiteten. Auch sie haben noch so einiges von den Kindern und mit ihnen gelernt.
„Der Erfolg hat die Kids motiviert. Hier werden keine Forderungen an sie gestellt. Alles ist freiwillig. Sie haben gelernt, logisch zu denken, und auch ihre Frustrationstoleranz trainiert“, fasst Daniel Dammers zusammen. Für ihn ist das Projekt ein Erfolg. Auch der Kontakt zu den Eltern, die sich ebenfalls wertgeschätzt gefühlt hätten, sei intensiver gewesen. Keine Frage, dass die KOT dabei bleibt.
Auskunft zu „Fit für die digitale Welt“ unter: www.katholisch-im-raum-aachen.de.
Ansprechpartner ist Hans-Georg Schornstein, Tel. 02 41/51 56 89 35 oder E-Mail:
hans-georg.schornstein@bistum-aachen.de.