Festen Halt bieten

109. Aachener Hospizgespräch setzt auf gute regionale Vernetzung

Regionale Hospiz- und Palliativnetzwerke sollen mehr sein als „Starke Stricke mit Löchern“. (c) www.pixabay.com
Regionale Hospiz- und Palliativnetzwerke sollen mehr sein als „Starke Stricke mit Löchern“.
Datum:
5. Feb. 2019
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 06/2019 | Andrea Thomas
Die weitere Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung, insbesondere durch die Kostenübernahme für die Koordination von entsprechenden Versorgungsnetzwerken, haben sich CDU/CSU und SPD ausdrücklich in ihren Koalitionsvertrag geschrieben.

 Was dies konkret bedeutet und was es zur Umsetzung braucht, war Thema des 109. Aachener Hospizgesprächs. „Regionale Hospiz- und Palliativnetze: Starke Stricke mit Löchern? Welche Optionen sollte der Koalitionsvertrag bieten?“ unter dieser Überschrift diskutierten rund 300 Teilnehmer, Haupt- und Ehrenamtliche sowie Experten aus der Palliativversorgung und Hospizarbeit im Zinkhütter Hof in Stolberg miteinander. Dabei wurde deutlich, die regionalen Netzwerke müssen nicht nur flächendeckend etabliert und finanziert, sondern auch klar definiert werden. Nur so könne eine gute Versorgung von schwerkranken Menschen und ihren Angehörigen am Lebensende gelingen.

Bereits in der Charta für die Betreuung Schwerstkranker und Sterbender von 2010 sei festgelegt worden, dass Hospiz- und Palliativnetzwerke zur Versorgung dazugehören, erklärte Veronika Schönhofer-Nellessen, Leiterin der Servicestelle Hospiz und hauptverantwortliche Veranstalterin der Aachener Hospizgespräche. Es sei daher wichtig, dass eine Finanzierung für die Koordination solcher regionaler Netzwerke zustande komme. Einfache Zugänge und kurze Wege würden eine frühzeitige Beratung ermöglichen und so eine selbstbestimmte Vorsorge für den letzten Lebensabschnitt unterstützen. „Am Lebensende ist die gute Vernetzung aller Schnittstellen der palliativen und hospizlichen Versorgung eine zentrale Säule für eine würdige und qualitativ hochwertige Begleitung schwerkranker Menschen und ihrer Angehörigen.“

 

Hoher Koordinationsaufwand

Für Roman Rolke, Direktor der Klinik für Palliativmedizin am Uniklinikum Aachen und ärztlicher Leiter des Hospizgespräches, liegt die Herausforderung an den Übergängen zwischen den verschiedenen Sektoren der Versorgung, zum Beispiel, wenn ein Schwerstkranker vom Krankenhaus in die ambulante Palliativversorgung entlassen wird. „Das ist ein unheimlicher Koordinationsaufwand, besonders für das familiäre Umfeld. Mit der Bereitstellung von Hilfsmitteln ist es nicht getan. Wir brauchen auch neue Konzepte, etwa für die psychosoziale Begleitung der Betroffenen.“ Er begrüßte daher die Absichtserklärung der Großen Koalition, es fehle nur noch ein konkretes Datum, bis wann. Für Waldemar Radtke, Regionaldirektor der AOK Rheinland/Hamburg in der Städteregion, sind regionale Hospiz- und Palliativnetzwerke unerlässlich. Nur über eine gute Vernetzung und vertrauensvolle Zusammenarbeit der verschiedenen Kooperationspartner sei eine „fachlich qualifizierte, strukturierte und bedarfsgerechte sowie würdevolle gemeinsame Sorge sicherzustellen“. Die Region Aachen habe da heute schon Vorbildcharakter.

Einer Einschätzung, der sich auch Birgit Weihrauch, Vorsitzende des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands, anschloss. Kommunen mit gut funktionierenden Netzwerken, wie die Städteregion, seien beispielgebend „für Austausch, Zusammenarbeit und gemeinschaftliche Prozesse der Weiterentwicklung – auch im Hinblick auf die Umsetzung der Charta. Wichtig ist aus ihrer Sicht, dabei auch das Ehrenamt einzubeziehen. „Es geht nicht nur um Versorgungsstrukturen, sondern auch um Hospizkultur, um ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement, die Schaffung von Öffentlichkeit und Transparenz sowie um den Dialog in unserer Gesellschaft.“ Dazu müsse neben der Landes- und Bundesebene auch die Kommunalpolitik mit ins Boot geholt werden. Eine, die beides verbindet, ist Claudia Moll, Bundestagsabgeordnete für die Region und Sprecherin des interfraktionellen Gesprächskreises Hospiz und bis vor anderthalb Jahren selbst noch in der Pflege tätig. Das Hospiz- und Palliativgesetz sei ein großer Schritt in die richtige Richtung. „Im Koalitionsvertrag haben wir den Faden aufgenommen, um dort Nachbesserungen vorzunehmen, wo es noch hakt. Zentrale Punkte, die wir jetzt angehen müssen, sind die finanzielle Gleichstellung für Sterbende in Hospizen und Pflegeheimen und die Berücksichtigung des höheren Aufwands an Behandlungspflege in der Personalbemessung.“ Besonders wichtig ist ihr, die Ehrenamtlichen mitzunehmen, ohne die die Hospiz- und Palliativversorgung undenkbar wäre.