Fair schenken zum Fest

Auf der Suche nach Präsenten lohnt sich ein Besuch in Sozialkaufhäusern und Eine-Welt-Läden

(c) Garnet Manecke
Datum:
29. Nov. 2023
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 48/2023 | Garnet Manecke

Mit dem ersten Adventssonntag wird es unruhig in Geschäften und Online-Shops: Die große Konsumschlacht rund ums Schenken beginnt. Aber „höher, weiter, schneller“ muss gar nicht sein,  um Weihnachten anderen eine Freude zu machen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für Präsente, die die Beschenkten erfreuen , gleichzeitig nachhaltig sind und soziale Projekte fördern.

Diese Engel sind Textilgeschichte. Als Spindeln führten sie die Fäden in Webereien. (c) Garnet Manecke
Diese Engel sind Textilgeschichte. Als Spindeln führten sie die Fäden in Webereien.

Auf den ersten Blick sind die Engel aus Holz ein neuer puristischer Trend bei Dekorationsartikeln: weißer, schlanker Korpus, goldene Flügel und eine Holzkugel als Kopf. Aber die Figur ist weit mehr als reine Dekoration: Mit ihr hält man ein Stück Textilgeschichte in der Hand. Denn die Körper waren in den 1960er und 1970er Jahren Spindeln, über die in Mönchengladbacher Spinnereien und Webereien die Fäden liefen, die zu feinen Tuchen verarbeitet wurden.

Hergestellt wurden die Engel in der Holzwerkstatt des Volksvereins in Mönchengladbach. „Zwei Damen haben uns die Spindeln gebracht“, erzählt Volksverein-Geschäftsführer Matthias Merbecks. „Zuerst haben wir gedacht, was wir wohl mit Spindeln sollen.“ Aber dann kam den kreativen Köpfen in der Werkstatt die Idee. Wer einen Engel kauft, unterstützt damit Langzeitarbeitslose auf ihrem Weg in eine neue Perspektive.

Jetzt, wenn es auf das Weihnachtsfest zugeht, fängt auch in den Sozialkaufhäusern die Hochsaison an. „Zu uns kommen nicht nur Menschen mit kleinem Budget“, sagt Lilia Besler, Leiterin des Sozialkaufhauses „Fairkaufen“ des Caritasverbands Heinsberg. Auch Ärzte, Anwälte, Lehrer, Verkäufer und Antiquitätenhändler gehören regelmäßig zu ihren Kunden. Denn unter der angebotenen Kleidung, den Spielsachen und Haushaltswaren aus zweiter Hand finden sich oft Schätze und Raritäten. Wie die Weingläser mit den bunten, runden Kelchen. In Antiquitätengeschäften werden dafür gerne 15 bis 20 Euro pro Glas genommen, hier bekommt man es für 7,50 Euro das Stück.

Im Raritätenschrank des Volksvereins präsentiert Olaf Rönner so manches Schätzchen wie das Live-Album von „The Who“ von 1970. (c) Garnet Manecke
Im Raritätenschrank des Volksvereins präsentiert Olaf Rönner so manches Schätzchen wie das Live-Album von „The Who“ von 1970.

Gerade Händler schauen sich gerne in den Kaufhäusern um. Hier können sie günstig Waren einkaufen, die sie später in den eigenen Online-Shops oder Geschäften für einen mehrfachen Preis anbieten. Auf dieses Phänomen hat der Volksverein bei seltenen Schallplatten aus Vinyl reagiert. In einem abgeschlossenen Schrank präsentiert Mitarbeiter Olaf Rönner die Raritäten. Zum Beispiel das Album „Live at Leeds“ von „The Who“ von 1970. Das erste Live-Album, das die Rock-Band herausbrachte. 45 Euro kostet die Platte, ein stolzer Preis für Volksverein-Verhältnisse. „Wir haben schon erlebt, dass hier Händler Platten für fünf Euro gekauft und dann für 60 Euro weiterverkauft haben“, sagt Merbecks. Der Volksverein kann für seine Arbeit jeden Cent gut gebrauchen. Auf diese Weise bekommen die Kunden einen fairen Preis und der Volksverein etwas mehr Geld in die Kasse.

Designer-Lampen, ein Poker-Koffer mit Chips und Karten oder ein nostalgisches Tandem gehören zu den ungewöhnlichen Sachen, die es beim Volksverein zu kaufen gibt. Aber auch jede Menge Spielzeug wie ein Puppenhaus, das von drei Seiten bespielbar ist, Geschirr im Stil der 1950er, 1960er und 1970er Jahre, Gläser, Bücher, Handtaschen oder Schmuck gibt es hier. Alles aus zweiter Hand und gut erhalten.

Aber auch wer lieber etwas Neues verschenken möchte, kann damit gleich doppelt Freude machen. Unter dem Motto „fair schenken“ bieten die Eine-Welt-Läden in Mönchengladbach und Aachen Produkte aus fairem Handel an. Kleine Produzenten in Indien, Peru, Ghana, Kolumbien, Äthiopien und anderen Ländern des globalen Südens stellen Schmuck, Taschen, Geschirr, Dekorationsartikel, Textilien, Schokoladen und andere Produkte her. Mit dem Geld, das sie damit verdienen, können sie den Lebensunterhalt ihrer Familien bezahlen und ihren Kindern den Schulbesuch ermöglichen.

Dieser Christbaumschmuck wurde in Indien gefertigt. Neben glitzernden Kugeln gibt es auch Weihnachtsbäumchen aus Jutestöcken und Dekorationsartikel aus Stroh. (c) Garnet Manecke
Dieser Christbaumschmuck wurde in Indien gefertigt. Neben glitzernden Kugeln gibt es auch Weihnachtsbäumchen aus Jutestöcken und Dekorationsartikel aus Stroh.

Für die Kunden gibt es zum Kauf noch eine Geschichte dazu: Zu jedem Produkt können die ehrenamtlichen Mitarbeitenden berichten, welches Projekt damit gefördert wird. Das gilt auch für die vielen Lebensmittel aus fairem Handel, mit denen die Eine-Welt-Laden-Teams Präsentkörbe zusammenstellen.

Neben Geschenken sind vor allem die Dekorationsartikel in den Läden beliebt. „Wenn es Zeit ist, zu schmücken, kommen die Leute“, sagt Besler. Im Caritas-Laden gibt es eine große Auswahl an Christbaum-Kugeln und Sternen.

Die hängen im Volksverein an Weihnachtsbäumen, die aus ausrangierten Europaletten gefertigt wurden. Jedes Jahr können sie wieder benutzt werden. Und schließlich wird man auch auf der Suche nach dem Wichtigsten fündig: Darstellungen der Heiligen Familie – traditionelle wie bunte aus fremden Ländern.