„Facelifting“ einer Abtei

Neustart im alten Trappistenkloster Abtei Mariawald

Abtei Mariawald, Blick auf die Klosterkirche. (c) Andreas Drouve
Abtei Mariawald, Blick auf die Klosterkirche.
Datum:
6. Juli 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 27/2022 | Andreas Drouve

„Klausur – kein Zutritt“ steht noch immer auf einem Schild im Kloster. Noch liegen Blechteller, Löffel und fein gefaltete Servietten auf den Holztischen im Refektorium. Noch hängen Kutten, Arbeitskittel und sogar ein Paar Schuhe im alten Umkleideraum. Ganz so, als würden ihre Besitzer gleich zurückkommen. 

Die Gesprächspartner von der „Kloster Mariawald GmbH & Co. KG“: Betriebsleiter Ralph Mauel (l.) und Prokurist Christoph Böhnke. (c) Andreas Drouve
Die Gesprächspartner von der „Kloster Mariawald GmbH & Co. KG“: Betriebsleiter Ralph Mauel (l.) und Prokurist Christoph Böhnke.

Doch für die Trappisten gibt es keine Rückkehr. 2018 löste sich die überalterte, bis auf wenige Mönche geschrumpfte Gemeinschaft der Abtei Mariawald auf. Geblieben sind Bilder einer erstarrten Zeit, die lebendig weitergeführte Klostergaststätte, der Klosterladen mit Fleisch- und Käseprodukten, die Likörfabrik mit der Abfüllung der traditionellen Abteitropfen – und die Hoffnung auf eine Neunutzung des Klosters, die in Zukunft durch Investorengelder konkrete Züge annehmen wird. Im Gespräch verraten Betriebsleiter Ralph Mauel und Prokurist Christoph Böhnke von der „Kloster Mariawald GmbH & Co. KG“ die anstehenden Pläne.

Facelifting ab dem Herbst oder Winter

Das große „Facelifting“ der Abtei Mariawald wird voraussichtlich „ab dem nächsten Herbst oder Winter“ einsetzen, sagt Mauel, und mit der „Modernisierung der Gastronomie“ beginnen. Geplant sind eine Vergrößerung der Terrassenanlage, ein Wintergarten und der Bau einer Bierbrauanlage, auf deren Sudkessel die Gäste blicken können. Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit ist bereits zu Jahresbeginn das Starkbier „Nemus Mariae“ auf den Markt gespült worden. Gebraut wird vorläufig in Gemünd, doch auf dem Etikett steht bereits „Klosterbrauerei Mariawald“ – und genau dort soll es künftig vor Ort entstehen. Die Umbauten der Klostergaststätte werden nicht zu einer Schließung führen. „Es wird jeden Tag Erbsensuppe geben“, stellt Prokurist Böhnke klar und die deftige Spezialität heraus, die bei Ausflüglern seit Jahrzehnten beliebt ist.

Seminar- und Gästehaus

Nach dem ambitionierten Gastro-Projekt steht im Laufe 2023 die allmähliche Umwandlung des Herzstücks der Anlage an, des eigentlichen Klosters also, das auf eine lange, wechselvolle Geschichte zurückblickt (siehe Kasten). Das Konzept sieht ein Tagungs- und Seminarhaus vor, dem ein Gästehaus mit 50 bis 70 Zimmern angeschlossen sein wird. Die bestehende Substanz gibt Mut zu Optimismus, birgt aber auch Unwägbarkeiten. „Wer weiß, was man entdeckt, wenn man ein Stück Putz von der Wand haut“, meint Betriebsleiter Mauel. Bei den Planungen steht obenan, das Kulturgut und die spirituelle Kraft des Ortes zu erhalten. „In jeder Ecke des Hauses spürt man, dass hier über lange Zeit eine Ordensgemeinschaft gelebt hat“, reflektiert Mauel und setzt hinzu: „Diese Aura muss bleiben.“

Sieht man davon ab, dass die Kirche wie gewohnt jedermann offen steht, werden künftige Seminar- und Übernachtungsgäste durch die beiden Kreuzgänge streifen, sich im historischen Kapitelsaal einfinden und in die Krypta mit ihren kalkweißen Gemäuern und Altären hinabgehen können. „Dort kann sich der Gast auch mal auf eine Bank setzen“, blickt Mauel beim Rundgang voraus.

Doch bis es soweit ist, steht das Großreinemachen an. Die zwei Weinflaschen, die die Trappisten in einer Nische der Krypta samt einer Dose Raumspray hinterlassen haben, sind das Wenigste. Komplizierter wird es bei der Gestaltung der Zimmertrakte. Die Mönche lebten spartanisch. Ein Raum mit einem Bett, einem Schrank, einem Tisch, einem Stuhl, einem Waschbecken in der Ecke – das war‘s. Bei den Umbaumaßnahmen wird es ein Spagat sein, das alte Ambiente zu erhalten und das neue der Höhe der Zeit anzupassen. Den Machern ist klar, dass die Gäste der Zukunft ebenso ein modernes Privatbad wie WLAN erwarten. Ob Fernseher in die Zimmer kommen, ist noch nicht beschlossen, aber wahrscheinlich. Ebenso klar ist, dass in einer Hochstressgesellschaft die Sehnsucht nach Entschleunigung und die Nachfrage nach kontemplativen Orten steigt. Mariawald könnte dahingehend ein neues Stück Geschichte schreiben, wenngleich nicht mehr mit Trappisten. Es könne vielleicht mehr regelmäßige Messen geben, orakelt Böhnke. Entsprechend sollen im künftigen Seminar- und Tagungshaus spirituell angeleitete Angebote zur Wahl stehen. Auch Waldbaden, Yoga und Meditation seien laut Böhnke denkbar, der weiß: „Ich kenne Leute, die sind jetzt schon heiß auf Mariawald.“

Die Geschichte von Mariawald

Auf einem Tisch des Refektoriums steht noch dieser Kessel. (c) Andreas Drouve
Auf einem Tisch des Refektoriums steht noch dieser Kessel.

Alles begann um 1470, als der Heimbacher Strohdachdecker Henrich Fluitter in Köln ein Gnadenbild erwarb und im Eifeler Höhenzug Kermeter an einer Wegkreuzung in einer Hütte zur Verehrung aufstellte. Jahre später folgten der Bau einer Kapelle und deren Schenkung an die Zisterzienser von Bottenbroich. 1486 kam es zur Gründung des Klosters Mariawald, 1511 zur Weihe der Kirche.

Schmerzlich war der Einschnitt 1795, als die französische Revolutionsregierung das Kloster aufhob. Die Mönche zogen ab, die Gebäude verfielen. Auf Betreiben des Abts einer Trappistenabtei im Elsass folgte 1861 der Neubeginn des Klosterlebens. Nach einer Aufhebung des Klosters im Kulturkampf 1875 kehrten die Mönche 1887 zurück. Unter der Nazi-Herrschaft kam es 1941 zur abermaligen Auflösung und 1945 zur neuerlichen Rückkehr der Mönche.

Nicht aufzuhalten war der Rückgang der Berufungen und das Ende des Trappistenklosters 2018. Sieht man von den geplanten Umbaumaßnahmen zum Tagungs- und Gästehaus ab, bliebe grundsätzlich Platz für eine Ordensgemeinschaft. „Wir hoffen auf eine erneute Besiedlung des Klosters durch eine stabile christliche Gemeinschaft“, heißt es auf der Homepage.