Etwas, das bleibt

Annäherung an Rita Lausberg und ihr Tryptichon in der Grabeskirche St. Josef

Rita Lausberg vor ihrem Gemälde, in dem sie im Mittelteil „Heilige der Gegenwart“ porträtiert hat. (c) Sabine Ludwig
Rita Lausberg vor ihrem Gemälde, in dem sie im Mittelteil „Heilige der Gegenwart“ porträtiert hat.
Datum:
13. Feb. 2018
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 07/2018 | Sabine Ludwig
Schon immer wollte Rita Lausberg ihrer Geburtsstadt Aachen etwas zurückgeben. Heute steht sie vor dem dreiteiligen Altarbild in der Grabeskirche St. Josef. In ihrer Heimatstadt, vor ihrem Gemälde.
In einem der Seitenteile greift die Künstlerin das Thema „Flüchtlinge“ und die Frage nach einer Herberge auf. (c) Andrea Thomas
In einem der Seitenteile greift die Künstlerin das Thema „Flüchtlinge“ und die Frage nach einer Herberge auf.

Sie deutet auf den Mittelteil, den sie den Heiligen der Gegenwart gewidmet hat. Genau den Menschen, aus vielen Ländern, vielen Bevölkerungsschichten, die Gutes tun, die die Welt ein Stück weit besser machen und machten. Gestern, heute und morgen. Bis zur Umsetzung war es ein langer Weg. So richtig begann dieser mit Pfarrer Toni Jansen, der sie fast ihr ganzes künstlerisches Leben lang begleitet hat. Er wusste auch, dass sie schon als Jugendliche Malerei studieren wollte. Als sie ihm ihre Werke aus der Studienzeit in Wien zeigt, ermöglichte ihr der Kirchenmann ihre erste Einzelausstellung in St. Peter. Einige Ausstellungen später hieß ihr Thema „Im Alter“ und zeigte achtsame Porträts alter Menschen, die die Eilendorferin in vier Seniorenheimen („Haus Augarten“ in Wien, „Am Eibenweg“ in Rahden/Westfalen, „Papst-Johannes-Stift“ und „SKM Seniorenzentrum Heilig-Geist“ in Aachen) gemalt hatte. „Mir war wichtig, einen Blick auf die Generation des Zweiten Weltkrieges zu werfen. Ich startete diese Serie mit dem Arbeitstitel ‚100 Porträts alter Menschen‘. Die Zeitzeugen wollte ich porträtieren, bevor sie sterben. Insgesamt habe ich 100 Porträts gemalt.“ Lebendig wirkten die Gezeichneten, denn „meine Protagonisten richteten ihre Blicke auf den Betrachter. Sie werfen dadurch den Blick zurück.“

Pfarrer Jansen war begeistert und vermittelte ihr den Auftrag für die Grabeskirche St. Josef. Bekannt für seine Vorstellung von „Ökumene leben“, war das auch das künstlerische Thema, das die Malerin kreativ umzusetzen versuchte. „Ich war Feuer und Flamme“, sagt die dreifache Mutter. „Besonders nachdem ich darzustellen versuchte, was Menschen Gutes in ihrem Leben tun können. Die Heiligen der Gegenwart wollte ich an einem Tisch platzieren und dem Betrachter das Gefühl geben, sich dazu setzen zu können.“ Eine besondere Tischgemeinschaft Die Umsetzung dieser Idee war nicht einfach. Es folgten viele Nachmittage in der Düsseldorfer Stadtbibliothek. Digitalen Zugang hatte sie damals Anfang 2000 nur eingeschränkt, so versuchte sie, Inspirationen zu den Personen aus Büchern und Abbildungen zu holen. Denn gemeinsam mit Toni Jansen hatte sie sich schon überlegt, wer auf ihr Bild passen könnte. Klar war beiden, dass die im vergangenen August verstorbene Lepraärztin Ruth Pfau dabei sein musste. „Ich hatte sie im Fernsehen in einer Spendengala gesehen und war begeistert von ihrem medizinischen Einsatz, den sie in Pakistan gemeinsam mit der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe meisterte. Ich hatte sie noch während der TV-Ausstrahlung fotografiert“, gibt Lausberg zu. „Damals fand ich kaum Fotos von ihr.“ In ihrem Gemälde sitzt Ruth Pfau zwischen dem Theologen Dietrich Bonhoeffer und Frère Roger Schutz, Gründer und lebenslanger Prior der ökumenischen Bruderschaft von Taizé. Und um sie herum viele andere, wie Mutter Teresa und Bischof Klaus Hemmerle.

Rita Lausberg lebt heute in Düsseldorf. Der Liebe wegen, denn Ehemann Arnfried Schmidt arbeitet in der Landeshauptstadt als Physiker. Gemalt und gezeichnet hat sie schon immer gern. Sie lacht, als sie von ihrem drei Jahre älteren Bruder erzählt, in dessen Lesebuch der ersten Klasse eine Abbildung von St. Martin auf dem Pferd war. „Mit drei Jahren fing ich an, es abzumalen, immer und immer wieder“, erinnert sie sich an ihre Kindheit im damals noch ländlichen Eilendorf. „Und später in der Schule wurde ich bewundert, weil ich Pferde so gut zeichnen konnte.“

 

Winziger Teil einer unendlichen Geschichte

Viele Jahre später, 2008, konnte sie das Gemälde in St. Josef um zwei Seitenteile ergänzen. Das war zwei Jahre, nachdem St. Josef durch den Architekten Ulrich Hahn zur Grabeskirche umgestaltet wurde. „Ich wollte Flüchtende und Obdachlose ins Zentrum stellen und die große Frage nach einer Herberge. Heute ist das Thema ja aktueller denn je.“ Ein Zeitungsfoto von Kindern im Moskauer Hauptbahnhof habe sie dabei inspiriert. Sie erzählt, dass sie schon als kleines Mädchen mit den Eltern auf Reisen war. „Italien, Österreich, die Niederlande. Wir sind immer in Museen gegangen. Dort habe ich die Alten Meister für mich entdeckt und Rembrandt sehr bewundert.“ Klar, dass sie auf dem Kaiser-Karls-Gymnasium den Leistungskurs Kunst belegte. Hier gab ihr Kunstlehrer Gerd Kipp auch den wegweisenden Tipp, sich an der Kunstakademie in Wien zu bewerben.

„Der Weg zum KKG war lang. Ich war eine Stunde unterwegs, vorbei am Dom und am Rathaus.“ Der Markt gehöre nach wie vor zu ihren Lieblingsorten, genau wie der Aachener Dom. „Im Dom spüre ich wie sonst nirgends all die Generationen von Menschen, die schon vor mir hier waren. Tausende goldene und bunte Mosaiksteinchen wecken in mir das Gefühl, selbst ein winziger Teil einer unendlichen Geschichte zu sein“, verrät sie. Dann denkt die begeisterte Sportlerin zurück an die Basketballturniere im Eilendorfer Turnverein und an den Kinderchor von St. Severin mit Chorleiter und Kantor Alfons Jansen. Sie erzählt, wie viel es ihr bedeutet hat, Mitte der 1970er Jahre im längst abgerissenen Saaltheater Geulen im Kinderchor mitzusingen. Denn da sind sie alle aufgetreten, die großen Stars, wie Ivan Rebroff, Udo Jürgens, Peter Alexander und Heintje. „Und wir! Vor unseren Eltern und Großeltern sowie 500 Zuschauern“, sagt Rita Lausberg lachend. Viele Pläne hat sie, Projekte warten darauf, umgesetzt zu werden. „Immer arbeite ich an vielen Bildern gleichzeitig. Oft entwickeln sie sich in einer Folge von Übermalungen“, erklärt sie ihre Arbeitsweise. Sie möchte noch viel mehr Ausstellungen machen, um ihre Serien lebendig zu halten und sie weiteren Menschen zugänglich zu machen und sie zu inspirieren. Und um ihrer Geburtsstadt vielleicht wieder etwas geben zu können, das bleibt, wie das Triptychon in St. Josef.