Essen und Freunde treffen

Zweimal im Monat öffnet in Krefeld-Oppum „Kallis Café“. Dabei geht es um mehr als Frühstück.

„Kallis Café“ ist in der Regel jeden zweiten und vierten Sonntag im Gemeindesaal der Kirche Zu den heiligen Schutzengeln zwischen zehn und zwölf Uhr geöffnet. (c) Dirk Jochmann
„Kallis Café“ ist in der Regel jeden zweiten und vierten Sonntag im Gemeindesaal der Kirche Zu den heiligen Schutzengeln zwischen zehn und zwölf Uhr geöffnet.
Datum:
2. Jan. 2025
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 01/2025 | Chrismie Fehrmann

Es ist zehn Uhr am Sonntag. Ein eisiger Wind streicht ums Haus. Im Gemeindesaal der Kirche Zu den heiligen Schutzengeln in Krefeld-Oppum ist es warm. Es duftet nach Kaffee und frischen Brötchen. An drei großen Tischen sitzen an diesem Morgen Menschen, denen es nicht so gut geht, die obdachlos sind, arm oder alleine.

„Team Mary“: v.l.: Sonja Schmidtmeier, Beate Schmitz und Mary Bundschuh (c) Dirk Jochmann
„Team Mary“: v.l.: Sonja Schmidtmeier, Beate Schmitz und Mary Bundschuh


Sie besuchen Kallis Café, das nach einem langjährigen Gast namens Karl-Heinz benannt wurde. Für das gute Essen stehen abwechselnd zwei Teams aus Ehrenamtlichen parat, die gucken, dass die Teller stets gut gefüllt sind.

„In der Regel hat das Café an jedem zweiten und vierten Sonntag im Monat geöffnet“, berichtet Diakon Peter Wallrath. „Zehn Frauen und Männer teilen sich die Arbeit. Finanziert wird das Frühstück alleine aus Spenden.“ Besucher und Ehrenamtliche kennen sich. Wer einen weiteren Kaffee oder Tee haben möchte, bekommt ihn. Die Frau, die ihn reicht, bekommt ein „Danke sehr, du bist ein Schatz.“

Es herrscht eine gute Atmosphäre. Mary Bundschuh möchte die Arbeit nicht missen. „Ich komme aus Meerbusch und nehme gerne den Weg auf mich, um hier zu helfen.“ Da sie Frührentnerin sei, habe sie Zeit, die sie sinnvoll nutzen möchte. „Nach einem Schlaganfall habe ich dem lieben Gott gesagt: ,Wenn ich wieder gesund werde, will ich anderen helfen.‘ Das hat geklappt.“

Sie ist mit 20 Jahren ebenso lange im Team wie Sonja Schmidtmeier. „Ich wollte mich schon immer sozial engagieren und aus Nächstenliebe helfen. Als meine Tochter in der Schutzengelpfarre zur Kommunion ging, habe ich Kallis Café kennengelernt.“ Außerdem habe sie in einer bestimmten Situation Hilfe erhalten. „Das will ich zurückgeben.“

Jeder kann Kallis Café besuchen. So auch Michael, der wohnungslos ist. Der 60-Jährige sagt: „Ich bekomme keine Leistungen vom Amt. Ich bin wegen des Essens hier. Das ist wichtig.“ Er besuche auch St. Johann Baptist, die Tafel und die Bahnhofsmission. „Mit einem vollen Magen am Morgen lebt es sich besser. Es ist auch schön, in Gemeinschaft zu essen.“ 104 Tage im Jahr lebt er draußen. Am Schlimmsten ist für ihn die Zeit im Winter abends bis 22 Uhr. „Dann öffnet die Notschlafstelle an der Feldstraße.“

Die Reste des Frühstücks dürfen die Gäste mitnehmen

Der 56-Jährige am Nebentisch besucht regelmäßig Kallis Café. „Hier kann ich essen, Freunde treffen, mich unterhalten“, erklärt er. „Zu Hause würde ich nur vor der Mattscheibe sitzen.“ Das Frühstück ist wirklich gut und gesund. Die Besucher zählen auf: „Es gibt Aufschnitt, Käse, Honig und Marmelade. Radieschen, Petersilie und Tomaten, dazu geschnittene Möhren.

Jeder bekommt zu Beginn seinen gefüllten Teller serviert und darf die Reste des Morgens mitnehmen. Kisten mit Obst stehen auch dafür bereit.

Der 68-Jährige hat eine Wohnung in der Stadt, kommt aber regelmäßig. „Ich habe Angst zu vereinsamen. Ich habe alles verloren, Frau, Kinder und Freunde. So viel Herzlichkeit und Nächstenliebe wie sie hier an den Menschen praktiziert werden, habe ich selten erlebt.“ Er sei ein sehr gläubiger Mensch, brauche aber nicht unbedingt eine Kirche dazu. „Alles auf der Welt ist für mich göttlich.“  

Begonnen hat alles mit einem  traurigen Ereignis

Diakon Peter Wallrath frühstückt im „Kallis Café“ mit den Gästen. (c) Dirk Jochmann
Diakon Peter Wallrath frühstückt im „Kallis Café“ mit den Gästen.

Begonnen hat die Geschichte von Kallis Café 1993. An einem eiskalten Winterabend Anfang November. „Da erfror ein junger Mann im Vorgarten der Oppumer Pfarrei“, berichtet Wallrath aus der Geschichte. „Besonders junge Leute waren empört, dass so etwas noch in Krefeld passieren kann.“

Es gab den Vorschlag, eine Notschlafstelle für Obdachlose einzurichten. „Die Umsetzung gestaltete sich schwierig. In den kirchlichen Räumen der Schutzengelpfarre gab es keinen Platz. Schließlich wurde damals die Bleibe der Pfadfinder in der ersten Etage des Klosters am Parkplatz Hauptstraße verlegt.“

Der Pfarrgemeinderat befürwortete dann das Projekt. Die Mitglieder des Kirchenvorstandes wollten jedoch keine Obdachlosen genehmigen. Es war schwierig.
Dann ging alles plötzlich Schlag auf Schlag. Ehrenamtliche räumten die Räume leer, doppelstöckige Betten für zwölf Leute wurden aufgestellt. Es gab eine kleine Küche und viele Spenden der Bevölkerung. Bis März 1994 existierte die Notschlafstelle. Es engagierten sich 72 Frauen und Männer.

In Zweierbesetzung sorgten sie dafür, dass in zwei Schichten von 20 bis sieben Uhr die Notschlafstelle 87 Nächte geöffnet war. Es gab Notfallmedikamente, zwei Ärzte, zwei Friseurinnen, Frauen, die die Wäsche erledigten und den Zug zwischen Krefeld und Oberhausen. „Den nutzten die Obdachlosen mit ihrem Ticket, um in diesem eisigen Winter tagsüber in einem geheizten Raum hin und her zu fahren.“

Im März mit der Betreuung aufzuhören, habe keiner übers Herz gebracht. „Es entstand die Idee, sonntags den Frühstückstisch zu decken. Zuerst kamen zehn bis zwölf Leute. Es war ein Akt der Nächstenliebe.“

Das Frühstück und die Sorge um das leibliche Wohl stehen in Kallis Café an erster Stelle. Darüber hinaus sei es wichtig, dass es auch Raum und Zeit für Gespräche über „Gott und die Welt“ oder über persönliche Sorgen und Probleme gebe.

„Unser Engagement ist schon mehrmals mit Preisen bedacht worden, so seitens der Kirche im Rahmen der Aktion ‚Lebendige Schätze im Bistum Aachen‘ (2006) und von der Stadt Krefeld in 2015 mit dem Preis der ‚Bürgerschaftlichen Selbsthilfe‘.“

Eine der Helferinnen sagt: „Die Treffen sind immer sehr harmonisch, die Freude ist auf beiden Seiten. Bei denen, die den Tisch decken und bei denen, die sich daran setzen und frühstücken.“

Kallis Café ist sonntags zwischen zehn und zwölf Uhr geöffnet und wird ausschließlich über Spenden finanziert.