Es ist Zeit, aufzustehen

In Krefeld wollen „Christians for future“ ein Zeichen für den Klimaschutz setzen

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Datum:
23. März 2022
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 12/2022 | Kathrin Albrecht

Zur Zeit prasselt viel auf uns ein: Corona, der Krieg in der Ukraine – und dann ist da noch der Klimawandel, der sich nicht nur in der Peripherie der Welt, sondern auch vor unserer Haustür immer deutlicher bemerkbar macht. 

Für Matthias Totten, Diakon in der Pfarrei Heiligste Dreifaltigkeit in Krefeld, ist es höchste Zeit, etwas zu tun und auch als Christ ein deutliches Zeichen zu setzen: „Wir als Kirche verschlafen gerade ein Megathema.“ Um das zu ändern, hat er mit vorerst vier weiteren Mitstreiterinnen und Mitstreitern die örtliche „Christians for future“-Gruppe in Krefeld gegründet. Ihr Ziel: Das Bewusstsein für den Klimaschutz in der eigenen Kirchengemeinde schärfen, konkret dazu aufrufen, etwas für den Schutz der Umwelt und der Ressourcen zu tun. Mit Mitgliedern der Aachener C4f-Gruppe steht er in Kontakt. Diese haben vor wenigen Monaten einen Forderungskatalog zum Klimaschutz im Bistum an Bischof Helmut Dieser übergeben. In Krefeld gilt es, weitere Mitglieder für die Gruppe zu gewinnen und Netzwerke zu knüpfen. Gute Gespräche habe er bereits mit der evangelischen Gemeinde gehabt, erzählt Matthias Totten.

Ein Mittel, um das Anliegen in die Gemeinde zu tragen, ist eine Klima-Andacht, die am 8. März zum ersten Mal in der Kapelle der Kirche St. Thomas Morus gefeiert wurde. Ein weiterer Baustein ist die Teilnahme am weltweiten Klimastreik von „Fridays for future“ am 25. März.

Klimaschutz ist für Matthias Totten „das Megathema des 21. Jahrhunderts“ – eigentlich sei es das schon im 20. Jahrhundert gewesen, fügt Ulrike Acker an: „Vor dem, was wir heute sehen, haben Wissenschaftler schon in den 1980er Jahren gewarnt. Aber es wurde nie auf sie gehört.“ Zu lange sei zu wenig passiert – auf allen Ebenen. Darum gelte es, die Menschen wachzurütteln. Dafür brauche es eine Gruppe, die das Thema nach außen trägt, sagt Matthias Totten. Denn: „Die Papstenzyklika ist vielen nicht bekannt.“ 
Papst Franziskus veröffentlichte die Enzyklika „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ 2015. Darin prangert er vor allem den Konsum an, der auf weltweite Ausbeutung ausgelegt ist. Was ist beispielsweise der Preis dafür, dass günstige Nahrungsmittel produziert werden? „Dafür müssen wir Aufmerksamkeit wecken“, unterstreicht Ulrike Acker. Als Christen sei uns die Erde von Gott anvertraut worden, „damit wir sie bearbeiten und verwalten, nicht zerstören“, betont Matthias Totten.

Neben dem großen Ganzen geht es jedoch vor allem darum, was jeder Einzelne vor Ort tun kann. Matthias Totten gibt ein Beispiel aus seiner Familie: „Wir haben uns vor Kurzem ein Lastenfahrrad angeschafft, versuchen, nur mit einem Auto auszukommen.“ Auch in der Kirchengemeinde ließe sich mehr machen, ist er überzeugt: „Welche Materialien verwenden wir? Achten wir auf Recycling, zum Beispiel beim Papier? Wo lassen sich CO2 und Strom einsparen?“ – „Gerade Gebäude schlucken viele Ressourcen, beispielsweise für die Heizung. Da müssen wir uns als Kirche bewegen“, ergänzt Ulrike Acker. Und:„Wir denken nur unsere Leben, wir müssen auch an das unserer Kinder denken.“

Das Thema Klimaschutz in die Breite der Gemeinde tragen 

Bevormunden wolle man jedoch niemanden, unterstreicht Matthias Totten. Vielmehr gehe es um eine andere Perspektive: Wie kann Umweltschutz aussehen, und wo fängt er bei mir an?

In der Zwischenzeit häufen sich die Wetterextreme, selbst in unserem Bistum ist der Klimawandel zu spüren: Drei trockene Sommer hintereinander, dann das Hochwasser im vergangenen Jahr. Reichen da die kleinen Bemühungen des Einzelnen noch aus? Läuft uns nicht die Zeit davon? Beides sei richtig, sagt Matthias Totten. Seit der Veröffentlichung von „Laudato si“ habe man sieben Jahre verschlafen. Und: „Obwohl wir keine Zeit mehr haben, sind wir ganz am Anfang, und da höhlt auch der kleine Tropfen den Stein.“

Kirche muss mit gutem Beispiel beim  Klimaschutz vorangehen

In Krefeld lud die frisch gegründete Christians-for-future-Gruppe zur Klima-Andacht ein. (c) Kathrin Albrecht
In Krefeld lud die frisch gegründete Christians-for-future-Gruppe zur Klima-Andacht ein.

2019 veröffentlichte auch die Deutsche Bischofskonferenz zehn Thesen zum Klimaschutz. Die Thesen richten sich sowohl nach außen an Politik und Gesellschaft als auch nach innen. Wolle Kirche glaubhaft sein, müsse sie gerade beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen, heißt es unter anderem. Aus den zehn Thesen wollen Matthias Totten und Ulrike Acker in der Klima-Andacht vortragen.

Viel könne man sich von der jungen Generation abschauen, die sich auch bei „Fridays for future“ engagiert. Gute Kontakte gäbe es zur örtlichen Gruppe. Dort sei man „richtig begeistert, dass jemand von der Kirche kommt“, sagt Matthias Totten. Auch wenn die Kirche in vielen Bereichen gerade ihre Glaubwürdigkeit verspielt habe, werde sie doch noch ernst genommen, fügt Ulrike Acker an. 
Das Thema Klimaschutz beschäftigt Matthias Totten auch in seiner Arbeit als Diakon. Drei Jahre hintereinander hat er mit Firmgruppen zum Thema Umweltschutz gearbeitet. „Diese Frage bewegt viele wirklich. Das war für mich der Anlass, das Thema in die Breite zu tragen.“

In der Klima-Andacht wollen Matthias Totten und Ulrike Acker auch Anregungen geben, was sich in puncto Klimaschutz machen lässt. Zum Beispiel Teilen. Beim Car-sharing, wo statt des eigenen Autos ein Auto ausgeliehen wird. Fahrgemeinschaften bilden wäre eine andere Möglichkeit. Auch Haushaltsgeräte lassen sich teilen.

Ein anderes Beispiel wäre, seinen Lebensstil zu verändern, beispielsweise beim Fleischkonsum. In der Tierhaltung werden klimaschädliche Gase freigesetzt. Neben CO2 ist das in der Rinderzucht vor allem Methan, das 25 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid ist. 
Und auch wenn beide an die kleinen Schritte appellieren, wird deutlich: Ohne Umdenken geht es nicht. Dafür findet Matthias Totten deutliche Worte: „Es hätte ein Ruck durch die Kirche gehen müssen, bevor es schlimmer wird.“ Die Zeit sei das Problem: „Wir haben Jahrzehnte vertan, und das macht Angst. Es ist an der Zeit, dass wir aufstehen und sagen: Es geht nicht mehr. Wir müssen anfangen, etwas zu machen – ohne radikal zu werden, aber verankert im Glauben“.

Diese Haltung soll auch beim Klimastreik zum Tragen kommen. Mit einer Fahrrad-Demonstration unter dem Motto #peoplenotprofit geht es zum Elfrather See, wo es am Rande auch wieder eine Klima-Andacht geben soll.