Edmund Erlemann war ein charismatischer Priester. In Mönchengladbach arbeitete er vor allem für die Armen, für Obdachlose, Flüchtlinge, Hartz-IV-Empfänger. Menschen, die niemand sieht, in die Mitte der Gesellschaft zu holen, war sein Anliegen. Am 4. November jährt sich Erlemanns Todestag zum fünften Mal. Ein Buch erinnert an den Pfarrer, der in der Stadt 2011 zu „Gladbachs Bestem“ gewählt wurde.
Es gibt kaum jemanden in Mönchengladbach, dem der Name Edmund Erlemann nichts sagt – wenn es auch sein kann, dass man den Namen nochmal leicht korrigieren muss. Denn in der Stadt wurde Erlemann von vielen liebevoll Eddi genannt. So stand es auch auf dem Holzkreuz an seinem Grab an der Brandts Kapelle. Hunderte Menschen gaben ihm damals das letzte Geleit, Straßen mussten für den Trauerzug zeitweise abgeriegelt werden. Sein Erbe lebt weiter: im Treff am Kapellchen, das Erlemann zusammen mit den Steyler Missionsschwestern ins Leben gerufen hat, und im Volksverein, den er zusammen mit engagierten Mitstreitern 1985 gegründet hat.
Nun gibt die Stiftung Volksverein ein Buch heraus, in dem an den Priester erinnert wird, der wie kein anderer seiner Zeit die Stadt prägte. In „Ein Kämpfer mit versöhntem Herzen. Edmund Erlemann 1935–2015“ sind veröffentlichte Texte und Predigten des Pfarrers zusammengestellt worden. Dazu gibt es viele Fotos aus seinem Leben – von der Jugend bis zu seiner Beerdigung.
Wenn man sich an einen Menschen erinnern will, dann sind seine Worte sicher ein wichtiger Baustein. Aber was die Erinnerung an einen Menschen wirklich lebendig macht, dass sind die Erinnerungen, die man mit anderen, die ihn kannten, teilt. Und so sind die persönlichen Erinnerungen der Wegbegleiter Erlemanns auch die Texte, die beim Durchsehen des Inhaltsverzeichnisses als erstes neugierig machen. 26 Frauen und Männer sprechen über Erlemann, wie sie ihn erlebt haben.
„Das Wichtigste ist, andere Menschen so, wie sie sind, zu akzeptieren: das Gegenüber als gleichwertig anerkennen“, habe er gepredigt, berichtet Sibylle Albrecht, eines seiner 30 Patenkinder. Zwischen den Patenkindern habe er eine tiefe lebenslange Freundschaft geschaffen, die sie zu Geschwistern mache. Wie bei Albrecht begegnet man auch in den anderen Interviews dem Menschenfreund, der in seinem Gegenüber stets einen Würde-Träger sah und sich mit kirchlichen Würdenträgern anlegte, wenn er es für nötig hielt. Ein Mann, der denen zur Seite stand, die keine Lobby hatten, der Brücken baute und sich für eine menschenfreundliche Kirche einsetzte, in der auch Frauen ihren gleichberechtigten Platz bekommen. Ein Mann voller Humor und Herzenswärme.
Wer glaubte, dass der Mann, der nicht Nein sagen konnte, wenn er um etwas gebeten wurde, leicht zu lenken gewesen wäre, erlebte so manche Überraschung. Er stand Menschen in Not zur Seite – auch wenn das bedeutete, sich gegen seinen Bischof zu positionieren. Das hat ihm so manchen Ärger eingebracht. Zwischen ihm und Bischof em. Heinrich Mussinghoff kam es sogar zu einem ernsten Zerwürfnis. Wenige Monate vor Erlemanns Tod versöhnten sich die beiden und fanden ihren Frieden miteinander. So sehr Erlemann Brücken zwischen Menschen baute, so kompromisslos setzte er sich für die Rechte der Armen und im Leben Benachteiligten in Kirche, Gesellschaft und Politik ein. Statements wie „Es wäre um die Kirche besser bestellt, wenn es mehr Erlemänner gäbe“ liest man hier, und den Beweis dafür tritt Erlemann selbst an.
Der erste Teil des Buches widmet sich einer Auswahl seiner Reden und veröffentlichten Texte, im zweiten Teil kommt der Priester in einigen seiner Predigten zu Wort. Viele Texte sind über 20 Jahre alt und trotzdem so aktuell, als hätte Erlemann sie erst gestern geschrieben. Ob es um die Reformbedürftigkeit der Kirche geht, um den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oder die Kritik am globalisierten Kapitalismus: Erlemann findet deutliche Worte. Dabei beschränken sich die Texte nicht darauf, Missstände anzuprangern. Seine Texte und Predigten zeugen von Lebensfreude und geben Mut im Alltag.
„Ein Kämpfer mit versöhntem Herzen. Edmund Erlemann“ von der Stiftung Volksverein (Hg.), 350 S., 28 Abb., ist ab 7. November gegen eine Spende erhältlich (zur Orientierung: Die Herstellungskosten betragen 15 Euro). Schriftliche Bestellungen können an das Edmund-Erlemann-Archiv, Kirchplatz 10, 41061 Mönchengladbach, E-Mail: eearchiv@stiftung-volksverein.de (zzgl. 2 Euro für Porto) gerichtet werden.