Entdeckerfreude

Dulst-Kunstschaffende wirken fantasievoll an Bistumsaktion mit

(c) Arne Schenk
Datum:
21. Juli 2021
Von:
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 29/2021 | Arne Schenk

„Man muss sich etwas einfallen lassen in dieser Zeit“, erzählt Petra Freining, „sonst wäre ich eingegangen.“ Eingang haben ihre Ideen dabei auch in die bistumsweite Kunstaktion „Entdecke mich“ gefunden, an der sich die Künstlerin in Kooperation mit der Dr.-Ulrich-Lange-Stiftung (Dulst) in Krefeld beteiligt. Das Thema greift bewusst das Motto der Heiligtumsfahrt Aachen auf. 

Gleichzeitig enthält es die Aufforderung „Lass dich entdecken!“ So lassen sich die 30x30x17 Zentimeter großen Würfel als Medium benutzen, um anderen einen Einblick in das Leben der Kunstwirkenden zu verleihen. Dies hat Petra Freining perfekt umgesetzt, und so begegnet der Betrachter direkt der Künstlerin, die es sich in Form eines Fotos auf einem Mini-Sofa bequem gemacht hat. Umgeben ist sie von allerlei Selbstgestricktem, denn sie möchte den Menschen nur allzu gern etwas Warmes fürs Herz wie auch für Leib und Seele mitgeben. Dies ist wortwörtlich gemeint, denn eine weitere Leidenschaft von ihr ist das Stricken von Schals in allen möglichen Farben. Ihre übrigen Leidenschaften für die SPD, den Fanclub des KFC Uerdingen und Schlagerstar Roland Kaiser demonstrieren Bilder, Miniplakate und Zeitungsausschnitte.

„Wenn sie etwas macht, dann zu 110 Prozent“, unterstreicht Sozialpädagoge Jochen Kamps. Er begleitet die Arbeiten im Dulst künstlerisch wie auch therapeutisch. „Wir nähern uns jetzt so langsam der Abschlussphase“, erzählt er. Es sei schon ein langer Prozess gewesen, allein durch die ganze Vorarbeit. „Wir haben immer zwei Gesprächsrunden gebraucht, um überhaupt mit den Bewohnern und Klienten die Themen zu entwickeln.“ Daraus entstanden Fragen wie: „Was gibt euch Kraft jetzt in der schweren Zeit?“ Durch die Erstellung eines ganzen Fragenkatalogs seien schon allein zwei bis drei Seiten an Schreibkram zusammengekommen.

„Wir machen ja hier im Haus schon seit 20 Jahren Kunst und auch jede Aktion vom Bistum mit“, unterstreicht Kamps. Die Kunstgruppe „Atelier 14“ umfasst derzeit 16 Künstler, die im Haus wohnen oder eigene Wohnungen haben, und deren Werke auch auf Einzelausstellungen zu sehen sind. Dieses Selbstverständnis strahlen die Mitwirkenden bei ihrer Präsentation aus, obwohl sich die Werke teilweise noch in ihrer Entstehungsphase befinden. Ihre Liebe zur Borussia aus Dortmund wie auch ihre Arbeit als langjähriges Mitglied der Theatergruppe Rasanti bringt Siegried Eichert in das Projekt ein und kompensiert so, dass der Theatertraum sich derzeit noch nicht einmal mit Proben erfüllen lässt.

Jakob Roses Kiste ist ganz von Rasen bedeckt, dazwischen ein paar kakteenartige Gewächse. Schließlich kümmert er sich darum, dass es der Dulster Pflanzenwelt gut geht. „Er ist Gärtner und macht sehr, sehr viel hier im Garten“, erzählt Heike Kühn, als staatlich anerkannte Erzieherin ebenfalls mit der Betreuung der Bewohner und Gäste in der Einrichtung der Dr.-Ulrich-Lange-Stiftung betraut. In der Kiste selbst hat er ein Foto von der Theatergruppe Rasanti und eine ihrer Urkunden eingeheftet. Bei der Truppe ist er schon seit zehn Jahren und hat an Festivals in Freiburg, Mannheim, Köln und Düsseldorf teilgenommen und dabei  drei Kleinkunstpreise gewonnen.


An und für sich müsste Kunst auf Rezept als Antidepressivum verschrieben werden 

Michael Kleingrothe outet sich als absoluter Musikfan, der seiner Leidenschaft derzeit hauptsächlich anhand von CDs und Schallplatten beziehungsweise Konzerten im Fernsehen nachgehen muss. Auch die zweite Leidenschaft – das Reisen – liegt momentan auf Eis. Beides erhält in seiner Kiste nun den gebührenden Platz. Auch Ramona Biela muss bei ihrem großen Hobby, dem Reiten, und allem, was damit zu tun hat, wie das Pferd streicheln, führen und füttern, derzeit zurückstecken. In ihrer Kiste steht ein Pferd auf einer bunten Wiese mit ganz vielen Blumen und Schmetterlingen, aber auch ein paar Herzen hat sie ihrer Leidenschaft verliehen. „Ramona liebt alles, was blüht oder Herzchen hat, strahlt und freut sich über alles“, bemerkt Anja Künzel, die als Pastoralreferentin Seelsorge mit Menschen mit Behinderung sich intensiv um die Förderung ihres Klientels bemüht und natürlich auch in das Bistums-Projekt stark eingebunden ist. Zwölf Kisten sind im Dulst gestaltet worden, insgesamt kommen die beiden Regionen Krefeld-Meerbusch und Kempen-Viersen auf 70 Kisten.

Um der Aktion gebührenden Raum zu verleihen, sollen diese von Allerheiligen bis Ende November in und rund um die „Wohnstätte Haus am Stegsgen“ der Lebenshilfe Kreis Viersen ausgestellt werden. Der Clou dabei: Die 70 Kisten werden mit einem Weg durch ganz Tönisvorst durch Einzelhandel, Cafeterias und Kindergärten bis zum „Mittendrin“, dem Veranstaltungsraum der Wohnstätte, verbunden. Mit Auftaktveranstaltung und Abschlussgottesdienst stellt es eine Pilgeretappe der Heiligtumsfahrt 2023 dar, wenn alle 200 Kisten, die im gesamten Bistum entstanden sind, erstmals zusammen in Aachen zu sehen sein werden. Bereits jetzt hat sich das Arbeiten für alle gelohnt. „Wir haben festgestellt, dass es sich positiv auf das Befinden unserer Bewohner auswirkt“, unterstreicht Jochen Kamps. So helfe es gegen aggressive Anfälle oder depressive Momente während Corona. „Da müsste Kunst an und für sich auf Rezept verschrieben werden.“

Die Dulst-Kunstschaffenden und ihre Kisten

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